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Gletschergrab

Gletschergrab

Titel: Gletschergrab
Autoren: Arnaldur Indridason
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dass sie ihn aus Berlin weggebracht haben?«
    »Ich glaube, genauso hätten sie verfahren müssen, wenn es ihnen darum ging, nichts nach außen dringen zu lassen. Wenn diese Maschine tatsächlich Informationen dieser Art enthalten hat, ob der Plan seinerzeit nun ausgeführt werden sollte oder nicht, dann ist klar, dass sie herausfinden mussten, was aus der Maschine geworden ist, ob sie zum Vorschein kommen würde.
    Sie mussten dafür sorgen, dass niemand herausfinden würde, was sie enthielt. Sie mussten Truppeneinheiten auf den Gletscher schicken, das Wrack mit seinem ganzen Inhalt sicherstellen und alles daransetzen, keine Aufmerksamkeit zu erregen. Du kannst dir vorstellen, was passieren würde, wenn sich herausstellt, dass das alles stimmt.«
    »Und wenn wir uns mit dieser Verschwörungstheorie an die Medien wenden würden …«
    »Würde man uns auslachen.«
    333

    Sie schwiegen eine Weile.
    »Niemand würde uns glauben«, sagte Kristín schließlich.
    »Ich kann es ja selbst kaum glauben«, sagte Júlíus.
    »Genau«, sagte Kristín. »Was für ein Wahnsinn, verdammt nochmal.«
    334

    46
    Ein Tag nach dem anderen verging, sie wurden zu Wochen und Monaten, und der Wirbel in den Medien wegen des bewaffneten Überfalls auf die Rettungsmannschaft verebbte allmählich.
    Kristín verbrachte viel Zeit bei Elías im Krankenhaus, der bald das Bewusstsein wiedererlangte und ihr von seiner Begegnung mit Ratoff erzählen konnte. Sein Zustand besserte sich langsam, aber stetig. Ihr Vater kam aus dem Ausland angeflogen und informierte sich über Elías’ Zustand, schien sich für die Einzelheiten aber nicht besonders zu interessieren. »Verrückt, diese Rumdüserei auf den Motorschlitten«, war sein einziger Kommentar. »Ich hätte gedacht, er würde etwas mehr Reife an den Tag legen.« Damit war das abgetan. Vier Tage später war er bereits wieder im Ausland.
    Von Kristín erfuhr Elías, was mit Jóhann geschehen war.
    Dessen Eltern hatten sich zunächst mit der Erklärung zufrieden gegeben, dass er in eine Gletscherspalte gestürzt war. Die Geschwister überlegten und kamen zu dem Schluss, dass sie die Wahrheit erfahren müssten. Als Elías wieder einigermaßen bei Kräften war, bestellten sie Jóhanns Eltern ins Krankenhaus und klärten sie darüber auf, dass Jóhann ermordet worden war. Das deutsche Flugzeug erwähnten sie nicht. Kristín wies sie darauf hin, dass Elías natürlich ein Zeuge sei, aber man davon ausgehen müsse, dass man seitens des amerikanischen Militärs niemals zugeben würde, dass es zu irgendwelchen gewalttätigen Übergriffen, geschweige denn Mord gekommen sei, und dass sich aus dem Lager sicherlich niemals irgendwelche Zeugen melden würden, um ihre Aussage zu stützen.
    Jóhanns Eltern, gut situierte Leute mittleren Alters, setzten alles daran, der Wahrheit auf die Spur zu kommen, aber ohne Erfolg. Elías, Kristín und Júlíus standen ihnen tatkräftig zur 335

    Seite, aber wie Kristín vermutet hatte, sah man keinen Grund, ein Verfahren zu eröffnen. Die Anzeige, die an den Staatsanwalt ging, und die Ermittlung, die daraufhin in die Wege geleitet wurde, brachten keinerlei Ergebnisse. Die Militärs schienen aus allen Wolken zu fallen, dass man in ihren Reihen nach einem Mörder suchte. Ihnen war nichts darüber bekannt, dass irgendwelche Spezialeinheiten nach Island gekommen waren oder dass die C-17 einen Einsatz geflogen hatte. Wieder gab es Wirbel in der Presse, sehr zum Leidwesen von Kristín, Elías und Júlíus.
    Der Mord an Randolf konnte nie aufgeklärt werden. Kristín wurde ein ums andere Mal von der Kriminalpolizei vernommen und blieb bei ihrer Aussage, dass sie nichts damit zu tun hatte.
    Nach umfangreicher Ermittlung kam man zu dem Ergebnis, dass es keine ausreichenden Indizien für eine Anklage gab. Für die Einstellung der Ermittlungen plädierten insbesondere die beiden leitenden Kriminalbeamten, mit denen Kristín von Brennigerði aus telefoniert hatte. Die Angelegenheit stellte aber noch eine ganze Weile ein Streitobjekt zwischen den isländischen Polizeibehörden und dem Militär auf dem Stützpunkt in Keflavík dar.
    Von Steve hieß es, er sei in der Nähe des Andrews-Kinos auf der Basis gefunden worden, ein unbekannter Täter habe ihm eine Kugel in den Kopf gejagt. Seine Leiche war zur Bestattung in die Heimat überführt worden.
    Was Kristín in den nächsten Jahren auch unternahm, über das deutsche Flugzeug bewahrte sie vollständiges Stillschweigen.
    Sie beschäftigte
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