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Glück muß man haben

Glück muß man haben

Titel: Glück muß man haben
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gelsenkirchen ist der FC Schalke 04. Die Bedeutung eines solchen Wortes geht einem erst so richtig auf, wenn man nach Gelsenkirchen kommt und sich an eine Theke stellt.
    Theodor Berger war, wie gesagt, Gelsenkirchener, er war Gastwirt dazu, und welche Auswirkungen das auf seine inneren und äußeren Beziehungen zum FC Schalke 04 hatte, läßt sich kaum beschreiben.
    Tiefe Stille herrschte in dem Wohnzimmer hinter der Schankstube. Das Lokal hatte heute ›Ruhetag‹. Nur die Stricknadeln der Gattin klirrten leise. Dann raschelte auch Papier. Theodor Berger hatte die Zeitung wieder aufgenommen.
    »Fast eine Million«, sagte er erneut. »Das ist doch Wahnsinn!«
    Keine Antwort. Mutter Sabine schaute ihren Fingern zu und dachte dabei an das morgige Speisenangebot im Lokal, für das sie verantwortlich war; Tochter Marianne ›fraß‹ eine Stelle im Roman, wo der junge Baron dem alten erklärte, daß er auf Geld und Gut und Titel verzichten wolle, wenn der elterliche Widerstand gegen eine Verbindung mit der Tochter des Försters nicht aufhöre.
    »Habt ihr nicht gehört?« fragte Theodor Berger mit etwas lauterer Stimme.
    Die beiden Damen blickten auf.
    »Was denn?« fragte Mutter Sabine.
    »Daß das Wahnsinn ist«, antwortete Vater Theodor.
    »Daß was Wahnsinn ist?« fragte Tochter Marianne.
    Theodors Stimme hob sich noch etwas mehr.
    »Ein Lottogewinn von einer Million.«
    Mutter und Tochter sahen einander an.
    Theodor nickte und klopfte mit dem Zeigefinger auf eine bestimmte Stelle in der Zeitung.
    »Hier steht's.«
    Als wolle sie das gar nicht bestreiten, nickte Sabine auch, blickte jedoch dabei schon wieder auf ihre Nadeln, die sie erneut in Bewegung setzte. Und Marianne steckte ihre Nase abermals in ihren Roman. Das Interesse der beiden Frauen an den Mitteilungen Theodors schien sich also in Grenzen zu halten. Trotzdem fuhr er fort, ihnen seine Informationen zu erteilen.
    »Ein Bergmann in Saarbrücken war der Glückspilz. Der Name steht nicht da. Das machen die ja immer so, sonst könnte sich ein Gewinner nicht mehr retten vor Leuten, die etwas von ihm geschenkt haben wollen.«
    Theodor verstummte, blickte in die Zeitung, las die ganze Meldung. Was da noch stand, schlug dem Faß den Boden aus. »Unglaublich!« stieß er hervor. »Nicht zu fassen! Um ein Haar wäre dieser Lottoschein wieder einmal nicht abgegeben worden!«
    Zu seiner Überraschung erntete er aber nur Ironie.
    »Ach nee«, mokierte sich seine Frau.
    »Schon wieder«, stieß die Tochter ins gleiche Horn.
    »Ich sehe schon«, sagte daraufhin Theodor, »ich muß euch das vorlesen, damit ihr Bescheid wißt. Hört zu …«
    Und so erfuhren Marianne und Sabine Berger ganz authentisch, welcher Kelch an jenem Bergmann vorübergegangen war. Dessen Frau wäre nämlich beinahe an einer unvorstellbaren Katastrophe schuldig geworden, weil sie tatsächlich um ein Haar aus Nachlässigkeit ihre allwöchentliche Pflicht, den von ihrem Gatten ausgefüllten Lottoschein zur Totoannahmestelle zu bringen, versäumt hätte. Nur der kleine sechsjährige Sohn, auch schon ein Anhänger des 1. FC Saarbrücken, habe sie im letzten Moment daran erinnert. Auf die Frage des Reporters an den Gewinner, ob seine Frau mit Repressalien von ihm hätte rechnen müssen, wenn die Intervention des Söhnchens ausgeblieben wäre, habe die Antwort gelautet: ›Nein, die Gesundheit seiner Familie, zu der auch seine Gattin gehöre, sei ihm wichtiger als alles andere.‹ Hinzusetzte er, sein Sohn habe allerdings ein neues Dreirad bekommen. Er selbst wolle auf die obligatorische Weltreise verzichten und weiterhin seinem Beruf nachgehen. Das gleiche könne er auch allen zukünftigen Lottogewinnern nur empfehlen.
    Theodor Berger ließ die Zeitung sinken, wischte sich über die Stirn und sagte: »Eines nehme ich dem allerdings nicht ab …«
    »Was denn nicht?« fragte ihn Sabine.
    »Daß der seine Alte nicht erschlagen hätte, wenn ihm durch ihr Verschulden die Million durch die Lappen gegangen wäre.«
    »So?« sagte Sabine. Es klang spitz.
    »Aber Vater«, ermahnte Marianne ihren Erzeuger, »das glaubst du doch selbst nicht.«
    »Doch, das glaubt der«, sagte Sabine spitz wie vorher. Sie wollte damit zum Ausdruck bringen, daß ihr Gatte einer sei, der von sich auf andere schlösse.
    Theodor hatte im Moment kein Ohr für die Lautmalerei seiner Gattin. Er stand unter dem Eindruck von einer Million.
    »Man muß sich das einmal ausmalen«, sagte er, vor sich hinblickend. »Einer sitzt vor dem
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