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Glühende Lust

Glühende Lust

Titel: Glühende Lust
Autoren: Laura Simon
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hatte er mit dem, der jetzt die Klinge im Bauch empfing, auf dem Hermarsch am Kochfeuer einBier getrunken. Und mit jenem, der eine Hand auf einen in Blut getränkten, schlaffen Arm presste, dieselbe Trosshure geteilt. Das war jetzt bedeutungslos. Überall an den Bordwänden brannten jetzt Fackeln und verwandelten die Nacht in einen Tag. Er überlegte, das Schiff in Brand zu setzen. Aber das hätte vielleicht nicht Tanis, so doch Nefertems Tod bedeutet.
    Ein Mann am Bug legte einen Pfeil an seinen Bogen, hob und spannte ihn in einer einzigen geschmeidigen Bewegung. Einen Herzschlag später riss Ursu-Gila die Hände an die Brust, wo der Pfeil herausragte, und sackte auf die Planken. Doch bevor Schanherib ebenfalls mit dem Leben abschließen konnte, hörte er Zakutus schrille Stimme über dem Kampfeslärm: »Erschießt den andern nicht, ich will ihn lebend!«
    Lebend kannst du mich aber nicht bekommen, dachte er giftig.
    Mittlerweile blutete er aus zwei unbedeutenden Schnittwunden am Schwertarm. Wenn er sich ergab, dann nur mit einer Klinge in der Brust, das sollte sie wissen! Er duckte sich unter einem dank Zakutus Befehl nur zögerlich ausgeführten Schwerthieb hinweg, rammte dem Mann die Schulter in den Bauch und sprang über den Fallenden hinweg, hin zu dem Bogenschützen. Dem entrang er die Waffe, wirbelte auf der Ferse herum und suchte für seinen Pfeil ein lohnendes Ziel. Allein der Gedanke, die Herrscherin Assyriens zu töten, war ungeheuerlich. Aber was sollte ihn abhalten? War er noch ein Assyrer?

    Der vertraute Ruf ging Merit durch Mark und Bein: Assur ist Herrscher der Welt .
    Er war entdeckt worden. Sämtliche Mahnungenvergessend, stieß sie sich vom Schrein ab, vor dem sie gebetet hatte, und rannte den Uferpfad entlang, so schnell, wie es in der Dunkelheit möglich war. Hinter ihr schimpfte Mardak und packte sie an der Schulter, als sie den Saum des Papyruswaldes erreichte. »Bleib hier!«, zischte er und stieß sie ins Dickicht zurück, dann stürzte er sich mit erhobenem Schwert auf die Sandbank, wo einige Assyrer mit Fackeln in den Händen umherliefen. Sie stoben herum.
    Merit beeilte sich, in die Krone eines Maulbeerbaums zu steigen. Hinter dicken Ästen verborgen, sah sie den Aufruhr, der an Deck des fremden Schiffes ausgebrochen war. Zwischen Fackeln und Männern kämpfte sich Schanherib einen Weg. Jeder seiner Hiebe traf ein Ziel; um ihn herum herrschte Schreien und Stöhnen. Männer lagen leblos ausgestreckt. Da gab es keinen, der ihm standhielt. Unsinniger Stolz brandete in ihr auf, verdrängte für einen Augenblick das Entsetzen.
    Hochaufgerichtet, als könne nichts sie gefährden, stand eine Frau vor einem Zeltaufbau, der sich um den Mast wand. Sie trug ein enges, fremdartig geschnittenes Kleid und Unmengen an Gold an Hals und Armen. Ungebändigt umfloss üppiges Haar ihre Schultern. So stellte sich Merit die assyrische Kriegsgöttin vor. Es musste die Königin sein. Von Asarhaddon sah Merit nichts, vielleicht sah er aus dem Kajütenaufbau am Heck zu. Solch ein großes Schiff hatte sie noch nie gesehen. Es schien gar nicht recht in den schmalen Seitenarm des Nils zu passen. Von zwei anderen Schiffen sprangen Männer in Binsenboote und ruderten auf das königliche Schiff zu: eine von allen Seiten heranstrebende Übermacht, gegen die auch Schanherib nichts würde ausrichten können. Dennoch sprang er über den zuletztBesiegten hinweg und riss einem Bogenschützen die Waffe aus den Händen. Er fuhr herum, legte den Pfeil an und spannte den Bogen.
    Unter all dem Getümmel hörte sie seinen Schmerzensschrei. Der Bogen sprang aus seiner Hand. Er krümmte sich, presste die Faust auf die Brust. Merit krallte die Nägel in die Baumrinde. Besiegte ihn jetzt seine alte Pfeilwunde, von der niemand mehr geglaubt hatte, sie mache ihm zu schaffen? Zwei Männer hoben ihre Speere, ließen die Schäfte auf seine Kniekehlen niederknallen. Er sackte zu Boden. In seinen Augen stand die verzweifelte Wut. Er ruckte hoch, wollte aufspringen, doch eine Schwertspitze in seinem Nacken verhinderte dies.
    »Tötet ihn nicht!«, schrie Merit. Plötzlich war sie vom Baum herunter, ohne dass sie sich hätte erinnern können, wie sie hinabgeklettert war. Mit hochgereckten Armen rannte sie zum Fluss.
    Alles ging so schnell, dass sie sich kaum besinnen konnte. Sie sah Mardak im Sand knien, zwei Männer drückten Speere auf seine Brust, doch ohne zuzustechen. Ein Boot tauchte vor ihr auf. Sie wurde hineingezerrt. Ihr Herz schlug
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