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Grabesdunkel

Grabesdunkel

Titel: Grabesdunkel
Autoren: Alexandra Beverfjord
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ihrer braunen Lederjacke trug sie ein rotes Top und ein enges, kurzes Jeanshemd.
    Â»Hast du keine anderen Sachen?«, fragte Joakim resigniert.
    Â»Nein, aber ich habe einen Schirm.«
    Tatsächlich guckte aus ihrer Tasche ein kleiner zusammenfaltbarer Schirm. Der Fotograf Rasmus Sender drehte sich ebenfalls zu ihr um.
    Â»Ich habe noch einen zweiten Regenmantel«, sagte er. »Den kannst du haben.«
    An einem Sonntagnachmittag in Majorstua einen Parkplatz zu finden, grenzte ans Unmögliche. Das ganze Gebiet um den Tatort in der Jacob Aalls gate war abgesperrt. Rasmus parkte das Auto vor einem Lebensmittelladen halb in einer Kreuzung und warf Agnes den Schlüssel in den Schoß. »Der Regenmantel liegt im Kofferraum«, sagte er, bevor er davonlief.
    Die Kollegen von VG und Dagbladet waren bereits vor Ort. Obwohl Nyhetsavisen eine der größten Zeitungen Norwegens war, konnten sie von den Ressourcen, die den beiden Boulevardzeitungen zur Verfügung standen, nur träumen. VG und Dagbladet waren nicht zu toppen, wenn es darum ging, aus Mordfällen das Beste herauszuholen. Joakim zählte sieben Journalisten, drei Fotografen und einen Kameramann. Eine der besten Kriminalreporterinnen von VG, Helene Muus Mikalsen, führte bereits ein Interview. Das Fernsehen war glücklicherweise noch nicht aufgetaucht.
    Â»Ich kümmere mich um die Polizei, dann kannst du mit den Zeugen und den Nachbarn reden«, sagte Joakim zu Agnes, die ihn eingeholt hatte. »Das schaffst du, oder?«
    Sie nickte. Joakim drehte sich um und ging auf die beiden uniformierten Männer zu, die direkt an der Absperrung standen.
    Â»Ist das nicht unser Idealist höchstpersönlich? Joakim Lund Jarner?«, meinte der Ältere von ihnen, Rune Sandvoll, ein tonnenförmiger Mann mit einer rotbraunen Mähne. »Ich habe Ihre Artikel über Polizeigewalt gelesen. Sie sollten mal ein paar Nächte mit uns Streife fahren und sich ansehen, wie diese Ausländer sich aufführen. Was wir ausüben, ist keine Gewalt, das ist Selbstverteidigung.« Sandvoll spuckte in eine Pfütze und blickte ihn herausfordernd an.
    Joakim schwieg. Selbstverteidigung, dachte er. Wenn vier Polizisten sich auf einen siebzehnjährigen Pakistani warfen und ihm auf lebensgefährliche Weise die Halsschlagader abklemmten? Er wusste, dass es zu einem Streit kommen konnte, wenn er sich jetzt auf diese Diskussion einließ.
    Sandvoll trat einen Schritt auf Joakim zu. »Sie haben also noch Ihren Job? Ich habe gehört, dass Sie gefeuert werden sollten.«
    Joakim spürte Ärger in sich aufsteigen.
    Â»Oder hat eine Entschuldigung gereicht?«, fuhr Sandvoll fort und knuffte seinen Kollegen, einen jüngeren Typen, dem Joakim bisher noch nicht begegnet war, in die Seite.
    Mit zusammengekniffenem Mund sah Joakim in die andere Richtung. Vor einem Monat war ihm ein schwerwiegender Fehler unterlaufen. In seinem Eifer, einen der Promimillionäre Norwegens, Hans Adler Hellvik, wegen ungesetzlicher Insidergeschäfte zu entlarven, hatte er bei den Details geschludert. Das Ergebnis war, dass Nyhetsavisen sich in riesigen Lettern auf einer halben Titelseite hatte entschuldigen müssen. Eine schmerzliche Niederlage für die Zeitung. Nach dieser Blamage hatte die Geschäftsleitung entschieden, dass Joakim nicht länger Mitglied des Investigativteams sein würde, sondern wieder über das Gebiet berichten sollte, mit dem er als Journalist seinerzeit angefangen hatte: Kriminalität. Das war eine eindeutige Degradierung. Er betete im Stillen, dass Agnes bei der Berichterstattung über diesen Mordfall keinen Mist bauen würde. Sein Job hing noch immer an einem seidenen Faden.
    Â»Wer leitet die Ermittlungen vor Ort?«, erkundigte sich Joakim. Er mochte nicht noch mehr Zeit auf die beiden verschwenden.
    Sandvoll nickte in die Richtung eines der größeren Polizeiwagen. Ein kleiner grauhaariger Mann mit gebeugter Haltung stand direkt daneben. Joakim erkannte ihn sofort, er hatte ihn viele Male interviewt.
    Der Ermittler Karl Gjessing unterhielt sich mit zwei Kollegen. Joakim registrierte, dass die Kriminaltechniker Gips bei sich hatten, was darauf schließen ließ, dass man Fußabdrücke gefunden hatte.
    Als Gjessing wieder alleine war, trat Joakim zu ihm.
    Â»Haben sie die Leiche mitgenommen?«, fragte er.
    Gjessing schüttelte den Kopf. »Nein. Aber Sie sind spät dran. VG und Dagbladet sind
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