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Gilbert, Elizabeth

Gilbert, Elizabeth

Titel: Gilbert, Elizabeth
Autoren: Love Pray Eat
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großartige
Idee. Nur ein Problem gebe es da noch: Sie dürfe vor Ablauf der Woche keinen
Tempel betreten.
    Weil sie ... ihre Regel hat.
     
    104
     
    Vielleicht kann ich nicht so recht vermitteln, was für ein
Mordsspaß das alles ist. Es ist so seltsam und befriedigend und lustig, all
diese kulturellen Eigenheiten kennen zu lernen. Aber vielleicht genieße ich
diesen surrealen Moment meines Lebens auch nur deshalb so sehr, weil ich gerade
zufällig in jemanden verliebt bin, denn das lässt die Welt ja bekanntlich -
egal, wie verrückt sie eigentlich ist - in erfreulicherem Licht erscheinen.
    Felipes Art, mit Wayans Immobiliensuche umzugehen, hat
etwas, das uns zusammenwachsen lässt wie ein wirkliches Paar. Was aus dieser
ausgeflippten balinesischen Medizinfrau wird, geht ihn ja eigentlich nichts
an. Er ist Geschäftsmann. Er hat es geschafft, fünf Jahre lang auf Bali zu
leben, ohne sich allzu sehr von den komplexen Ritualen der Balinesen
beeindrucken zu lassen, auf einmal aber watet er mit mir knietief durch
balinesische Reisfelder und versucht, einen Priester zu finden, der Wayan ein
glückbringendes Datum nennen kann ... Er ist wirklich ein feiner Kerl. Wie
seltsam das Leben doch manchmal spielt und zu welch eigenartigen Anlässen es
zwei Menschen bisweilen zusammenführt. Wie kommt dieser nette Australier
brasilianischer Herkunft dazu, einer New Yorkerin dabei zu helfen, für eine
balinesische Geschiedene und ihre Waisenkinder ein Grundstück zu kaufen?
    »Bevor du hier aufgekreuzt bist, war ich mit meinem langweiligen
Leben völlig zufrieden.«
    Früher habe er sich matt gefühlt, seine Zeit totgeschlagen
wie eine Figur aus einem Roman von Graham Greene. Diese Trägheit habe
aufgehört, als wir einander vorgestellt wurden. Und nun, da wir zusammen sind,
erzählt er mir seine Version unserer ersten Begegnung, eine köstliche Geschichte.
Erzählt, wie er mich - die ich ihm den Rücken zuwandte - auf jener Party
erblickte und dass ich nicht einmal den Kopf wenden und ihm mein Gesicht zeigen
musste und er schon tief in den Eingeweiden spürte: Das ist meine Frau. Um die
zu kriegen, werde ich alles tun. Erzählt, dass er sich nie um eine Frau bemüht
habe wie um mich, immer gewartet habe, bis die Frau sich in ihn verliebte. Aber
mir habe er entschlossen den Hof gemacht und mich tatsächlich bekommen.
    »Und es war kinderleicht«, sagt er. »Ich musste nur wochenlang
bitten und betteln.«
    »Du hast nicht gebettelt.«
    Er spricht von jenem ersten Abend, als wir tanzen gingen
und er zusehen musste, wie ich mich immer heftiger in diesen hübschen Schotten
verguckte und wie er dabei immer mutloser wurde und dachte: Da lege ich mich
ins Zeug, um diese Frau zu verführen, und jetzt schnappt sie mir dieser
Frischling einfach weg und wird sie derart ins Chaos stürzen - ach, wenn sie
nur wüsste, wie viel Liebe ich ihr zu geben habe.
    Und das hat er. Er hat solche ungeheuren Reserven an Liebe
und Zärtlichkeit. Er ist der zärtlichste Mensch, den ich je getroffen habe,
mich selbst eingeschlossen. Er ist von Natur aus fürsorglich, und schon nach
wenigen Tagen merke ich, wie er mich regelrecht zu umkreisen beginnt, seinen
Kompass vor allem nach mir ausrichtet und immer mehr in die Rolle meines
Kavaliers hineinwächst.
    Es ist wunderbar, so verwöhnt zu werden. Aber es macht mir
auch Angst. Manchmal höre ich ihn, während ich oben herumliege und lese, unten
kochen, er pfeift eine fröhliche brasilianische Samba und ruft: »Darling,
willst du noch ein Glas Wein?« Und ich frage mich, ob ich überhaupt imstande
bin, jemandes Sonne, jemandes Ein und Alles zu sein. Bin ich denn inzwischen
zentriert genug, um der Lebensmittelpunkt eines anderen zu sein? Ich weiß
nicht, wie ich mit meinen Ängsten umgehen soll, doch als ich es eines Abends
ansprach, meinte er: »Hab ich das etwa von dir verlangt, Darling? Hab ich dich
gebeten, Mittelpunkt meines Lebens zu sein?«
    Sofort schämte ich mich meiner Anmaßung, schämte mich,
dass ich mir eingebildet hatte, er wolle, ich bliebe für immer, damit er in
alle Ewigkeit meine Launen befriedigen könne.
    »Tut mir Leid«, sagte ich. »Das war ein bisschen überheblich,
nicht wahr?«
    »Ein bisschen«, räumte er ein und küsste mich aufs Ohr.
»Aber im Grunde nicht allzu sehr. Natürlich müssen wir darüber reden, Darling,
denn die Wahrheit ist: Ich bin wahnsinnig in dich verliebt.« Ich erbleichte,
und er machte schnell einen Witz, um mich zu beruhigen: »Ich meine das
natürlich rein
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