Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gilbert, Elizabeth

Gilbert, Elizabeth

Titel: Gilbert, Elizabeth
Autoren: Love Pray Eat
Vom Netzwerk:
Dollar, die
ich, meine Familie und meine besten Freunde aufgebracht haben, auf Wayans
Bankkonto, umgetauscht in indonesische Rupien, eine Währung, die immer wieder
unangekündigt abgewertet wurde und sich in Nichts aufgelöst hat. Und im
September, in etwa drei Wochen, kurz vor oder nach meiner Abreise, soll Wayan
zwangsgeräumt werden.
    Wayan ist für die Bewältigung dieser Schwierigkeiten kaum
besser gerüstet als ich. Zum einen ist sie Heilerin und kein Immobilienhai; ihr
fehlen die Reißzähne. Sie tut sich schwer, ein Stück Land zu finden, das sie
für geeignet hält. Von allen praktischen Erwägungen einmal abgesehen, muss sie
auch den taksu - den Geist - jedes Ortes prüfen.
Da Wayan Heilerin ist, ist ihr Sinn für den taksu sehr stark
ausgeprägt. Ich hatte einen Platz gefunden, den ich für perfekt hielt, Wayan
aber behauptete, er sei von bösen Geistern besetzt. Das nächste Grundstück
lehnte sie ab, weil es sich zu nah an einem Fluss befand, wo die Dämonen
hausen. (Nach der Besichtigung des Landes, erzählte Wayan, habe sie in der
Nacht von einer weinenden schönen Frau in zerrissenen Kleidern geträumt, und
danach stand für sie fest: Wir können das Grundstück nicht kaufen.) Dann
fanden wir einen hübschen kleinen Laden in Stadtnähe, samt Hinterhof und allem,
was dazugehört, doch lag er an einer Straßenecke, und nur ein Mensch, der
Bankrott gehen oder jung sterben will, würde je in ein Eckhaus ziehen. Wie ja
allseits bekannt.
    »Versuch gar nicht erst, ihr das auszureden«, riet mir
Felipe. »Glaub mir, Darling. Misch dich nicht ein, wenn es um die Balinesen und
ihr taksu geht.«
    Letzte Woche dann fand Felipe einen Platz, der sämtliche
Kriterien exakt zu erfüllen schien - ein kleines hübsches Stück Land, das nahe
dem Stadtzentrum von Übud an einer ruhigen Straße neben einem Reisfeld lag und
reichlich Platz für einen Garten bot. Es war perfekt und durchaus erschwinglich.
Als ich Wayan fragte: »Sollen wir es kaufen?«, erwiderte sie: »Weiß nicht, Liz.
Solche Entscheidung braucht Zeit. Ich muss zuerst mit Priester sprechen.«
    Sie müsse einen Priester zu Rate ziehen, erklärte sie mir,
um einen glückbringenden Tag für den Erwerb des Grundstücks zu ermitteln -
falls sie sich für den Kauf entscheide. Weil auf Bali nichts Wichtiges erledigt
werden kann, bevor nicht ein glückverheißender Tag dafür bestimmt wurde.
    Wer das für Unsinn hält, ziehe bitte Folgendes in
Betracht: Alle hundert Jahre vollziehen die Balinesen an den Hängen des Mount Agung
- des Muttervulkans - ihre wichtigste religiöse Zeremonie. Diese trägt den
Namen Eka Desa Rudra und soll lediglich sicherstellen,
dass sich die Erde ein weiteres Jahrhundert ordnungsgemäß um ihre Achse dreht.
Im Jahr 1963 fand diese Zeremonie das letzte Mal statt; die Priester
versammelten sich, befragten die Sterne und wählten ein glückbringendes Datum
im März, um das Ereignis zu begehen. Der indonesische Diktator Sukarno erzwang
jedoch eine Änderung dieses Datums, auf dass es mit einer Tagung
internationaler Reiseunternehmer zusammenfalle, vor denen er - zur Förderung
des Tourismus - mit der wunderbaren balinesischen Kultur zu prahlen gedachte.
Den Priestern, die ja nicht verhaftet werden wollten, blieb nichts anderes
übrig, als das Datum zu ändern. Am Tag der Zeremonie, dem von Sukarno gewählten
Datum, entlud sich die Wut des (offensichtlich) erzürnten Vulkans und tötete
Tausende, zerstörte unzählige Häuser und - Gott sei's geklagt - ruinierte den
Urlaub der zu Besuch weilenden Reiseunternehmer.
    Wenn Wayan daher sagt, sie warte auf ein glückverheißendes
Datum, so meint sie das ernst. Allerdings kann sie den Priester erst dann nach
dem Datum fragen, wenn sie sich definitiv entschieden hat, am besagten Ort zu
leben. Wozu sie sich nicht durchringen kann, ehe sie nicht einen glückverheißenden
Traum gehabt hat. Eingedenk meiner knapper werdenden Tage auf Bali fragte ich
Wayan wie eine echte New Yorkerin: »Wie schnell lässt sich das arrangieren?«
    Wayan erwiderte wie eine typische Balinesin: »Geht nicht
schnell.« Obwohl, sinnierte sie, es hilfreich sein könnte, in einem der
Haupttempel Balis ein Opfer darzubringen und die Götter um einen solchen Traum
zu bitten ...
    »Okay«, sagte ich, »morgen kann Felipe dich zu einem der
Haupttempel fahren, und du kannst ein Opfer darreichen und die Götter bitten,
dir einen glückbringenden Traum zu bescheren.«
    Sehr gerne täte sie das, meinte Wayan. Es sei eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher