Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gnadenthal

Gnadenthal

Titel: Gnadenthal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
Vom Netzwerk:
Frühstück angesetzt. In Gottes Namen. Aber spätestens um zwölf wollte er los, in der Dreierrunde gab’s sowieso nichts mehr zu besprechen. Notfalls konnte er den Zug nehmen, wenn Dagmar noch nicht fahren wollte.

Drei
    «Ich bin dann weg», rief Maria aus dem Flur.
    «Warte mal», antwortete Hansjörg Möller, speicherte seinen Text ab und ging zur Tür. «Gibt’s denn heute kein Mittagessen?»
    Maria kontrollierte ihre Frisur im Garderobenspiegel.
    «Anscheinend nicht», sagte sie und bauschte das Haar an den Seiten ein wenig auf. «Es sei denn, du kriegst deinen Hintern hoch und stellst dich selbst an den Herd.»
    «Ich habe zu arbeiten», knurrte er.
    «Ich auch, stell dir vor! Wenn ich die neue Lieferung nicht einräume, geht es morgen im Laden drunter und drüber, aber das interessiert dich ja nicht.»
    Möller schüttelte unwirsch den Kopf und stapfte dann wortlos ins Arbeitszimmer zurück.
    Wodurch war er denn jetzt schon wieder in Ungnade gefallen? Hatte er es ihr nicht gut genug besorgt letzte Nacht?
    Die Haustür fiel krachend ins Schloss, er schnaubte. Fast drei Monate lang hatte sie ihn Männchen machen lassen, bis er mal wieder randurfte. Und dann stellte sie auch noch Ansprüche. Er war über fünfzig, mein Gott!
    Wenn sie es sich abends in einem ihrer Spitzenmieder vor dem Fernseher bequem machte, wusste er, dass er brav gewesen war und sich seine Belohnung abholen durfte. Belohnung? Auch diese Seidenfetzen konnten nicht vertuschen, wie sehr sie aus dem Leim gegangen war.
    Er holte seinen Schlüsselbund aus der Hosentasche, schloss die Schreibtischlade auf und kramte Zigaretten und Streichhölzer hervor. Dann schnappte er sich sein Handy und ging auf den Balkon hinaus.
    ‹Eingespeicherte Nummern … Seidl, Frieder›, er drückte die Anwahltaste. Während er wartete, zündete er sich eine Zigarette an. Mist, wieder nur die Mailbox! Dabei musste er ihn dringend sprechen. Frieder war der Einzige, dem er vertrauen konnte. Martin und Kai schrieben sich selbst die besten Rollen auf den Leib. Und Dagmar? Die war ihm ganz schön schnippisch gekommen am Telefon. Und vor den dreien würde er sich bestimmt nicht nackt ausziehen. Der Mund wurde ihm trocken, als er an die Sketche dachte, die er geschrieben hatte. Es war ihm seit langem klar gewesen, dass er das Zeug dazu hatte, und sie waren ihm auf Anhieb gelungen. Der über die Fußball-EM war ein echter Brüller, das Publikum würde toben. Und dieses Mal würden sie ein paar Millionen Zuschauer erreichen. Er sah den Abspann der Sendung schon vor sich: ‹Griechischer Wein – Autor: Hansjörg Möller›. Er wollte, dass Frieder einen Blick auf die Texte warf, bevor er sie den anderen präsentierte, und ihm vielleicht noch den einen oder anderen Tipp gab. Frieder hatte ein Händchen für Komik, der knallte die Pointen nur so raus. Anders als Martin, bei dessen Sachen man schwermütig werden konnte, immer dieses Negative, Scheißintellektuelle. So etwas wollte doch heutzutage kein Mensch mehr hören. Das Leben machte einem auch so schon genug zu schaffen. Von morgens bis abends musste man sich behaupten, immer die Konkurrenz im Nacken. Man strampelte sich ab und kam doch nirgendwo an, ein Hamster in seinem Rad. Da war die Arbeit mit der ‹13› schon etwas anderes, die forderte ihn geistig heraus, gab ihm die Möglichkeit, seine wahren Talente ins Spiel zu bringen.
    Er rieb sich die Arme, es war viel zu kühl für Mitte September. Fröstelnd schnippte er den Zigarettenstummel über das Balkongitter, ging ins Zimmer zurück und setzte sich wieder an den Computer. Er schloss die Datei – am neuen Prospekt konnte er weiterarbeiten, wenn Maria zurück war – und loggte sich ins Netz ein. Jeder Mensch brauchte hin und wieder ein bisschen Entspannung.
    Es waren noch keine zehn Minuten vergangen, da hörte er, wie die Haustür aufgeschlossen wurde, und klinkte sich in fliegender Hast wieder aus.
    «Im Laden ist die Heizung ausgefallen», rief Maria. «Ich habe den Sonntagsdienst angerufen, aber der kommt frühestens um fünf.»
    Sie steckte den Kopf ins Zimmer. «Aha!» Es dauerte keine zwei Sekunden, da troff ihre Stimme vor Häme. «Wieder heimlich versaute Bilder von kleinen Pipimädchen geguckt?» Dann schnupperte sie. «Hast du etwa hier drin geraucht?»
    Er schloss die Augen und holte tief Luft, dann drehte er sich um. «Wenn du dich selbst hören könntest! Der Nabel der Welt, das Maß aller Dinge!» Dann verzog er verächtlich den Mund. «So eine

Weitere Kostenlose Bücher