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Grabeskaelte

Grabeskaelte

Titel: Grabeskaelte
Autoren: Maren Schwarz
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sichtbar mit ihrem Fastfood-Angebot.
    Ein Blick auf meine Armbanduhr verriet mir, dass ich mich beeilen musste, wollte ich die nächste Bahn hinaus nach Neuwiederitzsch zum Messegelände noch erreichen. Schon im Gehen begriffen zog ich meinen Fahrplan aus der Tasche, um mich zu vergewissern, auf welchem Bahnsteig der Zug abfuhr. Wie schon in den Jahren zuvor, war er auch diesmal wieder berstend voll. Nahe der Tür fand ich noch einen Stehplatz, in den zu zwängen mir gelang. Sicher, ich hätte auch auf den nächsten Zubringer warten können. Doch die Zeit schien mir einfach zu wertvoll, um sie nutzlos zu vergeuden. Glücklicherweise dauerte die Fahrt bis zur folgenden Haltestelle nur einige Minuten. Als ich ausstieg, umfing mich ein kühler, unangenehmer Wind. Ich gönnte mir einen tiefen Atemzug, um meine Lungen mit frischer Luft zu füllen. Glättend strich ich über meinen zerknitterten Mantel und schlug, weil es mich fröstelte, dessen Kragen nach oben. Aus einer geschlossen grauen Wolkendecke nieselte es sacht. Schon von weitem sah ich die gläsernen Messehallen. Dem Herdentrieb folgend, verließ ich über eine nach unten führende Treppe den Bahnsteig. Wenige Meter entfernt befand sich eine Straßenbahnstation. Ich entschloss mich jedoch, die paar Schritte zu Fuß zurückzulegen. Vorbei an Parkanlagen, die mit dem kahlen Geäst ihrer Bäume im Moment noch einen tristen Anblick boten, gelangte ich zur ersten der das Hauptgebäude flankierenden Hallen. Inmitten der hufeisenförmigen Anordnung befand sich ein von massiven Betonmauern begrenztes recht-
eckiges Wasserbassin. Eine Mulde teilte das Becken. Beidseits von Wasser umschlossen stellte sie eine weitere, optisch sehr ansprechende Fußgängerpassage dar. Bald schon tauchte als Wahrzeichen des gläsernen Eingangsportals die stählerne Rose vor mir auf. Auf dem Platz davor herrschte geschäftiges Treiben. Die Pendelbusse die hier hielten spieen beständig neue Ladungen lesehungriger Besucher aus. Zielstrebig ging ich auf die wuchtige Drehtür zu. Das hauptsächlich aus Glas und Stahl bestehende Gebäude glich mit seinem gewölbten Dach einem futuristischen Bau. Drinnen war es angenehm warm. Ich ging zur Kasse. Lautes Stimmengewirr drang mir entgegen. Nachdem ich eine Tageskarte gelöst und meine Garderobe abgegeben hatte, zog ich mein Ticket durch eine der elektronischen Schranken. Wenig später stand ich im gläsernen Foyer der Buchmesse. Beglückt schloss ich die Augen und atmete tief durch. Das war meine Welt. Hier fühlte ich mich geborgen. Es war schon seltsam, welche Faszination dem geschriebenen Wort innewohnen konnte und wie es einem gut geschriebenen Buch gelang, ein Stück heile Welt zu vermitteln und die Tristesse des Alltags gleich in einem anderen, viel freundlicheren Licht erscheinen zu lassen. Natürlich gab es auch hier, wie überall Ausnahmen: Lektüren die die Grenzen der Geschmacklosigkeit überschritten und es meines Erachtens nach nicht wert waren als Literatur bezeichnet zu werden. Aber das seinem Typ Entsprechende zu finden, lag schließlich noch immer beim Leser selbst.
    Ein paar Schritte von mir entfernt, befanden sich Hinweistafeln, denen ich die Termine aller im Foyer geplanten Autorenforen entnehmen konnte. Den passenden Rahmen für ihre Auftritte bot eine, auf einem Podest stehende Couch. Auf davor aufgestellten Bänken erhielt das interessierte Publikum die Möglichkeit seinen Favorit einmal aus nächster Nähe sehen zu können und etwas aus seinem gerade aktuellen Werk zu erfahren. Die von einem Moderator geführten und vom Fernsehen für ein Literaturmagazin aufgezeichneten Gespräche dauerten jeweils eine halbe Stunde. Ich überflog den Aushang. Petra Hammesfahr, so las ich, stellte sich um vierzehn Uhr vor. Ich notierte mir in Gedanken die Uhrzeit. Anschließend ging ich über eine der beiden, das Foyer umschließenden Treppen nach oben. Nun befand ich mich auf dem breiten Mittelgang, der die Messehallen untereinander verband. Eine, der Tagespresse entnommene Übersicht über die Verlage erleichterte mir die Orientierung. Es zog mich, wie konnte es anders sein, zu den Ständen, an denen Krimis zu finden waren. Dabei galt mein Interesse keineswegs den Großen der Branche. Denn bei denen, dass begriff ich schnell, hatte jemand wie ich nicht die geringste Chance überhaupt wahrgenommen zu werden. Unweigerlich stolperte ich im Labyrinth der Gänge über Giganten wie Heyne, Fischer oder das mit besonderer Eleganz herausstechende
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