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Gondeln aus Glas

Gondeln aus Glas

Titel: Gondeln aus Glas
Autoren: Nicolas Remin
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seinen bandagierten Kopf zurück in die Kissen sinken. Die Schweißperlen auf seiner Stirn fühlten sich abwechselnd heiß und kalt an. «Sag ihm, dass er mir ein paar beignets dauphin mitbringen soll. Und lass diese peinliche Schnabeltasse von meinem Nachttisch verschwinden. Ich brauche sie nicht mehr.»

    Offenbar hatte Bossi, nachdem er die Einladung der Principessa erhalten hatte, in aller Eile einen Frackverleih aufgesucht. Für Tron, der sich nicht daran erinnern konnte, Bossi jemals ohne seine blaue Uniform gesehen zu haben, war dies ein ungewohnter Anblick, und ganz wohl schien sich Bossi in seinem schwarzen Gesellschaftsanzug noch nicht zu fühlen.
    Tron beobachtete amüsiert, wie der Sergente zu seinem vorschriftsmäßigen Salut ansetzte, nachdem er das Zimmer betreten hatte, sich dann aber darauf beschränkte, eine knappe Verbeugung anzudeuten – was auch nicht so ohne weiteres möglich war, denn er hielt eine silberne Schale in der Hand. Vermutlich handelte es sich um die beignets dauphin, um die Tron gebeten hatte.

    Tron lächelte, um Bossi aus seiner Verlegenheit zu helfen. «Sie sehen gut aus, Sergente.»
    Bossi wurde rot und räusperte sich. «Das hat die Fürstin auch bemerkt.»
    «Sie ist Ihnen sehr verpflichtet. Wir alle sind Ihnen sehr verpflichtet.» Tron wies auf den Stuhl neben seinem Bett. «Woher wussten Sie, wo ich war?»
    «Ich bin gestern Abend noch in der Questura gewesen, um die Fotografien von Pater Terenzio zu holen, die wir der Königin zeigen wollten.» Der Sergente schien erleichtert zu sein, dass sich das Gespräch wieder in dienstlichen Bahnen bewegte. «Da hab ich mir die anderen Fotografien noch einmal angesehen. Und bei den Bildern aus dem Palazzo Mocenigo fiel mir etwas auf.»
    Trons Hand, auf dem Weg zu einem beignet, erstarrte in der Luft. «Das Klavier?»
    Bossi hob die Augenbrauen. «Sie wissen Bescheid?»
    «Erzählen Sie weiter.»
    «Wir hatten die Öffnung an der linken Seiten wand übersehen. Groß genug für eine Kurbel.»
    «Eine Kurbel?»
    «Das Klavier ist ein Walzenklavier. Aufgezogen spielt es ein paar Minuten.» Bossi sah Tron an. «Da musste ich an das denken, was Troubetzkoy über Potocki gesagt hatte.»
    «Dass er seine Frau gehasst hat und dass sie sich von ihm trennen wollte? Und dass wir nicht auf ihn hereinfallen sollten?»

    Bossi machte ein verdrossenes Gesicht. «Aber er hatte dieses perfekte Alibi.»
    «Wir hatten das Walzenklavier übersehen.»
    Bossi nickte. «Ich fand, das sollten Sie sofort wissen. Aber Sie waren nicht da, und die Fürstin sagte, Potocki habe Sie gerade abgeholt. Sie wusste nur nicht, wohin Sie mit Potocki gefahren sind.»
    «Was haben Sie getan?»
    «Mich von Ihrem Gondoliere zum Palazzo Mocenigo bringen lassen. Ich wollte das Klavier sehen und mit Signora Kinsky sprechen.»
    «Und?»
    «Es war tatsächlich ein Walzenklavier.»
    «Ist Signora Kinsky in den Mord verwickelt?»
    Bossi zuckte die Achseln. «Das glaube ich nicht.
    Vielleicht hat sie etwas geahnt. Ich hatte auch keine Zeit, lange mit ihr zu reden. Ich wollte wissen, wo Sie und Potocki stecken.»
    «Hat sie es Ihnen sagen können?»
    Bossi schüttelte den Kopf. «Aber sie kannte eine Wohnung am Rio San Barnaba, die ihre Cousine  benutzt hatte, um sich mit Troubetzkoy zu treffen.
    Und sie wusste, dass Potocki die Adresse ebenfalls kannte. Leicht zu finden. Die rote Tür gegenüber dem Gemüseboot. Es war meine einzige Spur, und ohne den heftigen Regen und das Gewitter hätte mich Potocki wahrscheinlich auf dem Flur gehört.
    Die Tür war nicht abgeschlossen. Ich kam also ohne Schwierigkeiten in den Flur. Und da habe ich Stimmen gehört. Potockis Stimme und Ihre.»

    «Wie lange haben Sie auf dem Flur gewartet?»
    «Höchstens eine halbe Minute. Durch das Schlüsselloch war der Tizian auf dem Tisch zu erkennen und daneben Potocki, der mit seinem Revolver auf Sie zielte. Er hat geredet, aber der Regen war so laut, dass ich nichts verstehen konnte. Ich dachte, wenn ich Sie in das Zimmer hineinschiebe und zugleich auf Potocki feuere, müsste es funktionieren.»
    «Von hineinschieben konnte ja wohl nicht die  Rede sein.» Tron wies auf seinen Kopfverband.
    «Es musste schnell gehen, Commissario.» Bossi seufzte. «Als ich Sie vor dem Tisch liegen sah, dachte ich zuerst, Sie wären tot.»
    «Das war ja auch Potockis Plan.»
    Bossi runzelte die Stirn. «Was war sein Plan?»
    «Mir den Tizian zu zeigen, den Troubetzkoy angeblich dort versteckt hatte», sagte Tron. «Mich von
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