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Glaube, Liebe, Mafia: Ein Fall für Josif Bondar

Glaube, Liebe, Mafia: Ein Fall für Josif Bondar

Titel: Glaube, Liebe, Mafia: Ein Fall für Josif Bondar
Autoren: Mark Zak
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Wenn sie zusammen im Bett lägen, würde sie ihm vom Ausbleiben der Periode erzählen können. Josif spürte ihren Wunsch, wollte aber unbedingt nach Mülheim, weil er Ahmet versprochen hatte, sich heute noch sein demoliertes Taxi anzuschauen. Natürlich ging das Berufliche vor, das war bei Judith ja nicht anders. Ihr das direkt zu sagen, war aber trotzdem unangenehm.
    Am Schauspielertisch klingelte ein Handy.
    »Was?! Verdammte Scheiße!«, schrie Sandini ins Telefon und sprang auf. »Das darf doch nicht wahr sein! Bin gleich da.«
    Alle starrten ihn an.
    »Die Polizei. Das Theater brennt«, stammelte er und rannte hinaus. Einige Schauspieler folgten ihm. Die anderen blieben geschockt am Tisch sitzen.
    »Da siehst du, wozu deine christlichen Glaubensbrüder fähig sind«, sagte Josif.
    »Oder Schwestern«, entgegnete Judith.
    Giovanni brachte zwei Ramazzotti und die Rechnung.
    »Wollen wir uns das Feuerchen anschauen?«, fragte Josif, trank den Digestif mit einem Schluck aus und griff nach seiner Brieftasche.
    »Na gut. Obwohl Brandstiftung eigentlich nicht meine Zuständigkeit ist … Lass stecken, ich zahle … Mhm …«, genüsslich leckte sie den Löffel mit dem angeblich besten Tiramisu in Köln ab.
    9
    Ahmet trauerte. Es war drei Uhr nachts, kalt, stockfinster und nass. Er saß auf einem Campingstuhl neben seinem Taxi wie neben dem Sarg eines Familienmitglieds. In der Hand hielt er einen kleinen rosaroten Kinderregenschirm, den ihm seine Frau Perin aufgezwungen hatte. Die alte Fabrikmauer, an der das Auto geparkt war, verstärkte den Eindruck eines Friedhofs noch. In der menschenleeren Holweider Straße, einer kleinen Gasse, die von der Keupstraße abging, gab es keine Laternen. Ahmets Schnurrbart, nass und schwer, zeigte eindeutig nach unten.
    »Was soll ich jetzt machen, Josif?«, fragte er leise, ohne aufzublicken. Seine schönen langen Wimpern waren voller Wassertropfen. Josif schaute sich das Auto an. Es war ein Wrack, ein Skelett. Räder, Türen, Spiegel, Radio, Navi, Vordersitze, Wischblätter und sogar der Benzstern waren abmontiert worden. Ein gespraytes Hakenkreuz zierte die Windschutzscheibe. Unter dem Scheibenwischerarm klemmte ein Stück Papier: »hau ab du türken Schwein Deutschland für Deutsche!« war auf der Innenseite einer Zigarettenschachtel mit Kugelschreiber geschrieben. Josif nahm vorsichtig den nassen Zettel ab und steckte ihn in eine leere Taschentücherpackung.
    »Josif, ich habe drei kleine Kinder. Wie soll ich sie ernähren?«, fragte Ahmet mit zittriger Stimme.
    »Ahmet, das Baby wird doch noch gestillt, oder?«
    »Ja.«
    »Siehst du, dann sind es ja nur zwei Kinder, die du ernähren musst. Ist also nicht ganz so schlimm. Hast du der Versicherung Bescheid gesagt?«
    »Nein, zuerst müsste ich bei der Polizei Anzeige erstatten.«
    »Hast du das gemacht?«
    »Nein, das geht nicht. Ich habe doch seit Karneval Fahrverbot bis zur Gerichtsverhandlung, wegen der sächsischen Domina. Und bin natürlich trotzdem die ganze Zeit gefahren. Wenn Polizei oder Versicherung nachforschen … ist ja alles in der Taxizentrale gespeichert. Dann ist der Taxischein für immer weg …«
    »Es tut mir leid, Ahmet, ich schau mal, was ich tun kann.«
    »Weißt du noch, damals im Juni 2004, diese Nagelbombe … Ich war gerade an dem Laden vorbei, war 100 Meter entfernt … Und jetzt schlagen die Nazis wieder zu!«
    Seine Trauer verwandelte sich langsam in Wut. Josif hielt das für ein gutes Zeichen.
    »Wir lassen uns nicht unterkriegen, Ahmet. Wir nicht, stimmt’s? Komm, gehen wir nach Hause.«
    Ahmet klappte den Stuhl zusammen und folgte Josif. Es hatte aufgehört zu regnen. Den kleinen rosaroten Regenschirm hielt er sich, geistesabwesend, immer noch über den Kopf.
    10
    Um neun wurde Josif von Silvia geweckt, die kurz an seine Schlafzimmertür klopfte und, ohne eine Antwort abzuwarten, eintrat – nackt.
    »Aufstehen. Herr Çoban ist am Telefon.«
    »Ich stehe nicht auf, bevor du dich nicht angezogen hast.«
    »Das ist Erpressung.«
    »Keine Diskussion. Zieh dich an. Was will der?«
    »Die Miete für April ist nicht überwiesen worden.«
    »Sag ihm, er soll in einer halben Stunde anrufen.«
    Josif fühlte sich zerschlagen. Die Panikattacke, Disharmonie mit Judith, Ahmets Autowrack, dazu der Alkohol und schlechter Schlaf …
    Er zwang sich aufzustehen, ging ins Bad, duschte ausgiebig sehr heiß und dann lange kalt.
    »Kommst du frühstücken, Josif? Steht schon alles auf dem Tisch. Ich habe für dich
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