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Grabeskaelte

Grabeskaelte

Titel: Grabeskaelte
Autoren: Maren Schwarz
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Schweizer Verlagshaus Diogenes. Letzteres stellte nicht nur die Werke ihrer Autoren in edlen Covern zur Schau, sondern präsentierte auch die Personen, die sich hinter den Namen verbargen. Gleich einem weithin sichtbaren Band sich aneinanderreihender schwarz-weiß Fotografien lächelten die mit ihren Schriftzügen versehenen Größen auf mich herab. Beeindruckt blieb ich stehen, um die Aufnahmen auf mich wirken zu lassen. Ich forschte in den mir namentlich bekannten Gesichtern nach einer Antwort auf die Frage nach dem Geheimnis ihres Erfolges. Warum hatten ausgerechnet sie den Durchbruch geschafft?
    In dem frustrierenden Bewusstsein, dass ich mich wohl nie in einer solch honorigen Galerie wieder finden würde, ging ich weiter. Durch den engen Wirrwarr stark frequentierter Korridore, vorbei an dicht belagerten Ständen führte mein Weg mich zu den kleineren Verlagen. In den folgenden Stunden bemühte ich mich darum, meine Exposés an den Mann beziehungsweise die Frau zu bringen. Manchmal gelang es mir auch mit einem der Standbetreuer ins Gespräch zu kommen. Zwischendurch nahm ich immer wieder einmal in einem der vielen Lesecafés Platz. Den jeweiligen Schreibstil kritisch mit dem meinen vergleichend, lauschte ich den Auszügen aus Werken mir meist unbekannter Autoren. Hauptsächlich jedoch suchte ich nach mir bisher fremden Verlagen die meinem Themengebiet entsprachen. Versehen mit einer Tüte voller Erfolg versprechenden Werbematerials lenkte ich nach einem Blick auf die Uhr und getrieben von meinem knurrenden Magen meine Schritte in Richtung eines der vielen kleinen Messecafés. Eine Tasse Kaffee und einen Teller mit belegten Brötchen vor mir her balancierend, suchte ich mir eine passende Sitzgelegenheit. Gezielt wählte ich einen der Tische, von denen aus man einen guten Überblick über das geschäftige Treiben ringsumher hatte. Erschöpft ließ ich mich nieder.
    Ich widerstand dem Drang, mir meine hochhackigen Pumps von den Füßen zu streifen.
    Eleganz hatte ihren Preis, das wurde mir wieder einmal schmerzhaft bewusst. Passend zu meinem extravaganten Schuhwerk hatte ich mich für ein edles Nadelstreifenkostüm entschieden. Eine cremefarbene Seidenbluse kombinierte das Ensemble. Mein langes kastanienbraunes Haar, das ich ansonsten offen oder zu einem saloppem Zopf nach hinten gebunden trug, hatte ich für den heutigen Tag zu einem kunstvollen Knoten nach oben geschlungen. Eine Schildpattspange hielt die Frisur die mich streng, gleichzeitig aber auch irgendwie vornehm erscheinen ließ, zusammen.
    Die kurze Ruhepause tat mir gut. Mittlerweile war es kurz vor zwei. Zeit, mich ins Foyer zu begeben. Die Bänke und den Fußboden in unmittelbarer Nähe des Podests auf dessen Couch es sich Petra Hammesfahr bereits bequem gemacht hatte, belagerten ihre Fans. Enttäuscht stellte ich fest, dass nirgendwo mehr ein freier Platz zu finden war. Ich suchte mir eine günstige Stelle in der Schar der dahinter Stehenden von wo aus sich mir gleichfalls ein ungehinderter Blick auf das Geschehen bot. Die Autorin war tadellos in Szene gesetzt. Jedes Wort und jede Geste schienen aufeinander abgestimmt zu sein. Sie war ein Profi der nichts dem Zufall überließ, das merkte man gleich. Mit einem Wort, sie war perfekt. In meinen Augen fast schon zu perfekt. Es erschien mir sinnlos, mich mit ihr vergleichen zu wollen. Ich war einfach ein ganz anderer Typ. Ich würde niemals so gelassen und scheinbar zwanglos vor hunderten von Augen über mich und die Arbeiten an meinem neuesten Buch plaudern können. Mich in aller Öffentlichkeit so tough zu geben, würde mir nie gelingen. Tief in mir spürte ich, dass ich das auch gar nicht wollte. Ich war schließlich ich.
    Der Beifall, den ihr das Publikum am Ende ihres Auftrittes spendete, zeigte, welch großer Beliebtheit sie sich erfreute. Auch ich war beeindruckt.
    Die letzte halbe Stunde hatte für mich den krönenden Abschluss des Messebesuches dargestellt. Mehr konnte ich nicht erwarten. Ein erlebnisreicher Tag lag hinter mir. Mein Bedarf war gedeckt. Ich entschloss mich, die Rückfahrt anzutreten. Als ich die Messehalle verließ hing noch immer jener dichte graue Nebelschleier aus dem es sachte nieselte über der Landschaft. Mit Rücksicht auf meine geschundenen Füße, die derartiges Schuhwerk nicht gewöhnt waren, entschied ich mich, die Straßenbahn zu nehmen. Kaum stand ich wenig später auf dem Bahnsteig, sah ich von weitem auch schon den Zug herannahen. Mit quietschenden Rädern kam er
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