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Gluecklich, wer vergisst

Gluecklich, wer vergisst

Titel: Gluecklich, wer vergisst
Autoren: Edith Kneifl
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lächelnd: „Schlaft gut.“
    „Ich dachte, du trinkst deinen Tee mit uns. Ihr habt euch so viele Jahre nicht gesehen“, sagte Walpurga fast bittend.
    „Entschuldigt, aber ich muss an meine Arbeit. Wir sehen uns ja beim Frühstück, Joe“, fügte er mit einem sanften Lächeln hinzu.
    Walpurga seufzte kaum hörbar, als er den Raum verließ. Ich legte meine Hand auf ihre und sagte: „Lass ihn. Ich unterhalte mich ohnehin viel lieber mit dir. Albert schüchtert mich heute noch ein. Ich wüsste gar nicht, worüber ich mit ihm reden sollte.“
    „Er wird immer eigenbrötlerischer. Die Sache mit Franzi hat ihn sehr mitgenommen. Ich habe Angst, dass er sich wieder in eine Depression flüchtet. So wie damals …“
    Sie beendete den Satz nicht. Ich fragte nicht nach, war müde, fühlte mich nach den wenigen Stunden in diesem Haus erschöpft und niedergeschlagen. Komisch, dass ich als Kind die Atmosphäre in dem alten Gemäuer nie als bedrückend empfunden hatte.
    „Du musst mir zeigen, wo man das Öl nachfüllt“, sagte ich, um sie auf andere Gedanken zu bringen. „Ich kann mich an diese Ölöfen nicht erinnern.“
    „Im Sommer haben wir sie nie benützt. An kalten Abenden hat das Feuer im Kamin genügt.“

    Sommer 1979

    Der Himmel über dem Attersee ist von ungetrübtem Blau. Nur ein paar Schäfchenwolken ziehen vorüber. Hinterlassen kaum Spuren auf dem spiegelglatten Wasser. Es ist heiß in diesem August.
    „Ein Jahrhundertsommer!“, betont Walpurga bei der Begrüßung ihrer Wiener Gäste.
    „Das behaupten die Einheimischen von jedem Sommer, der nicht völlig verregnet ist“, murmelt Philip.
    „Die Temperaturen werden für uns langsam zur Qual. Der Boden ist völlig ausgetrocknet“, stöhnt Walpurga. Sie hat die Worte ihres Mannes offensichtlich überhört.
    Gisela erklärt ihrer Gastgeberin, warum sie heuer, statt der üblichen acht Wochen, nur fünf Wochen am See bleiben können: „Victor hat dieses Engagement bei den Sommerfestspielen in Reichenau einfach annehmen  müssen . Es ist extrem gut bezahlt. Und er bestand darauf, dass wir mitkommen. Wollte mit Joe unbedingt auf die Rax und den Schneeberg. Aber du kennst ja mein Mädchen. Joe hasst Bergwanderungen.“
    Walpurga nickt.
    „Ich brauch erst mal eine Abkühlung“, sagt Victor. „Kommst du mit, Schätzchen?“ Er öffnet die Tür auf der Beifahrerseite seines Renaults.
    Joe verzieht abfällig das Gesicht und ignoriert das Angebot ihres Vaters. Schwingt sich stattdessen hinter Franzi auf ein altes Sachs-Mofa und sagt energisch: „Fahr los!“
    Victor überlegt es sich anders, steigt aus und hilft seiner Frau und Walpurga, das Gepäck auf die Zimmer zu bringen.

    „Ich habe Höllenqualen durchgemacht. Habe mich ganz fürchterlich nach dem Attersee gesehnt“, vertraut Joe ihrer Freundin an, als sie zusammen am Steg liegen.
    Joe hat ihr Tagebuch mitgenommen und beginnt, Franzi einige wichtige Passagen daraus vorzulesen.
    Ihre Freundin scheint sich nicht besonders für diese Tagebuchaufzeichnungen zu interessieren. „Stell dir vor, ich bin mit Bomben und Granaten durchgefallen. Aber die Hotelfachschule in Bad Ischl nimmt mich auch mit einem Fleck in Physik“, sagt sie.
    Als Franzi von ihrer zukünftigen Freiheit in der „Großstadt Bad Ischl“ zu schwärmen beginnt, unterbricht Joe sie: „Wir sollten uns eincremen.“
    „Ich weiß. Die Baronin schwört auf Tiroler Nussöl. Aber das bringt bei mir nichts. Ich habe zu viele Sommersprossen. Rotblonde Menschen werden überhaupt schwer braun.“
    „Ich hab mich heuer schon mal geschält. Ein zweites Mal werde ich Giselas Standardtherapie gegen Sonnenbrand nicht überleben. Buttermilch! Pfui Teufel. Habe die halbe Nacht lang gekotzt.“
    „Ich hab im BRAVO ein Geheimrezept gefunden. Das könnten wir mal ausprobieren.“
    Franzi nimmt ein kleines Fläschchen Olivenöl und eine Zitrone aus ihrer Badetasche.
    „In dem Artikel haben sie einem eine wunderbare, lang anhaltende Bräune versprochen.“
    „Okay, lass es uns versuchen.“
    Sie schmieren sich gegenseitig ein Gemisch aus Olivenöl und Zitrone auf ihre jugendlichen Körper.
    „Du hast eine richtig tolle Figur“, sagt Joe. „Ich muss in diesem Urlaub unbedingt ein paar Kilos zulegen. Ich seh aus wie ein Zahnstocher.“
    „Stopfst du dir immer noch Watte in deine BHs?“, fragt Franzi kichernd.
    „Du bist gemein.“ Joe gibt ihrer Freundin einen Klaps auf den wohlgerundeten Popo.
    Gründlich eingeölt legen sie sich auf ihre
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