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Urmel wird ein Star

Urmel wird ein Star

Titel: Urmel wird ein Star
Autoren: Max Kruse
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In dem das Urmel
berichtet, warum es seine Erinnerungen schreibt und wie sich Titiwu verändert
hat
     
    Wenn es mir
auch schwerfällt: Man muß seiner Berühmtheit Opfer bringen. Und mein Opfer ist,
daß ich meine Memojahren schreibe (das Urmel meint Memoiren). Memojahren sind
die Erinnerungen an die vergangenen Jahre. Nun ist es aber so, daß über mich
schon sehr viele Bücher erschienen sind. Also erzähle ich nur von der letzten
Zeit. Da bin ich froh, daß ich nicht so schrecklich viel zu schreiben brauche.
Ich heiße Urmel und bin eine Art Überbleibsel aus der Urzeit, ein Bindeglied
zwischen den Dinosauriern und den Säugetieren. Professor Habakuk Tibatong hat
mich entdeckt und ausbrüten lassen, denn ich war Jahrmillionen in einem Ei
eingeeist, in einem Eisberg nämlich.
    Ich
glaube aber, diese wundersame Begebenheit kennt schon jeder.
    Meine
Geschichte hier fängt da an, wo ich von meinem großen Flug in die modernen
Städte nach Titiwu zurückgekehrt bin. Irgendwie war es auf unserer Insel nicht
mehr so wie früher. Die Luft roch so unheildrohend. Sie roch nicht wirklich,
aber man sagt so.
    Auch
Wawa, mein kleiner, nachdenklicher Waran, und Ping Pinguin unterhielten sich
darüber. Sie bewohnten bekanntlich die beiden Muscheln am Strand. Wawa hatte in
letzter Zeit viel über das Geheimnis der Zeit nachgedacht, die kein Ding ist,
das man greifen kann, aber unser Leben jeden Tag, jede Stunde und jede Minute
verändert. »Weißt du«, sagte er also zu Ping Pinguin, »bisher war die Tscheit
für mich etwas sehr Schönes: Nachdenklichkeit. Aber ich fürchte, jetscht wird
sie für uns alle Aufregung und Abenteuer werden. Vielleicht noch etwas viel
Schlimmeres.«
    Ich
tat so, als ob ich nicht zuhörte. Denn natürlich war ich an der neuen
Zitteraktion (das Urmel meint Situation) schuld. Ping Pinguin ließ den Schnabel
hängen. Er sagte: »Der Professor denkt genauso. Immerzu rennt er in seiner
Studierstube hin und her, guckt niemanden an und murmelt allerlei vor sich hin.
Und das tut er nicht nur, weil Wutz noch nicht aus Amerika zurückgekehrt ist
und dort von einer Einladung zur anderen hetzt.«
    »Oh,
ich kann mir so gut vorstellen, wie sie hetscht und schmatscht und schlürft«,
unterbrach ihn Wawa.
    »Pfmatzt
und pflürft«, berichtigte Ping Pinguin. »Ach, der Professor macht sich so viele
Sorgen, was nun aus Titiwu werden soll. Er hat sich doch immer davor
gefürchtet, daß alle möglichen Menpfen angereist kommen.«
    Gerade
jetzt landete mein Freund und Flugbegleiter Schusch, der treue
Schuhschnabel, zwischen den Muscheln. »Klar kommen sä«, plapperte er. »Sä kommen
ganz neugäräg än großen Scharen, sä zertrampeln alles, Bäume, Büsche und auch
eure Muscheln.«
    »Unsere
Mupfeln?« kreischte Ping Pinguin. Er schlüpfte in sein Haus und klappte das
Dach über sich zu.
    »Das
nützt gar nächts«, meinte Schusch. »Wo dä Menschen einmal häntreten, wächst
kein Gras mehr. Am Strand lägen alte Tüten und Konservendosen herum. Überall
werden sä uns auflauern, um uns zu fotografären und zu fälmen. Und sä halten
uns dä Meckerfone (das Urmel meint Mikrofone) vor dä Schnäbel, um Tonbandaufnahmen
zu machen. Sä machen säch über unsere Sprachfehler lustäg. Sä werden än dä
Schlummertonne von Wutz krächen und schreckläch lachen, sä werden dem Professor
Löcher än den Bauch fragen.«

    »Richtige
Löcher?« Wawa verschluckte sich fast vor Entsetzen.
    »Ach,
das äst nur so eine Redensart«, belehrte ihn Schusch. Ich schlich mich mit
einem rabenschwarzen Gewissen davon. Es stimmte ja, daß der Professor voller
Sorge war. Noch wurde die neugierige Menschheit in Amerika zwar von Wutz in
Atem gehalten, die im Wolkenkratzerhotel hofhielt, telefonierte, plauderte,
erzählte, sich morgens und abends in der gekachelten Badestube warm duschte und
anschließend parfümierte. Seitdem ich mich mit Schusch heimlich aus dem Staub
gemacht hatte, war sie der Mittelpunkt, das Ziel der Neugierde. Wie sie das
genoß, öfföff! Mein Freund, König Futsch, seine liebe Naftaline und ihr treuer
Diener Sami spielten neben ihr nur kleine, wenn auch nicht unbedeutende Rollen.
    Einmal
hörte ich, wie der Professor mit König Futsch sprach, durch das Funkgerät, von
Titiwu nach Amerika. Der Professor bat den König ganz dringend, ihm die
Menschen vom Hals zu halten, ja, so sagte er. Aber der König antwortete: »Ich
weiß nicht, wie lange uns das noch gelingt. Von morgens bis abends werden wir
befragt, nach Ihnen, nach
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