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Grabesdunkel

Grabesdunkel

Titel: Grabesdunkel
Autoren: Alexandra Beverfjord
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schon eine Weile hier.«
    Â»Was wissen Sie?«
    Â»Eine junge Frau, neunzehn oder zwanzig Jahre alt. Studentin an der Handelshochschule. Uns gänzlich unbekannt. Hat sich die Wohnung mit einer Freundin geteilt. Die hat uns auch verständigt. Auf der Pressekonferenz heute Abend erfahren Sie mehr.«
    Â»Waren Sie oben?« Joakim zeigte auf das alte Gebäude. Aus einem der Fenster schien ein gleißendes Licht, und er konnte die Silhouetten der Kriminaltechniker ausmachen.
    Â»Ja.«
    Â»Was ist passiert?«
    Â»Eine verdammte Sauerei.«
    Â»Wurde sie erstochen?«, fragte Joakim.
    Â»Tut mir leid, wir haben wirklich keine Zeit mehr.«
    Gjessing drehte sich um und ging zu dem Mietshaus. Joakim blieb noch eine Weile stehen – nahe genug, um Bruchstücke der Unterhaltung der Techniker mitzuhören.
    Â»Küchenmesser … Steckt noch immer im Auge.«
    Â»Direkt ins Gehirn des Mädchens.«

Kapitel 2
    Ein Stück von der Absperrung entfernt versuchte Agnes, ein paar Passanten zu interviewen. Gleich der Erste, den sie ansprach, pflaumte sie an. Ob sie nicht wenigstens warten könnten, bis die Leiche kalt sei?
    Es regnete noch immer. Das Regenwasser floss in großen Bächen zum nächsten Gulli. Rasmus Senders Regenmantel schützte zwar ihre Lederjacke, doch an den Beinen war sie pitschnass. Agnes stellte sich in den Eingang des Lebensmittelladens, um eine Zigarette zu rauchen.
    Eine junge Frau stand schon da und suchte Schutz vor dem Platzregen. Sie war groß, schlank und trug ein langes weißes Hemdblusenkleid über einer schwarzen Hose. Ihre dunkelbraunen Haare waren zu einem modernen Bob geschnitten. Die Schminke um die Augen war teilweise verwischt.
    Â»Hast du Feuer?«, fragte Agnes.
    Die Frau schüttelte den Kopf.
    Â»Was für ein Wetter«, fuhr Agnes fort. »Du hast auch nicht die passenden Schuhe an, wie ich sehe.« Sie zeigte auf die spitzen, exklusiven Stiefeletten.
    Die andere antwortete nicht, sondern starrte nur geistesabwesend vor sich hin.
    Â»Wohnst du hier?«, fragte Agnes.
    Jetzt nickte sie.
    Â»In dem Mietshaus?«
    Erneutes Nicken.
    Â»Hast du die Tote gekannt?«
    Â»Sie war meine Mitbewohnerin«, flüsterte sie mit kaum hörbarer Stimme.
    Agnes spürte ihr Herz schneller schlagen. »Wart ihr verwandt?«
    Â»Nein, befreundet«, antwortete die junge Frau und schluckte.
    Ihr Blick war weiter auf den Eingang des Mietshauses gerichtet. Zwei Männer in weißen Overalls kamen mit einer Bahre heraus. Der Körper des ermordeten Mädchens steckte in einem blauen Leichensack.
    Â»Hör mal zu, ich arbeite als Journalistin bei Nyhetsavisen. Hast du mit der Polizei gesprochen?«, fragte Agnes.
    Jetzt drehte die junge Frau sich zu ihr um. »Ich habe zwar bei denen angerufen, aber ich habe es nicht geschafft, mit ihnen zu reden, nicht jetzt.« Sie zitterte.
    Â»Aber du wirst mit ihnen reden müssen, meinst du nicht?«
    Â»Später. Ich brauche trockene Kleidung. Ich kann nicht wieder in die Wohnung gehen. Mein Geld und meine Kreditkarten sind dort. Kannst du mich zu meinen Eltern fahren? Sie wohnen draußen in Asker.«
    Die junge Frau sah sie flehend an. Sie schien bei klarem Verstand zu sein. Agnes nickte, fischte Rasmus’ Autoschlüssel aus der Tasche und lief durch den strömenden Regen zu dem Saab, der in der Nähe geparkt war. Sie ließ die junge Frau auf dem Beifahrersitz Platz nehmen. Bevor Agnes den Schlüssel ins Zündschloss steckte, schickte sie Joakim eine SMS: »Muss mir das Auto ausleihen. Erklärung folgt.« Dann ließ sie den Motor an und fuhr auf den Kirkevei hinaus.
    Â»Kannst du die Heizung anmachen?«, fragte die junge Frau.
    Â»Sicher.«
    Agnes stellte für beide Sitze die Sitzheizung ein. Sie selbst war völlig durchgefroren. Die Sicht war schlecht und die Straße voller Wasser, sodass sie nur langsam fahren konnte.
    Â»Wie heißt du?«
    Â»Ester«, antwortete die andere.
    Â»Und die Tote?«
    Â»Sie heißt Helle. Hieß Helle. Helle Isaksen.«
    Â»Woher hast du gewusst, dass sie tot ist?«
    Ester antwortete nicht. Sie starrte aus dem Fenster zum Frognerpark hinüber. Agnes sah, wie sich ihr Brustkorb hob und senkte, ihr Atem ging immer schwerer.
    Â»Kannst du kurz anhalten?«
    Agnes bog auf einen kleinen Parkplatz am Rand des Parks ab. Ester öffnete die Autotür und atmete die feuchte Luft tief ein.
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