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Grabesgrün

Grabesgrün

Titel: Grabesgrün
Autoren: Tana French
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sonniger Tag, viele Nachbarn waren in ihren Gärten, und im Laufe des Nachmittags wurden die Kinder von zahlreichen Zeugen gesehen, wie sie auf der Mauer am Ende der Straße balancierten, Fahrrad fuhren und in einem aufgehängten Autoreifen schaukelten.
    Damals wohnten noch nicht viele Familien in Knocknaree. Eine anderthalb Meter hohe Mauer trennte die Siedlung von einem ausgedehnten Waldstück. Gegen 15.00 Uhr ließen die drei Kinder ihre Fahrräder im Vorgarten der Savages zurück und sagten zu Mrs Angela Savage, die gerade Wäsche aufhängte, sie würden zum Spielen in den Wald gehen. Das war nichts Ungewöhnliches, und sie kannten sich gut in diesem Teil des Waldes aus, daher hatte Mrs Savage keine Bedenken, sie könnten sich verlaufen. Peter hatte eine Armbanduhr, und sie sagte, er solle um 18.30 Uhr zum Abendessen zu Hause sein. Dieses Gespräch wurde von ihrer Nachbarin, Mrs Mary Therese Corry, bestätigt, und mehrere Zeugen sahen, wie die Kinder über die Mauer am Ende der Straße kletterten und im Wald verschwanden.
    Als Peter Savage um 18.45 Uhr noch nicht zu Hause war, rief seine Mutter bei den Müttern der beiden anderen Kinder an, weil sie ihn bei einem von ihnen zu Hause vermutete. Keines der Kinder war zurückgekommen. Peter Savage war normalerweise zuverlässig, doch zu diesem Zeitpunkt machten sich die Eltern noch keine großen Sorgen. Sie nahmen an, die Kinder hätten einfach die Zeit vergessen. Gegen fünf vor sieben ging Mrs Savage zum Waldrand und rief nach den Kindern. Sie bekam keine Antwort.
    Wieder zu Hause, aß sie mit ihrem Mann, Mr Joseph Savage, und ihren vier kleineren Kindern zu Abend. Anschließend gingen Mr Savage und Mr John Ryan, Adam Ryans Vater, etwas tiefer in den Wald, riefen nach den Kindern und erhielten wieder keine Antwort. Gegen 20.25 Uhr, als es anfing zu dämmern, machten sich die Eltern allmählich Sorgen, die Kinder könnten sich verlaufen haben, und Miss Alicia Rowan (Germaines alleinerziehende Mutter) verständigte die Polizei.
    Die Suche im Wald begann. Zu diesem Zeitpunkt bestand eine gewisse Befürchtung, die Kinder könnten weggelaufen sein. Miss Rowan hatte beschlossen, Germaine auf ein Internat in Dublin zu schicken, wo sie die Woche über bleiben und nur an den Wochenenden nach Knocknaree kommen sollte. Sie sollte zwei Wochen später dort anfangen, und alle drei Kinder hatte die Aussicht, getrennt zu werden, furchtbar aufgebracht. Eine rasche Durchsuchung ihrer Zimmer ergab jedoch, dass offenbar weder Kleidung noch Geld noch irgendwelche anderen persönlichen Dinge fehlten. Germaines Sparschwein, das die Form einer russischen Puppe hatte, enthielt £ 5,85 und war unversehrt.
    Um 22.20 Uhr entdeckte ein Polizist mit Taschenlampe Adam Ryan mitten im Wald; er stand an einer großen Eiche, Rücken und Handflächen fest gegen den Baum gepresst. Seine Fingernägel hatten sich so tief in den Stamm gegraben, dass sie in der Rinde abgebrochen waren. Anscheinend hatte er schon eine ganze Weile dort gestanden, aber nicht auf die Rufe der Suchenden reagiert. Er wurde ins Krankenhaus gebracht. Die Hundestaffel wurde alarmiert und verfolgte die Spur der vermissten Kinder bis zu einer Stelle nicht weit von dem Baum, wo Adam Ryan gefunden worden war. Dort verloren die Hunde die Witterung.
    Als ich gefunden wurde, trug ich eine abgeschnittene Jeans, ein weißes T-Shirt, weiße Socken und weiße Turnschuhe. Die Schuhe waren blutbesudelt, an den Socken war weniger Blut. Eine Analyse der Fleckenmuster ergab, dass das Blut von innen nach außen durch die Schuhe gesickert war, bei den Socken umgekehrt von außen nach innen. Man folgerte daraus, dass das Blut in die Schuhe gelaufen war, als sie ausgezogen waren. Irgendwann später, als es schon anfing zu gerinnen, hatte ich die Schuhe wieder an, wodurch das Blut an die Socken gekommen war. Das T-Shirt wies vier parallele Risse von siebeneinhalb bis zwölf Zentimetern Länge auf, die vom linken Schulterblatt schräg nach unten über den Rücken verliefen.
    Abgesehen von kleineren Kratzern an den Waden, Holzsplittern (wie sich herausstellte, von der Eiche) unter den Fingernägeln und leicht verkrusteten Schürfwunden an den Knien war ich unverletzt. Ungeklärt blieb, ob ich mir die Knie im Wald aufgeschürft hatte oder nicht, da die fünfjährige Aideen Watkins, die auf unserer Straße gespielt hatte, aussagte, sie habe gesehen, wie ich früher am selben Tag von der Mauer gefallen und auf den Knien gelandet war.
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