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Glueck allein

Glueck allein

Titel: Glueck allein
Autoren: Sylvia Halcour
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töricht und bedeutungslos, als Sascha zu mir kam und fragte: »Und was machst du jetzt noch mal genau?«
    »Ich arbeite an der Uni«, erklärte ich, »korrigiere Klausuren von Erstsemestern. Und schreibe eine Doktorarbeit.«
    »Eine Doktorarbeit?«, wiederholte er und sah mich mit großen Augen an. Ich nickte, als wäre nichts dabei, sog seine Blicke aber insgeheim in mich auf.
    »Und über was?«, fragte er.
    Ich lächelte sanft. »Eheverträge.«
    Dass ich erst seit ein paar Tagen am Institut angestellt war und noch keine Zeile dieser Arbeit geschrieben hatte, erwähnte ich nicht. Dass ich jederzeit einen Ehevertrag für ihn und mich aufsetzen würde, obwohl wir ihn nicht bräuchten, da er nur bei einer Trennung zur Anwendung käme und ich mich niemals von so einem Mann trennen könnte, ließ ich ebenfalls beiseite.
    »Und danach...«, wollte ich fortfahren, doch bevor ich weiter sprechen konnte – es war ja auch ganz egal – wurden uns zwei Bier durchgereicht und wir stießen miteinander an, nicht ohne uns für einen Moment tief in die Augen zu schauen.
    Das Bier kühlte meinen erhitzten Körper. Schnell trank ich es aus, um die Unsicherheit, die mich unter vielen Menschen stets befiel, nicht mehr zu fühlen. Erfrischt stellte ich das leere Glas auf die Theke. Paul reichte mir ein neues Bier. In wenigen Zügen leerte ich auch dieses. Nach Monaten endlich entspannen, Ruhe finden. Gerade als ich das Glas abstellen wollte, sah ich wieder Pauls gestreckten Arm, wie er mir ein volles Glas unter die Nase hielt. Erstaunt sah ich ihn an: Paul, was für ein finsterer Plan! Und nahm dankend das Bier entgegen.
    Wo waren eigentlich Maria und Hanna? Suchend sah ich mich um. Ich fand sie auf zwei Hockern nicht weit von uns. Maria ließ ihre Schultern hängen und starrte zu Boden. Was ist los?, wollte ich fragen und ging zu den beiden hin, doch als ich hörte, über wen sie sprachen, ließ ich es bleiben und fragte mich nur, wie Hanna ihn überhaupt nur erwähnen konnte. Marias Hintern war nicht ohne Grund doppelt so dick geworden und ihr fiel es schon schwer genug, ihn zu vergessen. Ich machte kehrt und ging zurück zu den Männern, die, weil sie weniger sprachen, mir am Abend die angenehmeren Zeitgenossen waren.
    Als sei ich nicht mit Maria und Hanna, sondern mit ihnen gekommen, stand ich in ihrer Runde. Nebel wurde in die Menge gepustet, der unsere Füße verschluckte, schnelle Musik wurde aufgelegt und laut gedreht, überall wurde gelacht und getanzt. Meine Schultern wippten im Takt der Musik und ich fühlte mich endlich gelöst und entspannt. Immer wieder suchte ich nach Sascha und fand ihn meist schnell, denn wohin er auch ging, zu Paul, zu Christian oder auch an die Bar, er kehrte jedes Mal in meine Nähe zurück. Und wenn er dann mit seinem Glas in der Hand neben mir stand, war ich durchtränkt von dem verwirrenden Glück, mich in mir wohl zu fühlen und lächelte ihn selig an.
    Und irgendwann wusste ich es. Es brauchte ein wenig Zeit, wie Augen in der Dunkelheit, bis sie schemenhaft Umrisse und Formen erkennen, aber dann war es deutlich. Ich sah es daran, wie er mich mit großen, jungenhaften Augen anschaute und wie er mein Lächeln verstohlen erwiderte. Ich merkte es daran, wie er seine heiße Wange an meine legte, wenn wir miteinander sprachen und wie seine Hand wie zufällig meinen Arm oder meinen Rücken berührte. Und als ich wusste, dass es möglich war, atmete ich die verrauchte Luft tief in mich ein und wiegte mich in der Musik. Und in jeder Sekunde pulsierte die Macht, ihn verführen zu können, in meinen Adern.
    Doch nachdem unsere Blicke immer sehnlicher und unsere Berührungen immer unmissverständlicher wurden, der Club nur noch Kulisse war und die Musik nur noch für uns zu spielen schien, war Sascha plötzlich verschwunden. Enttäuscht suchte ich ihn, aber sah ihn nicht mehr. Gerade wollte ich von Paul ein weiteres Bier annehmen, als Sascha auf mich zustieß.
    »Treffen wir uns draußen, ja?«, flüsterte er mir zu und seine Finger umschlossen meine Hand. »In fünf Minuten gehe ich an dir vorbei und tippe dich an. Dann gehen wir raus, ja?«
    Einen Moment schaute ich ihn überrascht an, dann nickte ich verstehend. Sascha zog ab, ein Abenteuer zog auf. Ich wartete gespannt.
    Und tatsächlich, nach fünf Minuten spürte ich einen spitzen Finger in meinem Rücken und als ich mich nach der stechenden Hand umwandte, sah ich noch für einen Augenblick, wie Saschas dunkles Haar in Richtung des Ausgangs
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