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Glauben Sie noch an die Liebe

Glauben Sie noch an die Liebe

Titel: Glauben Sie noch an die Liebe
Autoren: Jan Philipp Burgard , Justus Bender
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gemacht, ich habe Salat gemacht, ich habe ihre Socken gewaschen, ihre Nylonstrümpfe, ich habe verdammt noch mal ihre Slips mit Menstruationsblut eingeweicht. Es ist nicht so, dass ich der klinische Liebesabenteurer bin. Ich habe staubgesaugt, ich habe die Bettwäsche gewechselt, ich habe ihre Sachen gebügelt, ich habe ihr Kind aus der ersten Ehe mit großgezogen. Es war mehr als die öde Existenz, und ich wollte viel mehr, ich wollte, dass sie glücklich ist.
    Warum war dieses Glück nicht von Dauer?
    Plötzlich war da nicht mehr das Verlangen, es ging es nur noch darum, den Alltag zu bewältigen. Plötzlich sprach sie in einem bestimmten Ton, wie mit einem Gebrauchsgegenstand. Das Ende war schlimm, das ist jetzt ein paar Jahre her.
    Was war der Auslöser für das Ende der Beziehung?
    Irgendwann wollte sie keine getrennten Wohnungen mehr, sie wollte, dass wir zusammenziehen, sie wollte, dass es ernster wird, sie wollte noch ein Kind, sie wollte heiraten. Nichts davon wollte ich. Ich habe ihr das gesagt, und sie hat es dann noch eine Weile ausgehalten mit mir.
    Also hat sie den Fehler gemacht, nicht ehrlich zu sich selbst zu sein, weil sie es noch mit Ihnen ausgehalten hat?
    Ich glaube nicht. Ich sehe die Schuld immer bei mir. Sie war immer klar, ich glaube, die Frauen sind sehr klar. Das sentimentale Geschlecht sind die Männer. Wir schwimmen, wir sind berauscht, wir sind so von all diesen Reizen durchflutet, und wir möchten nicht, dass es vorbeigeht. Wir sind gleichzeitig schweinisch und säuisch, wir möchten der Frau die Fetzen vom Leib reißen, wir möchten über sie herfallen. Die Unehrlichkeit sehe ich bei mir, weil ich geglaubt habe, das über einen längeren Zeitraum verschleppen zu können, das wird schon irgendwie. Das ist ja voll bekloppt. Und das war schmerzhaft für sie.
    Warum?
    Weil ich dann nicht treu war.
    Ist Treue aus Ihrer Sicht also gar nicht möglich?
    Monogamie über eine lange Zeit ist eine verdammte Lüge. Es ist nicht so, dass sie nicht klappen kann, aber sie macht die Betreffenden so unglücklich. Ganz unabhängig von mir und anderen idyllenskeptischen Menschen, die trotzdem für sich in Anspruch nehmen, romantisch zu sein. Es klappt objektiv nicht. Monogamie ist eine Lüge, für Mann wie für Frau.
    Wie hat Ihre damalige Freundin reagiert?
    Sie hat gesagt: »Wie gerne hätte ich das gehabt, dich als Vater meines Kindes zu sehen. Und du hast es nicht zugelassen. Du hast es verunmöglicht.«
    War die Trennung auch für Sie schmerzhaft?
    Wenn ich so rede, dann rede ich als einer, der geliebt hat, geblüht hat, dann Blut gekotzt hat, und keiner war da, der mir das Tränentüchlein gereicht hätte. Ich habe das kalte Feuer in mir gehabt. Weder das Gewaltschreiben noch das Zeichnen hat mir geholfen, und ich habe still geheult. Jungs sollten in der Öffentlichkeit nicht heulen. Ich dachte wirklich, ich sterbe, ich hatte Herzschmerzen, ich konnte nicht schlafen, ich hatte Albträume, ich hatte keinen Appetit mehr, ich hatte keine Lust mehr, ich habe nicht geschmeckt, was ich gegessen habe, und ich habe mir sogar vorgestellt, dass sie schon den Nächsten hat. Es wurde immer schlimmer.
    Wenn Sie so gelitten haben, warum sind Sie dann nicht einfach mit ihr zusammengezogen?
    Es hat nichts mit Feigheit zu tun. Mutiger ist es, wegzugehen, auch auf die Gefahr hin, alles zu verlieren. Ich kriege keine Luft, wenn ich mit einer Frau unter einem Dach lebe, das geht nicht.
    Was genau würde Sie denn stören? Dass die Frau Ihren Tagesablauf beeinflusst und sagt: »So, jetzt ist es zwanzig Uhr, und wir müssen die Tagesschau sehen«?
    Meistens ist es der Mann, der sich aufs Sofa setzt und Fernsehen guckt. Die Frau muss ja auch einiges ertragen. Es betrifft beide.
    Aber wovor haben Sie Angst?
    Ich habe keine Angst, ich mag es nicht.
    Was konkret mögen Sie nicht am Zusammenleben mit einer Frau?
    Wisst ihr, wie mein Tag aussieht? Morgens nach dem Aufstehen, noch nicht ganz wach, zeichnen, malen, noch unbewusst, erst einen Kaffee hier trinken, dann los, frühstücken, dann herkommen, zweieinhalb bis viereinhalb Seiten schreiben, vormittags Prosa, nachmittags Theaterstücke, dann wieder zeichnen, dann Gespräche, dann Koffer packen, dann in die Stadt, dann spülen, dann Koffer packen. Oder dann ins Bett gehen, plötzlich fällt mir etwas ein, dann aufstehen, um zwei Uhr, egal, aufschreiben. Es ist eine Sucht, es ist ein Sog.
    Er sagt das in einem Ton, als wolle er uns beschwören, als könnte auch uns dieser Sog
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