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Gilbert, Elizabeth

Gilbert, Elizabeth

Titel: Gilbert, Elizabeth
Autoren: Love Pray Eat
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das ich mag. Es schmeichelt mir, aber ich bin mir nicht sicher,
wie sehr es wirklich auf mich zutrifft. Eins aber weiß ich: Etwas in mir hat
sich immer gewünscht, dass ein Mann mir sagt: »Lass mich für immer für dich
sorgen«, und keiner hat es mir bisher gesagt. Vor einigen Jahren hatte ich die
Suche nach einem solchen Menschen schließlich aufgegeben und war dazu
übergegangen, mich selbst mit diesem Satz aufzumuntern, vor allem in Zeiten der
Angst. Aber ihn jetzt von einem anderen zu hören, von einem, der es ernst
meint...
    Über all das habe ich gestern Abend, als Felipe eingeschlafen
war und ich eingerollt neben im lag, nachgedacht und mich gefragt, was wohl aus
uns werden würde. Wie könnte unsere Zukunft aussehen? Wo würden wir leben? Und
würde ich, falls ich mich dauerhaft mit ihm einließ, meine spirituellen oder
künstlerischen Vorhaben vernachlässigen? Würde diese Liebesgeschichte einen
hohen Preis von mir fordern? Auch der Altersunterschied war zu berücksichtigen.
Für Felipe schien er - natürlich - kein Problem darzustellen. Und als ich
vorgestern meine Mutter anrief, um ihr zu erzählen, dass ich einen wirklich
netten Mann kennen gelernt hätte, der aber - jetzt halt dich fest, Mom! -
zweiundfünfzig ist, reagierte sie völlig unbeeindruckt und meinte lediglich:
»Tja, Liz, auch ich hab Neuigkeiten für dich. Du bist
inzwischen fünfunddreißig.« (Ausgezeichnet beobachtet, Mom. Ich hab Glück, wenn
ich in diesem hohen Alter überhaupt noch einen abkriege ...) Ehrlich gesagt
stört mich der Altersunterschied aber gar nicht. Es gefällt mir sogar, dass
Felipe so viel älter ist. Ich finde es sexy. Und fühle mich irgendwie ... französisch dabei.
    Was wird wohl aus uns werden?
    Und warum mache ich mir überhaupt Sorgen?
    Nach einer Weile hörte ich auf, über all das nachzudenken,
und umarmte ihn einfach, während er schlief. Ich bin
dabei, mich in diesen Mann zu verlieben. Dann schlief auch ich ein und
hatte zwei denkwürdige Träume.
    Beide handelten von meinen Gurus. Im ersten Traum teilte
mir meine Meisterin mit, dass sie ihren Ashram schließen wolle und dass sie in
Zukunft weder Vorträge halten noch lehren noch Bücher veröffentlichen werde.
Ihren Schülern hielt sie noch einen letzten Vortrag, in dem sie sagte: »Ihr
habt jetzt genügend Lehren gehört. Ihr habt alles gelernt, was ihr braucht, um
frei zu sein. Es wird nun Zeit für euch, in die Welt hinauszugehen und ein
glückliches Leben zu führen.«
    Der zweite Traum war sogar noch unmissverständlicher. In
einem tollen New Yorker Restaurant saß ich mit Felipe beim Essen. Fröhlich
plaudernd und lachend genossen wir ein wunderbares Dinner, bestehend aus
Lammkoteletts, Artischocken und edlem Wein. Da ließ ich meinen Blick durch den
Raum schweifen und entdeckte Swamiji, den seit 1982 verstorbenen Guru meiner
Meisterin. An diesem Abend jedoch saß er quicklebendig in diesem schnieken New
Yorker Restaurant! Mit ein paar Freunden (natürlich ebenfalls New Yorker) aß er
zu Abend, und so fröhlich plaudernd und lachend, wie sie da saßen, schienen
sie sich prächtig zu amüsieren. Unsere Blicke begegneten sich, und Swamiji
lachte zu mir herüber, hob sein Weinglas und prostete mir zu.
    Und dann formte dieser kleine indische Guru, der in seinem
Leben wenig Englisch gesprochen hatte, ganz deutlich mit den Lippen die Worte:
    Genieß es!
     
    105
     
    Wie lange habe ich Ketut Liyer schon nicht mehr gesehen!
Seit mich die Beziehung zu Felipe und der Versuch, für Wayan ein Haus oder
Grundstück zu finden, derart in Anspruch nehmen, gehören die langen
Nachmittage auf der Veranda des Medizinmanns, die ziellos mäandernden Gespräche
über Spiritualität der Vergangenheit an. Zwar habe ich noch ein paar Mal bei
ihm vorbeigeschaut, um Hallo zu sagen und seiner Frau Obst vorbeizubringen,
aber seit Juni haben wir kein richtiges Gespräch mehr geführt.
    Mir fehlt der Alte, so dass ich an diesem Morgen bei ihm
vorbeischaue. Wie immer begrüßt er mich mit einem strahlenden Lächeln und
meint: »Ich freue mich sehr, dich kennen zu lernen!« (Ich kann es ihm einfach
nicht abgewöhnen.)
    »Ich freue mich auch, dich zu sehen, Ketut.«
    »Du reist bald ab, Liss?«
    »Ja, Ketut. In knapp zwei Wochen. Deswegen bin ich heute
gekommen. Ich wollte dir danken für alles. Ohne dich wäre ich nie nach Bali
zurückgekehrt. Und Bali hat mich so glücklich gemacht.«
    »Sowieso du kommst wieder nach Bali«, sagt er völlig
überzeugt und ohne jedes Pathos.
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