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Gletschergrab

Gletschergrab

Titel: Gletschergrab
Autoren: Arnaldur Indridason
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vom Gletscher runterkamen, war es dunkel, und wir sind auch im Dunkeln nach Keflavík gekommen. Ich weiß nicht, wie viel Zeit verstrichen ist. Dann hat mich jemand nach Reykjavik mitgenommen, und ich habe mich mit der Mannschaft auf dem Gletscher in Verbindung gesetzt. Die Amis haben uns angehalten, als wir dir zu Hilfe kommen wollten, die haben auf uns geschossen.«
    Júlíus reichte ihr eine Zeitung und deutete auf die Überschrift: RETTUNGSMANNSCHAFT MIT WAFFENGEWALT
    GESTOPPT. Darunter sah man Fotos des ausgebrannten Raupenfahrzeugs. Eine andere Zeitung meldete: RETTUNGSMANNSCHAFT UNTER BESCHUSS.
    »Wir haben sofort Verbindung mit allen Medien aufgenommen, als wir wieder frei waren«, fuhr Júlíus fort. »Die Amis haben sich offiziell entschuldigt. Sprecher der Militärs traten dauernd im Rundfunk und im Fernsehen auf, sie erzählten bloß was von einem ganz normalen NATO-Wintermanöver mit holländischen, belgischen und amerikanischen Truppeneinheiten. Sie behaupten, dass es niemals in ihrer Absicht gelegen hat, unsere Mannschaft zu stoppen. Tiefstes Bedauern darüber, dass einige Soldaten so weit gegangen sind, auf uns zu schießen. Sie sagen, dass der Vorfall einer genauen Untersuchung unterzogen werde, und bieten Entschädigung an.
    Sie behaupten, nicht zu wissen, was mit Jóhann und Elías passiert ist. Streiten hartnäckig ab, dass sie irgendetwas mit ihnen zu tun hatten, und von dir haben sie angeblich auch nichts gewusst.«
    »Was ist mit dem Flugzeug, was sagen sie dazu?«
    »Sie leugnen rundheraus, eine deutsche Maschine vom Gletscher heruntergeholt zu haben. Im Radio hieß es, dass sie nach einem Satellitenortungsgerät gesucht hätten, das vor einigen Jahren aus einem Flugzeug über dem Gletscher abgeworfen worden ist. Im Fernsehen wurde gesagt, dass die 331

    Truppen außer dem üblichen Wintermanöver auch eine Katastrophenschutzübung abgehalten hätten und dass sie deswegen einige Teile einer alten Douglas DC-8 Maschine dabeihatten. Die Abendzeitung berichtete von einer Goldsuche.
    Du siehst, womit wir es zu tun haben.«
    »Sie haben erwähnt, dass sie die unterschiedlichsten Informationen in die Welt setzen würden.«
    »Die machen keine halben Sachen.«
    »Und Steve?«
    »Sie sagen, dass er vermisst wird. Sie hätten eine Suchaktion eingeleitet, aber die könnte einige Zeit in Anspruch nehmen.«
    »Wie hat die isländische Regierung darauf reagiert?«
    »Sie sagen, dass das Manöver genehmigt war.«
    »Sie äußern sich nicht zu der Maschine oder zu Steve?«
    »Wie du siehst, habe ich den Presseleuten von dem Flugzeug erzählt, und dass du verschwunden bist und wahrscheinlich von den Amerikanern festgehalten wirst. Das Militär hat keine Stellung dazu genommen, sondern alles als unbewiesene Behauptungen zurückgewiesen. Aber jetzt bist du wieder da, und wenn Elías wieder zu sich kommt, sind wir zu dritt. Dann muss man uns doch Glauben schenken. Die Leute müssen uns dann glauben, das kann doch nicht anders sein. Meinst du nicht?
    Wir sind doch zu dritt.«
    Kristín sah abwechselnd Júlíus und Elías an.
    »Sie haben mir gedroht«, sagte sie leise. »Ich habe Angst. Mir reicht es jetzt. Sie haben mir mit Elías gedroht und gesagt, dass sie auch dich kriegen würden. Ich möchte, dass das ein Ende nimmt. Ich habe genug.«
    »Das kann ich gut verstehen.«
    »Ich habe mit angesehen, was sie mit dem Mann gemacht haben, der Elías so zugerichtet und Steve erschossen hat. Ich glaube, sie wollten, dass ich das sehe, sie wollten mir damit 332

    wohl klar machen, dass sie den Schuldigen gefunden, ihm den Prozess gemacht und ihn verurteilt hätten, und das sollte eine Genugtuung für mich sein. Wenn ich weitermache, wissen sie, wo ich zu finden bin. Das war die Botschaft.«
    »Wohin seid ihr geflogen? Und was war das für ein Flugzeug auf dem Gletscher?«
    »Komm«, sagte Kristín, »lass uns ins Wartezimmer gehen und miteinander reden.« Sie verließen Elías und gingen den Gang entlang zum Wartezimmer, in dem drei Stühle und ein Tisch standen. In einem Regal lagen einige Zeitschriften. Sie erzählte ihm, was Miller ihr über die Akte Napoleon gesagt hatte, und sie berichtete ihm von den Drohungen des Mannes, der Carr hieß und wahrscheinlich die ganze Operation geleitet hatte. Nach diesem Gespräch konnte sie sich an nichts mehr erinnern, bis zu dem Augenblick, als sie heute Morgen in ihrem Wohnzimmer aufgewacht war.
    »Glaubst du, dass das stimmt mit Napoleon?«, fragte Júlíus.
    »Glaubst du,
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