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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod
Autoren: Jonathan Kellerman
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Sammlerstücke zu schätzen. Ich glaube, ich besorge mir einen Computer und biete ihn im Internet an.«
    »Hat Ihr Sohn jemanden erwähnt, der Ms. Doss begleitet hat?«
    »Ja, da hat jemand draußen im Wagen gewartet. Hinter dem Steuer. Burnett hat nicht hingesehen, um herauszufinden, wer es war. Wenn wir zu genau hinsehen, verlieren wir unsere Kunden, stimmt’s?«
    »Stimmt«, sagte ich. »War sonst jemand hier, der es gesehen haben könnte?«
    »Vielleicht Maribel, das Zimmermädchen. Die, die sie gefunden hat. Sie ist um elf Uhr abends gekommen und hat bis sieben Uhr gearbeitet. Hat darum gebeten, nachts arbeiten zu dürfen, weil sie tagsüber im Best Western in Palmdale einen Job hatte. Aber ihr Burschen habt schon mit ihr gesprochen. Sie hat euch wohl nicht viel erzählt, wie?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ja, sie war ein bisschen …«
    »Ihr war übel, das war es«, sagte er. »Schwanger, kurz vor der Entbindung. Sie hatte schon eine Fehlgeburt. Als sie die … als sie fand, was sie fand, konnte sie nicht aufhören zu weinen, und ich dachte schon, wir würden gleich hier auf dem Parkplatz eine dieser Reality-Show-Situationen erleben - haben Sie je ein Baby zur Welt gebracht?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ist alles gut gegangen mit dem Baby?«
    »Ja, ein Junge.«
    »Ist er gesund?«
    »Scheint so.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wo ich sie finden kann?«
    Er zeigte mit dem Daumen hinter sich. »Draußen, Zimmer Sechs, inzwischen arbeitet sie tagsüber. Jemand hat letzte Nacht in Sechs eine Party gefeiert. Langhaarige Typen mit Nummernschildern aus Nevada, haben bar bezahlt. Ich hätte es besser wissen müssen und solchen Schweinen kein Zimmer geben dürfen. Maribel wird damit noch eine ganze Weile beschäftigt sein.«
    Ich dankte ihm und ging zur Tür.
    »Ich habe noch ein kleines Geheimnis«, sagte er.
    Ich blieb stehen und wandte mich um.
    Er zwinkerte. »Ich hab auch den Monroe-Playboy. Ich lege ihn nicht in die Vitrine, weil er zu wertvoll ist. Ich mache Ihnen einen Komplettpreis. Sagen Sie es allen Ihren Freunden.«
    »Mach ich.«
    »Ganz bestimmt.«
     
    Maribel war jung, klein. In ihrer pinkfarbenen und weißen Kluft, die angesichts des mit Löchern übersäten Parkplatzes und der gesplitterten Türen unverhältnismäßig adrett wirkte, sah sie sehr zerbrechlich aus. Ihre Handschuhe reichten bis zu ihren Ellbogen. Ihre Haare waren zurückgebunden, aber einzelne lose Strähnen klebten an ihrer Stirn. Ein Karren auf Rädern vor Zimmer Sechs war voll gestopft mit Reinigungsmitteln und ausgefransten Handtüchern. Der Abfallbeutel an der Seite quoll über vor verdreckten Laken, leeren Flaschen und Gestank. Sie schenkte dem Abzeichen etwas mehr Aufmerksamkeit als ihr Boss.
    »L. A.?«, fragte sie mit dem Hauch eines Akzents. »Warum kommen Sie hier raus?«
    »Die Frau, die sich umgebracht hat. Joanne Doss -«
    Ihr Gesicht wurde verschlossen. »Nein, vergessen Sie’s, darüber will ich nicht reden.«
    »Kann ich Ihnen nicht verdenken«, sagte ich. »Und ich bin nicht daran interessiert, dass Sie das noch mal durchmachen müssen.«
    Sie stemmte ihre behandschuhten Hände in die Hüfte. »Was dann?«
    »Ich würde gerne alles wissen, an das Sie sich davor erinnern. Ist Ms. Doss, nachdem sie in das Zimmer gegangen war, noch mal herausgekommen? Hat sie etwas zu essen oder zu trinken bestellt oder sonst irgendwas getan, das Ihnen aufgefallen ist?«
    »Nein, nichts. Sie sind reingegangen, nachdem ich hierher gekommen war - um Mitternacht. Das hab ich denen schon gesagt. Ich hab die nicht gesehen, bis … Sie wissen schon.«
    »Die«, sagte ich. »Zwei Leute.«
    »Ja.«
    »Wie lange ist die andere Person geblieben?«
    »Keine Ahnung«, sagte sie. »Vermutlich eine ganze Weile. Ich war die meiste Zeit vorn im Büro, weil Barnett - Miltons Sohn - ausgehen und seinem Dad nichts davon sagen wollte.«
    »Aber der Wagen war am Morgen nicht mehr da.«
    »Nein.«
    »Wer war die andere Person?«
    »Ich konnte sie nicht richtig sehen.«
    »Erzählen Sie mir bitte, was Sie gesehen haben.«
    »Nicht viel, das Gesicht hab ich nie gesehen.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Es war ekelhaft - es ist nicht fair, dass die ganze Geschichte noch mal -«
    »Tut mir Leid, Maribel. Sagen Sie mir nur, was Sie gesehen habe, dann sind wir sofort fertig.«
    »Ich will niemanden in Schwierigkeiten bringen - ich will nicht ins Fernsehen oder so was.«
    »Das werden Sie auch nicht.«
    Sie zog am Finger eines Handschuhs.
    Sie schwieg.
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