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Glück muß man haben

Glück muß man haben

Titel: Glück muß man haben
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hätte, sich mit ihm in einer halben Stunde zu treffen, um ins Kino zu gehen. Marianne hatte dazu Lust.
    Als sie ins Wohnzimmer zurückkam, sah sie sich Mutters Frage ausgesetzt: »Was wollte er denn?«
    »Er hat mich eingeladen ins Kino.«
    »Und? Hast du abgelehnt?«
    »Nein.«
    Sabine verstummte.
    »Was soll ich anziehen, Mutter?«
    »Ist das so schwierig? Stellt er solche Ansprüche?« erwiderte Sabine spitz.
    »Das Problem ist, daß er mich schon in einer halben Stunde abholt. Ich habe also nicht mehr viel Zeit.«
    »Aha, sonst würdest du wohl ganz große Toilette machen?«
    Marianne blickte ihre Mutter an, schüttelte dann den Kopf und sagte:
    »Du müßtest dich selber hören, dann bekämst du den richtigen Eindruck von deiner Objektivität, auf die du dir soviel zugute hältst.«
    »Ich ärgere mich eben, vielleicht verstehst du das.«
    »Worüber ärgerst du dich?«
    »Daß ich den ganzen Abend allein hier herumhocken werde.«
    »Siehst du«, lachte Marianne unwillkürlich, »genau das wollte er für sich auch nicht.«
    »Mußte er denn ausgerechnet auf dich verfallen? Hätte er denn niemand anders gehabt?«
    »Anscheinend nicht.«
    »›Anscheinend‹ sagst du. Du weißt es also nicht?«
    »Was weiß ich nicht?«
    »Ob er zum Beispiel eine Freundin hat.«
    »Nein«, erwiderte Marianne nach kurzem Zögern, »das weiß ich nicht.«
    »Und sein sonstiger Anhang, wie steht's damit? Weißt du das auch nicht?«
    »Welcher sonstige Anhang?«
    »Der verwandtschaftliche: Geschwister? Eltern?«
    »Geschwister hat er keine«, antwortete Marianne, und ihr Gesicht verschattete sich, als sie fortfuhr: »Und seine Eltern sind tot. Das ist eine ganz tragische Geschichte. Stell dir vor, die sind wenige Tage vor der Ausreise aus Rußland einem Bus-Unglück zum Opfer gefallen. Der Fahrer war betrunken und beachtete an einem unbeschrankten Bahnübergang das Warnsignal eines herannahenden Zuges nicht. Das mußten achtzehn Menschen mit ihrem Leben bezahlen. Der Fahrer selbst kam mit leichten Verletzungen davon.«
    Der Kommentar, den Frau Berger dazu abgab, lautete: »Das liest man so oft, daß die dort saufen wie die Löcher.«
    »Auch nicht mehr als die bei uns hier«, sagte Marianne.
    Dann warf sie einen Blick auf die Uhr und sprang von der Armlehne des Sessels, auf der sie sich niedergelassen hatte, hoch. »Höchste Zeit!« rief sie, wandte sich zur Tür und lief nach oben.
    Sabine blickte ihr nach. Anschließend richtete sie ihr Interesse auf das Fernsehen, auf das sie im weiteren Verlauf des Abends angewiesen sein würde. Was kommt denn heute? fragte sie sich, blätterte in der Programmzeitschrift und stellte fest: ›Heiteres Beruferaten‹. Eine Sendung, dachte sie, zu der sich Herr Thürnagel melden sollte. Vielleicht käme dann heraus, was er treibt.
    Theodor Berger und Pit Schmitz waren in Pits Lokal ›Zum Brunnen‹ am Streiten. Jedenfalls sah es danach aus. Pit stand hinter der Theke, Theodor davor, jeder hatte einen roten Kopf, und sie sagten einander Grobheiten.
    Pit Schmitz, ähnlich wie Theodor Berger auch ein Berg aus Fleisch und Knochen, war kein Kind des Kohlenpotts, sondern stammte aus Köln. Sein größter Kummer war es, vom Schicksal nach Gelsenkirchen verschlagen worden zu sein und dadurch die Türme des Kölner Doms aus seinem täglichen Blickfeld verloren zu haben. Diese Wunde in seinem Inneren wollte nie aufhören zu schwären. Damit ihr wenigstens im Grabe der Boden entzogen sein sollte, hatte Pit Schmitz längst testamentarisch verfügt, nach dem Tode nach Köln überführt zu werden.
    An Pit bewahrheitete sich der alte Spruch, daß der Kölner nur glücklich sein könne im Schatten seiner Domtürme. Wenn irgendwo Wilhelm Ostermanns Evergreen ›Heimweh nach Köln‹ ertönte und die Zeile ›Ich möch zo Foß nach Kölle gohn‹ gesungen wurde, dann setzte sich der Riese Pit Schmitz in seiner ganzen Massigkeit hin und bedeckte mit den Händen von der Nase aufwärts sein Gesicht, damit man das Wasser in seinen Augen nicht sehen konnte. Die gesamte Menschheit zerfiel für ihn in zwei Gruppen – in Kölner und andere. Zu seinen stehenden Redensarten gehörten die fünf Worte: »Was seid ihr arm dran!« Damit meinte er alle diejenigen, die keine Kölner waren.
    Wenn das Stichwort ›Karneval‹ fiel, war es ganz aus. Pit Schmitz erklärte dann den ganzen Erdball außerhalb Kölns zu einer Zone des Nichts, der absoluten Leere und Leblosigkeit.
    Nach Gelsenkirchen hatte Pit – nebst vielem anderen
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