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Gold in den roten Bergen

Gold in den roten Bergen

Titel: Gold in den roten Bergen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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genug … jetzt wird geschwommen und neue Kraft getankt.«
    »Und ich hole euch ein Känguruh.« Boabo schwang seinen Bumerang durch die Luft. »Das beste Fleisch, das es gibt …«
    »Darüber kann man streiten.« Chick verzog den Mund. »Aber es ist etwas Wahres dran … Es schmeckt wie zartes Kalbfleisch.«
    Wolf ging zu Sally hinüber, die am Bus lehnte und einen kleinen Keilschwanzadler beobachtete, der sich vorsichtig auf einem Büschel des Australhafers im Uferwasser niederließ.
    »Wie fühlst du dich?« fragte Wolf.
    »Vorzüglich, Schatz.« Sallys Augen hatten einen fast unnatürlichen Glanz, auch ihre Stimme war etwas rauh, aber Wolf achtete nicht darauf. Nachdem Cher sie beim Fahren abgelöst hatte, hatte Sally, auf dem Schlafsack sitzend, unbemerkt Fieber gemessen. Das Thermometer war auf 38 Grad geklettert … Sie schwieg darüber, schüttelte das Quecksilber wieder herunter und balancierte durch den Bus zum Beifahrersitz.
    Das war vor vier Stunden gewesen. Jetzt mußte das Fieber höher sein, aber Sally kontrollierte es nicht mehr. Sie war zu feige dazu … das gab sie vor sich selbst zu. Sie würde gleich im Wasser planschen, das konnte das Fieber herunterdrücken. Wo kommt es nur her? dachte Sally. Wogegen wehrt sich der Körper?
    Chick winkte mit beiden Armen, und Wolf half ihm, das Zelt aus dem Wagen zu tragen und aufzustellen. Kaum stand es, kam Boabo mißmutig zurück. Er hatte kein Känguruh getroffen, und sein Bumerang war auch nicht zurückgekehrt. Er war, statt in einem eleganten Bogen wieder in seine Hand, weiter geradeaus geflogen und dann in einem Gewirr von Mulgabüschen, kleinen Wüstenpappeln und Blutholzbäumen verschwunden. Es war sinnlos, dort zu suchen. Mehr aber als der Verlust des Bumerangs traf es Boabo, daß er kein Känguruh getroffen hatte. Er war kein richtiger Aboriginal mehr … Das lastete auf seiner Seele und drückte ihn nieder.
    Schweigend holte er die Küchenkisten aus dem Bus, den Klapptisch und die Klappstühle, stellte sie auf und breitete eine Decke darüber. Aus dem Toyota sprang Chick mit einem Schrei, der wie ein verunglückter Jodler klang. Er war nackt, hüpfte über Sand und Grasbüschel und rannte der Bucht entgegen. Das Wasser leuchtete in der Abendsonne wie mit Gold gefärbt.
    »Mir nach!« schrie er. »Werft die Klamotten weg … Wir sind doch unter uns Pastorentöchtern. Vom Staube befreit sind Poren und Muskeln …«
    Wolf zog gerade seine Hose aus, als aus dem Ufergebüsch ein brüllender Schrei ertönte. Cher, die den Tisch deckte, ließ die Teller fallen und starrte entsetzt und wie gelähmt zum See.
    »Hilfe!« schrie Chick plötzlich. »Hilfe!«
    Daß Chick um Hilfe schrie, war so ungewöhnlich, so undenkbar, daß Wolf mit einem Satz beim Wagen war, das Gewehr aus der Halterung der Rückenlehne riß und dann mit langen Sätzen zum See stürzte.
    Chick kam ihm entgegen, hinkend, die Hände auf seinen linken Schenkel gepreßt. In seinen Augen stand Todesangst … Zum ersten Mal sah Wolf bei ihm diesen Ausdruck.
    »Eine Mulga!« schrie Chick. »Eine Mulga lag am Ufer, ich bin draufgetreten … Sie hat sofort zugebissen. Sally, das Serum … das Serum … schnell …«
    Der Biß einer Mulgaschlange ist immer problematisch, auch wenn man Serum dabeihat. Ihr Gift ist heimtückisch und schleichend – und tödlich.
    Chick humpelte heran, während Sally und Cher zum Bus rannten, um den Medizinkoffer zu holen. Augenblicke der Ratlosigkeit waren das, nur Boabo handelte mit dem Instinkt des Urmenschen. Wortlos sprang er Chick an, stürzte ihn damit zu Boden, warf sich dann über ihn und begann, die Bißwunde auszusaugen. Jetzt zeigte sich auch, wie nützlich es war, daß er immer ein Messer im Gürtel trug. Er riß es heraus, schnitt in den Schlangenbiß hinein und ließ das Blut fließen. Chick brüllte wie ein Tier, wollte um sich schlagen, aber Wolf saß inzwischen auf seiner Brust und hielt seine Arme fest auf den Boden gepreßt. »Wir kriegen das hin, Chick!« schrie er dem Tobenden ins Gesicht. »Verdammt, lieg still.«
    Chick schien nicht zu hören. Mit den Beinen trat er um sich, wollte mit dem Kopf nach Wolf stoßen, seine ganze Kraft war entfesselt, um den Freund von sich abzuschütteln.
    »Tut mir leid, Chick!« keuchte Wolf über ihm. »Aber es muß sein. Das wirst du später einsehen.«
    Er zog den rechten Arm zurück, und bevor Chick reagieren konnte, traf ihn blitzschnell Wolfs Faust am Kinn. Es war ein trockener, aus der Schulter heraus
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