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Glut und Asche

Glut und Asche

Titel: Glut und Asche
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gilt, fürc h te ich«, fuhr er fort. »In gewissem Sinne bedauere ich das ebenfalls, das musst du mir glauben, Andrej Del a ny. Wir b e kämpfen einander nun schon so lange, dass du mir vertraut wie ein Br u der geworden bist. Ich tue das nicht gerne, glaub mir.«
    Der Druck auf Andrejs Kehle ließ immer noch nicht nach. Die Atemnot wurde quälend, dann unerträglich.
    Andrej mobilisierte noch einmal alle Kräfte, um sich aus Lokis Umklammerung zu befreien, und griff ihn zugleich noch einmal auf geistiger Ebene an, doch das eine war so sinnlos wie das andere. Loki war ihm auf jeder Ebene hoffnungslos überl e gen, und seine Lungen schrien mittlerweile so gellend nach Luft, dass es ihm einfach nicht gelang, seine Kräfte hinreichend zu konzentrieren.
    Es hätte ohnehin nichts genutzt. Loki war zehnmal so stark wie er, und er kannte keine Gnade. Er wand und bäumte sich auf, aber seine Bewegungen wurden im gleichen Maße schw ä cher, in dem die Schmerzen in seiner Brust zunahmen und das Rasen seines Herzens schneller und härter wurde. Alles ve r schwamm. Er starb.
    Und tauchte wenige Augenblicke später aus dem schwarzen See des Vergessens wieder auf. Es war qualvoll, unvorstellbar schmerzhaft und von dem bitteren Wissen begleitet, dass Loki ihm dieses Erwachen nur gestattet hatte, um ihn ein zweites Mal zu töten und danach vielleicht ein drittes und viertes Mal, immer und immer wieder, bis er des Spiels am Ende überdrü s sig wurde - eine zweite Chance auf Leiden, nicht auf Leben.
    Dann begriff er, dass etwas anders war.
    Er lag auf dem Bauch, mit dem Gesicht halb in einer übel riechenden Pfütze seines eigenen Erbrochenen, presste einen qualvoll rasselnden Atemzug nach dem anderen durch seine zerquetschte Kehle und stemmte sich mühsam auf halb durc h gedrückte Arme hoch. Loki hielt ihn nicht mehr fest, aber hinter ihm waren die dumpfen Geräusche eines Kampfes zu hören: das Klatschen von Schlägen und abgehacktes Keuchen und Seufzen und der typische Laut, mit dem Metall auf Fleisch und Knochen schlug. Schmerzen, die sich zischend durch aufeina n der gepresste Lippen Ausdruck verliehen. Etwas hatte sich ve r ändert.
    Erst als diese Erkenntnis vollkommen in sein Bewusstsein gedrungen war, öffnete er die Augen, fuhr sich angeekelt mit dem Handrücken über den Mund und drehte den Kopf. Er musste ein paarmal blinzeln, bis aus den miteinander ringenden Schatten einzelne Gestalten wurden, auch wenn es ihm immer noch schwerfiel, sie zu unterscheiden, denn sie waren allesamt groß, allesamt schwarz gekleidet und hatten allesamt schwarze Haut. Irgendwie war es Abu Dun gelungen, sich aus Marduks Griff zu befreien und seine Waffe zu ziehen, mit der er den schlanken Unsterblichen nun verbissen attackierte. Unterstützt wurde er dabei von Meruhes beiden Dienerinnen, die minde s tens so g e schickt mit ihren Waffen umzugehen wussten wie der Nubier, dabei aber deutlich schneller waren, sodass es selbst Marduk kaum noch gelang, den unablässig aus gleich drei Richtungen auf ihn niederprasselnden Schlägen zu entgehen oder sie zu p a rieren. Aber wo war Meruhe?
    Andrej stemmte sich vollends auf Hände und Knie hoch, kroch zu Gunjir hin und schob das Götterschwert in seinen Gürtel, bevor er sich zur Gänze aufrichtete, sich herumdrehte und die Antwort auf seine eigene Frage fand.
    Meruhe war genau hinter ihm und in einen verbissenen Ringkampf mit Loki verstrickt.
    Der gefallene Gott war ein gutes Stück größer als sie, deu t lich muskulöser und sicherlich auch stärker, aber was Meruhe an Körperkraft fehlen mochte, das machte sie an Wut und En t schlossenheit mehr als wett. Ganz gleich, wie sehr er auch ve r suchte, sie zu packen, mit einem Hieb □der Stoß zu erwischen oder sie auf andere Weise abzuschütteln, Meruhe entging se i nen Attacken immer wieder mit katzenhafter G e schmeidigkeit, war plötzlich auf ihm und stieß ihm die verstei f ten Finger der Linken gegen den Adamsapfel. Loki fauchte vor Schmerz und krümmte sich, aber auch Meruhe stieß einen atemlos wi m mernden Schmerzenslaut aus, kippte seitlich von ihm herunter und krümmte sich - Loki musste sie im gleichen Moment g e troffen haben wie sie ihn, auch wenn Andrej den Hieb noch nicht einmal gesehen hatte.
    Aber vielleicht war dies genau die verzweifelte Chance, die er brauchte.
    Ohne auch nur darüber nachzudenken, was er tat, sprang er vor, trat Loki wuchtig in die Rippen, um ihn zu beschäftigen, und zog Gunjir.
    Er war trotz allem nicht schnell
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