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Gold in den roten Bergen

Gold in den roten Bergen

Titel: Gold in den roten Bergen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fühlte sich wie aus glattem Plastik an. Merkwürdigerweise war es nicht heiß. Chick schien jetzt zu begreifen, warum Wolf keinen Ton sagte.
    »Scheiße, was?« fragte er.
    »Ganz große Scheiße, Chick!«
    »Ich schaff' es nicht … Sag es ehrlich.«
    »Ich weiß es nicht, Chick.«
    »Wo ist Cher?«
    »Draußen bei Sally.«
    »Versprich mir, daß du dich um Cher kümmerst, wenn ich nicht mehr bin.«
    »Was soll der Blödsinn, Chick?«
    »Du mußt sie wie deine Schwester ansehen, hörst du? Und wenn sie sich wieder an einen Mann hängt, sieh ihn dir genau an. Ist er nichts für sie, dann prügele ihn aus dem Haus.«
    »Chick, halt den Mund!« Auch Wolfs Stimme hatte allen Klang verloren. Das glasige Bein, die glasigen Augen … Sein Herz krampfte sich zusammen. »Du brauchst nicht dein Testament zu diktieren. Dein Körper reagiert jetzt, er kämpft, er hat die Abwehrkräfte mobilisiert, er geht das Gift an. Das dauert seine Zeit. In einem Tag kann alles ganz anders aussehen.«
    Dabei hätte Wolf vor lauter Hilflosigkeit heulen können. Chick, wer weiß, was morgen ist? Du warst ein Freund, wie es keinen zweiten gibt.
    Mit Schrecken stellte er fest, daß er bereits in der Vergangenheit dachte.
    »Ich komme gleich wieder, Chick«, sagte er und kroch aus dem Zelt.
    Cher und Boabo standen allein am Lagerfeuer, das Boabo wieder entfacht hatte. Schweigend sahen sie Wolf an.
    »Wo ist Sally?« fragte er.
    »Wieder im Bus.« Chers Stimme erstickte in Tränen. »Sie hat Fieber. Hohes Fieber …«
    Wolf warf sich herum und rannte zum Bus. Sally lag lang ausgestreckt auf ihrer Decke, atmete laut und stoßweise und rührte sich nicht, als sie Wolf einsteigen hörte. Im Schein der Propangaslampe, die an einem Haken von der Decke hing, waren auch ihre Augen glasig und geweitet.
    Wolf beugte sich über sie und tastete sie ab. Sie glühte. Aber sie schwitzte nicht, ihre Haut war wie ausgetrocknet.
    »Ist das Fieber ganz plötzlich gekommen?« fragte er.
    »Nein, schon gestern, aber nicht so hoch … Und ich war auch nicht so schlapp …«
    »Sally! Warum hast du nichts gesagt?«
    »Ich wollte euch nicht behindern. Wir haben schon so viel Zeit verloren. Wir müssen doch weiter …«
    Es war eine blitzartige Eingebung, die Wolf durchzuckte und ihn für einen Augenblick lähmte. Aber dann riß er Sally mit einem Ruck die Trainingshose herunter und starrte auf ihre Beine und den Leib. Die Flecken auf ihrer Haut hatten sich vermehrt … Rote und blauschwarz werdende Flecken waren bereits bis zu den Brüsten hinaufgewandert.
    Wolf deckte Sally wieder zu und verließ den Bus. Draußen stand nur noch Boabo allein beim Feuer. Cher saß im Zelt neben Chick und hielt hilflos seine Hand.
    »Ist Mrs. Sally auch krank?« fragte Boabo. »Chick wird sterben, Mr. Wolf.«
    »Und Sally auch …« Wolfs Stimme brach. Wie in einem Würgeeisen wurde seine Kehle abgeschnürt.
    »Das … das kann doch nicht sein …«, stammelte Boabo. »So plötzlich …«
    »Keiner von uns, auch sie selbst nicht, hat es erkannt: Sie hat die gleiche unbekannte Krankheit wie Angurugu. Sie ist angesteckt worden. Es … es gibt keine Rettung mehr, Boabo …«
    »Wir müssen sofort umkehren nach Yulara …«
    »Das sind mindestens vier Tage!«
    »Ja.«
    »Zu spät, Boabo! Wir werden nach Yulara kommen, um sie zu begraben. Diese verdammte Goldsuche war von Beginn an verflucht. Hätten wir doch nie dieses Känguruhleder gesehen! Boabo, wir sind hier an einer der einsamsten Stellen des Petermann, hier kann uns keiner mehr helfen.« Wolf ballte die Fäuste. »Aber bevor ich Chick und Sally sterben lasse, pumpe ich sie mit Antibiotika voll bis zum Hals. Ich werde ihnen Herzmittel spritzen, bis ihre Herzen tanzen! Verdammt, verdammt … Irgend etwas muß doch helfen! Wir können doch nicht tatenlos herumstehen.«
    Er drehte sich um und merkte, daß er weinte.
    Boabo starrte ins Feuer.
    »Wir haben Signal- und Notraketen …«, sagte er.
    »Wer soll die hier sehen?«
    »Vielleicht ziehen Aboriginal-Familien durch die Wüste? Vielleicht sehen sie die Raketen und kommen. Wie sagt der Pfarrer in der Kirche: Glaube versetzt Berge. Wir müssen glauben, Mr. Wolf …«
    »Und wie sollen die uns helfen?«
    »Die Aboriginals kennen Mittel gegen Schlangengift … Ich kenne sie nicht; ich bin kein Aboriginal mehr …«
    Das klang bitter und traurig. Wolf warf einen langen Blick auf Boabo und verstand ihn.
    In dieser Nacht schoß Boabo zehn rote Leuchtkugeln in den schwarzen Himmel. Über
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