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Grabesdunkel

Grabesdunkel

Titel: Grabesdunkel
Autoren: Alexandra Beverfjord
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klappt, müssen wir die Handybilder nehmen«, sagte Joakim.
    Telle informierte sie kurz, was auf der Pressekonferenz gesagt worden war. Die Polizei hatte mit Details gegeizt. Im Grunde hatten sie nicht mehr gesagt, als dass eine junge Frau erstochen in ihrer Wohnung aufgefunden worden war.
    Â»Ich will, dass du die Informationen von Helles Freundin überprüfst, Joakim. Und du, Agnes, du schreibst das Interview ins Reine, das du mit der Freundin gemacht hast. Saubere Arbeit übrigens«, sagte Telle.
    Â»Reine Glückssache«, antwortete Agnes.
    Â»Glück haben nur die Guten«, erwiderte Telle.
    Es war schon nach elf. Draußen war es dunkel geworden. Die Onlineredaktion lag verlassen da bis auf zwei Journalisten, die Spätschicht hatten und konzentriert schrieben. Gleich sollte die Printausgabe elektronisch zum Druck geschickt werden. Dauernd schielten die Setzer und die Schlussredakteure zur Uhr.
    Joakim zog sich in eine der kleinen Gesprächskabinen zurück, die den Journalisten zur Verfügung standen, seit die meisten der Bürowände eingerissen worden waren. Nicht alle Unterhaltungen waren publikumstauglich. Er hatte gehört, dass Kristine Rosenberg heute Abend Dienst hatte. Kikki arbeitete jetzt seit zwei Jahren als Staatsanwältin. Sie war einunddreißig, drei Jahre älter als Joakim. Während ihres Jurastudiums waren sie ein Paar gewesen. Inzwischen standen sie sich nicht mehr ganz so nahe. Er wählte ihre Nummer.
    Â»Hei, Kikki, ich bin’s, Joakim«, begann er das Gespräch.
    Â»Du musst dich kurzfassen. Hier ist der Teufel los«, sagte sie. Ihre Stimme klang hektisch wie immer.
    Â»Ich brauche deine Hilfe.«
    Â»Ich kann dir nicht wirklich helfen.« Der Unmut in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
    Â»Wir müssen ein paar Informationen gegenchecken«, versuchte er es.
    Â»Ja?«
    Â»Wir machen es so, dass ich sage, was wir wissen. Wenn es stimmt, sagst du nichts, und wenn es nicht stimmt, protestierst du.«
    Â»Okay, aber mach schnell.«
    Â»In der Diele der Wohnung wurden Fußabdrücke von Herrenschuhen gefunden.«
    Schweigen.
    Â»Das Opfer lag nackt auf dem Bett.«
    Erneutes Schweigen.
    Joakim nahm Anlauf. »Das Opfer wurde vor dem Mord vergewaltigt.«
    Â»Nein, das wissen wir noch nicht«, antwortete Kikki.
    Â» Noch nicht? Okay, ein neuer Versuch: Es gibt Anzeichen, die für sexuellen Kontakt vor dem Mord sprechen.«
    Schweigen. Dann eine Warnung vom anderen Ende der Leitung: »Aber das schreibst du nicht.«

Kapitel 4
    Agnes atmete in der dunklen, kalten Mainacht tief durch. Sie war auf dem Weg zur Bar Stopp Pressen, um ein Bier zu trinken. Die Geschehnisse des Tages gingen ihr nicht aus dem Kopf. Kurz bevor sie gegangen war, hatte sie einen Blick auf den Bildschirm des Layouters geworfen. Die morgige Titelseite hatte ihr entgegengeleuchtet: ein Bild von Helle, die sie mit einem strahlenden Lächeln anlachte. Das blonde, fast weiße Haar reichte ihr bis zu den Schultern. Die Lippen glänzten rosa, die Wangen waren rot, der Pullover flauschig und hellblau. Sie blickte erwartungsvoll in die Kamera. »Nackt und tot im eigenen Bett aufgefunden«, verkündeten die schwarzen Lettern darunter und bildeten einen schmerzlichen Kontrast zu dem Foto.
    Ihre Stiefeletten erzeugten ein Echo in der Akersgate. Der Asphalt dampfte schwach, als würde der Boden nach dem heftigen Regen ausatmen. Agnes spürte das Adrenalin noch immer im Körper. Sie war erst seit drei Monaten bei Nyhetsavisen. Als ihr ein fester Job im Politikressort angeboten worden war, hatte sie die Journalistenschule geschmissen. Wahnsinn, meinten ihre Kommilitonen, da ihr nur noch ein halbes Semester bis zum Abschluss fehlte. Doch Agnes war es mehr als leid gewesen. Sie wollte arbeiten. Sie hatte sich nicht auf der Journalistenschule eingeschrieben, um später ein Zeugnis in der Hand halten zu können, sondern um in einer der großen Redaktionen einen Job zu bekommen. Und jetzt hatte sie ihr Ziel erreicht.
    Doch sie fühlte sich noch immer unsicher. Vor allem heute hatte sie das gespürt. Joakim hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass er es als Belastung empfand, sie mitzunehmen. Agnes wusste genau, wer er war. Vor zwei Jahren hatte er den begehrtesten und renommiertesten Journalistenpreis Norwegens, den SKUP-Preis, gewonnen, nachdem er zu einer spektakulären Ermittlung in einem Mordfall beigetragen hatte, was
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