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Grabesdunkel

Grabesdunkel

Titel: Grabesdunkel
Autoren: Alexandra Beverfjord
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tot, als man sie bewusstlos und stark blutend am späten Abend auf dem Eis fand. Ester hatte einen Schlittschuh als Waffe benutzt. Das Gesicht des Opfers war durch die Misshandlung völlig verunstaltet, für immer entstellt.«
    Â»O Gott.«
    Â»Ja, ein scheußlicher Fall. Ich habe gerade Flos Bericht gelesen. Zu Anfang schien er noch recht optimistisch. Hier steht, dass Ester immer wieder Kinder gemobbt hat, das fing schon in der Grundschule an. Flo war aber der Ansicht, dass sie mit der richtigen Therapie gute Chancen haben würde.«
    Â»Aber?«
    Â»Später schreibt er, dass er keinen Grund für Esters aggressive und gewalttätige Handlung finden kann. Ihr angebliches Motiv war Rache. Das Opfer hatte ihren Freund geküsst. Ester war ernsthaft der Meinung, dass ihr Angriff berechtigt gewesen sei, dass das Opfer nichts anderes verdient habe. In Flos Bericht fallen Stichworte wie aalglatt, oberflächlich, manipulativ und verlogen. Sie schien ihre Tat nicht bereut zu haben, zeigte kein Mitleid und litt offenbar an schlechter Affektkontrolle.«
    Â»Eine Psychopathin also?«
    Â»So direkt schreibt Herman Flo das nicht. Zustände wie Persönlichkeitsstörungen und Psychosen können erst diagnostiziert werden, wenn die Persönlichkeit mit etwa zwanzig Jahren voll entwickelt ist.«
    Â»Wie lange war sie in Behandlung?«
    Â»Nach einem Jahr wurde sie entlassen. Seitdem ist sie mit der Psychiatrie nicht mehr in Berührung gekommen. Aber wir haben jetzt den Beweis.«
    Â»Das heißt?«
    Â»Die Fasern, die wir an Helles Hals gefunden haben, stammen von dem blutigen Seidenschal, den du in der Wand entdeckt hast. Die einzigen DNA-Spuren daran stammen von Helle selbst und von Ester. Helle wurde von Tor Vaksdal schwer verletzt und von ihm in einem hilflosen Zustand zurückgelassen. Als Ester nach Hause kam, hat sie sich einen Seidenschal genommen und Helle erwürgt. Ein mögliches Motiv haben wir von Esters Kindheitsfreundin Hanna erfahren, als wir sie heute Morgen vernommen haben. Offenbar hat Ester unmittelbar vor dem Mord entdeckt, dass Ratomir und Helle Sex gehabt hatten.«

Kapitel 70
    An diesem Freitagabend war Katarina Hoff trotz des spektakulären Falls mit ihren Gedanken nicht bei der morgigen Ausgabe der Zeitung. Chefredakteur PÃ¥l Røed oder sie – einer von ihnen musste den Platz räumen. Sie würde auf jeden Fall um ihren kämpfen. Viele Jahre hatte sie hart dafür gearbeitet, den Posten der Nachrichtenchefin bei Nyhetsavisen zu bekommen. Freiwillig würde sie ihn nicht räumen. Jetzt galt es, ihre Allianzen zu stärken. Sie hatte vor einiger Zeit von Chefredakteur Røed den Segen für eine Umorganisation bekommen. Umorganisation bedeutete vor allem das Auswechseln der Ressortleiter. Sie würde »ihre« Leute so günstig wie möglich platzieren.
    Â»Ich will Joakim für mein Investigativteam«, hatte sie an diesem Nachmittag verkündet.
    Â»Er sollte gar nicht mehr hier arbeiten«, murmelte Røed.
    Â»Ich denke, wir alle sind uns einig, dass der Fall Hans Adler Hellvik mit neuen Augen betrachtet werden muss«, erwiderte Hoff.
    Røed drehte sich lediglich resigniert um, doch sie wusste, dass das einer Zustimmung gleichkam.
    Gleich nach dem Gespräch bat sie Joakim, bei ihr vorbeizuschauen. Wenig später stand er verschwitzt, aber gut gelaunt in der Tür.
    Â»Ich bin unglaublich stolz auf dich, Joakim.«
    Er lächelte jetzt breiter. »Das ist nicht allein mein Verdienst. Agnes hat ausgezeichnete Arbeit geleistet.«
    Â»Ja, ja«, sagte Hoff und winkte ab. »Aber jetzt rede ich von dir. Setz dich. Ich weiß, dass ihr im Stress seid, es dauert auch nicht lange.«
    Er setzte sich auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch.
    Sie blickte einen Moment aus dem Fenster. »Es kommen neue Zeiten, härtere Zeiten«, sagte sie nachdenklich.
    Joakim sah leicht desorientiert aus. Er schien keine Ahnung zu haben, worauf sie hinauswollte.
    Â»Uns stehen Kürzungen bevor. Doch wenn es uns nicht gelingt, uns auch in schlechten Zeiten zu engagieren, können wir unserem Auftrag nicht gerecht werden. Wir werden vor allem unseren Kernbereich stärken, nämlich die Journalisten.«
    Â»Ja?«
    Â»Sverre Ekker hat gerade seinen Posten als Leiter der politischen Redaktion gekündigt.«
    Â»Aha?«
    Â»Er will etwas anderes machen.«
    Â»Will er anfangen zu
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