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Glauben Sie noch an die Liebe

Glauben Sie noch an die Liebe

Titel: Glauben Sie noch an die Liebe
Autoren: Jan Philipp Burgard , Justus Bender
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miteinander und versteht sich, und fertig ist die Laube. Ich glaube, diejenigen, die immer nach einem Rezept für die Liebe suchen, werden sie nicht finden, und die werden auch nie eine lange, gute Beziehung führen, weil sie zu beschäftigt sind mit der Suche. So einfach ist das.
    Christian Möstl geht mit dem Mund so nah an unser Diktiergerät heran, dass seine Barthaare es fast berühren.
    Ist das angekommen?
    Das ist angekommen, danke! Und trotzdem: Frau Knuppe, gibt es Ihrer Erfahrung nach ein Erfolgsgeheimnis für die Liebe?
    Man muss an einer Beziehung arbeiten. Es gibt viele Paare, die sich schon nach der kleinsten Diskussion oder Meinungsverschiedenheit trennen. Ich finde, man muss über alles reden können und dabei auch mal laut werden dürfen. Das Prinzip »schöne heile Welt« funktioniert nicht auf Dauer, man muss auch mal was rausbrüllen, sonst frisst man sein Problem in sich hinein. Probleme gehören zu einer Beziehung dazu, und bei mehr als zehn Jahren Beziehung hast du immer mal irgendein Problem. Genauso wichtig ist es auch, zu wissen, wann man besser den Mund hält, wann man den Partner in Ruhe lassen muss. Insgesamt teile ich aber Christians Auffassung: Wir machen aus der Liebe keine große Philosophie – vielleicht ist das unser Erfolgsgeheimnis.

FERIDUN ZAIMOGLU
    »Seid ehrlich und scheißt auf den Haussegen!«
    Voller Vorfreude stehen wir in Kiel vor einem Mehrfamilienhaus mit schöner Jugendstilfassade, dem etwas frische Farbe gut stehen würde, und klingeln bei Feridun Zaimoglu. Wer, wenn nicht der Schriftsteller, müsste uns verraten können, ob es sie wirklich gibt, die wahre, die ewige Liebe. Schließlich lebt er nicht nur mit, sondern auch von ihr. Er verdient sein Brot damit, das Rauschhafte der Liebe und ihre Abgründe zu erfassen, das oft Unbeschreibliche in Bücher zu gießen.
    Feridun Zaimoglu ist einer der bedeutendsten zeitgenössischen deutschen Schriftsteller. Geboren wird er 1964 im anatolischen Bolu, die Eltern suchen als Metallarbeiter und Putzfrau in Deutschland ihr Glück. Feridun Zaimoglu studiert Medizin in Kiel, bricht nach dem Physikum ab, studiert Kunst und fliegt gleich zweimal von der Akademie, weil er die Bilder der Professoren als »blöde Angestelltenkunst« bezeichnet. Heute malt und zeichnet er selbst wieder viel, seine Werke werden auch ausgestellt. In seinem 2010 erschienenen Roman »Liebesbrand« erzählt er die Geschichte des ehemaligen Börsenmaklers David, der bei einem Busunglück in der Türkei fast ums Leben kommt. Der Autor hat diesen Unfall tatsächlich erlebt. Gerettet wird der Protagonist seines Buches von einer jungen, schönen Frau, die nach der Erstversorgung verschwindet. In David lodert ein Feuer auf, er macht sich auf die Suche nach der engelsgleichen Erscheinung, besessen von der Idee, in ihr seine große Liebe gefunden zu haben.
    Wir sind zu spät, die Bahn war wieder mal unpünktlich, aber Feridun Zaimoglu nimmt es uns nicht übel. In seinen Augen sehen wir die Herzlichkeit eines Schamanen, der sich darüber freut, dass zwei junge Männer seinen Rat suchen. »Ich kann euch lösliche Mörderbrühe anbieten. Zucker muss ich gucken.« Wir begnügen uns mit Leitungswasser. Der Schriftsteller führt uns durch seine eher karge Dreizimmerwohnung. Auf dem Weg ins Arbeitszimmer sehen wir, dass er neben seinem Bett eine große Wäschespinne aufgeklappt hat, auf der in der hereinziehenden schwülen Sommerluft schwarze T-Shirts und schwarze Socken trocknen.
    Sie schreiben preisgekrönte Liebesromane, leben aber offenbar wie ein eingefleischter Junggeselle. Sehnen Sie sich nicht nach einer Frau, die Ihnen ein Nest bereitet, Ihnen bei der Wäsche hilft?
    Meine Socken, meine Unterwäsche kann ich selber waschen, ich kann selber aufräumen, ich kann selber für mich sorgen, ich kann selber mein Leben organisieren, ich brauche keinen Mutterersatz, ich brauche keine Lebenskrücke, und ich glaube, das brauchen die wenigsten. Dabei bin ich kein Mensch der Prinzipien. Ich kann nur sehen, was mich frei macht, ich kann nur sehen was mich glücklich macht, und ich kann jetzt, mit siebenundvierzig Jahren, nicht nur sagen, was ich nicht will, sondern, was ich will.
    Was wollen Sie denn?
    Ich will Frauen lieben, begehren, sie verschlingen, mich nach ihnen verzehren. Ich will nicht das Leben von Daddy und Mummy, ich will ein Leben von Mann und Frau. Wenn ich eine Frau sehe, will ich sie begehren und nicht denken: »O Gott, heute Nacht wieder.« Aber in den meisten
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