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Glut und Asche

Glut und Asche

Titel: Glut und Asche
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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genug. Loki kämpfte immer noch verzweifelt röchelnd um Atem, und sein Körper wand sich wie in Krämpfen, aber er schlug trotzdem und mit solcher G e walt zu, dass Andrej zurücktorkelte und um ein Haar schon wieder gestürzt wäre.
    Als er sein Gleichgewicht zurückerlangt hatte, war auch Loki bereits wieder auf den Beinen. Sein Gesicht war rot angelaufen, und Andrej war ziemlich sicher, dass er immer noch keine Luft bekam, aber er stand keinem normalen Gegner gegenüber, nicht einmal einem Menschen, sondern einem Ungeheuer, das sich nur hinter der Verkleidung eines Menschen verbarg. Loki schlug seinen Schwertarm zur Seite, versetzte ihm einen Stoß vor die Brust und trieb ihn mit einem wahren Hagel von Schl ä gen und Tritten vor sich her.
    Sein siebter oder achter Schlag traf ihn mit solcher Härte, dass ihm die Luft wegblieb. Kraftlos sank er auf die Knie, sah Lokis gespannte Hand zum entscheidenden Hieb ausholen und dann, wie der Unsterbliche plötzlich zurückgerissen wurde und ein überraschtes Keuchen ausstieß. Meruhe stand hinter ihm. M e tall blitzte in ihrer Hand, und plötzlich veränderte sich etwas im Tonfall der erst ungläubigen, verwirrten Laute, die sich Lokis Kehle entrangen. Schmerz mischte sich in seine Stimme, ein Ausdruck von Qual, ungläubigem Entsetzen und ... noch etwas, das Andrej bis auf den Grund seiner Seele erschütterte. Er krümmte sich, als wäre Lokis Qual zugleich auch die seine. Blutige Schleier erschienen vor seinen Augen, und sein Mund schmeckte plötzlich nach Kupfer. Etwas griff nach seinem Herz und drückte es gnadenlos zusammen, und eine zweite, unsich t bare Hand griff in ihn hinein, wühlte und grub nach seinem Leben und begann es aus ihm herauszureißen, so schnell und gnadenlos wie ein Wirbelsturm, der eine Kerzenflamme e r stickt.
    Andrejs Schwert war schneller.
    Gunjir verwandelte sich in einen bronzefarbenen Blitz, b e rührte zum zweiten Mal binnen eines Jahrhunderts das Herz eines Gottes und durchbohrte es, und dieses Mal ließ Andrej ihm keine Chance. Loki röchelte seinen letzten Atemzug und sank auf die Knie. Andrej riss das Schwert aus seiner Brust, u m schloss Gunjirs Griff mit beiden Händen und enthauptete ihn mit einem Hieb, in den er all seine gewaltige Körperkraft legte. Lokis Haupt verschwand wie die grausige Parodie eines Stof f balls in den Flammen des brennenden Hauses, während sein kopfloser To r so noch einen einzelnen, grotesken Schritt machte und dann wie vom Blitz getroffen zusammenbrach. Gunjir stieß einen gellenden Triumphschrei tief in seiner Seele aus und wollte nach der entweichenden Lebenskraft des Unsterblichen greifen, um sie zu verzehren und seiner eigenen hinzuzufügen, und alles in Andrej, jede Faser seines Körpers, jeder Funke, aus dem seine Seele zusammengesetzt war, schrie danach, es zu tun, die erlöschende Lebenskraft des gefallenen Gottes zu ne h men und zu seiner eigenen zu machen.
    Aber er tat es nicht.
    Stattdessen ließ er das Schwert sinken, wartete, bis sich der Tornado aus Furcht und Gier und unwiderstehlichem Hunger hinter seiner Stirn legte und drehte sich dann schwer atmend zu Meruhe um. Sie stand noch immer an derselben Stelle, reglos und in sonderbar verkrampfter, leicht nach vorne gebeugter Haltung. Ein Dolch mit blutiger Klinge schimmerte in ihren Händen.
    »Vielen Dank«, sagte Andrej schwer atmend. »Wenn du mir nicht geholfen hättest, dann wäre ich jetzt tot.« Dann fiel ihm etwas ein. »Aber ich dachte, ihr könnt anderen eurer Art nichts antun?«
    »Das können wir auch nicht«, antwortete Meruhe. Ihre Stimme war leise, zitternd und kraftlos wie die einer uralten Frau. Ihre Finger öffneten sich und ließen den Dolch fallen.
    »Wie meinst du das?«, fragte Andrej verwirrt. Hinter ihm e r klang ein schmerzerfülltes Keuchen, dann das charakteristische Klirren von Stahl, der auf Stahl prallte, und das Geräusch schwerer Schritte, die sich hastig entfernten. Andere Schritte folgten ihnen und brachen gleich darauf wieder ab, doch Andrej achtete auf nichts von alledem, sondern starrte Meruhe nur weiter an.
    Sie begann zu zittern. Ihr Gesicht, obwohl so schwarz wie das dunkelste Ebenholz, verlor so rasch an Farbe, dass er dabei zusehen konnte, und sie versuchte unsicher torkelnd einen Schritt, doch selbst dafür reichte ihre Kraft nicht mehr. Andrej fing sie auf, als sie zusammenbrach.
    »Meruhe!«, rief er erschrocken. »Was ist mit dir? Was hast du?«
    Sie versuchte zu antworten, aber alles, was über ihre
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