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Rolf Torring 085 - Der Meeres-Spuk

Rolf Torring 085 - Der Meeres-Spuk

Titel: Rolf Torring 085 - Der Meeres-Spuk
Autoren: Hans Warren
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      1. Kapitel Am „Gulf of Cambay"  
     
      Ich hatte nicht erwartet, daß wir so rasch ein neues Ziel finden und von Bombay aus nach Norden fahren würden, nachdem wir von Indore aus die Bahn nach Bombay genommen hatten.  
      Wenn wir auch oft verwünschten, daß wir durch viele Zeitungsberichte in Indien schon zu sehr bekannt waren, weil uns mehrfach schon Unannehmlichkeiten daraus erwachsen waren, so konnte es andererseits Vorteile haben, daß wir überall schnell erkannt wurden. Sonst hätte uns vielleicht der Tigerjäger nicht im Vestibül des Hotels, in dem wir Quartier genommen hatten, angesprochen.  
      Durch das ehrfurchtsvolle Benehmen der Hotelangestellten ihm gegenüber waren wir bereits auf ihn aufmerksam geworden, auch durch das Wispern und Raunen, das sich unter den Gästen erhob, wenn er vorbeischritt. Seine große, schlanke Gestalt mit den geschmeidigen Bewegungen hatte sofort Eindruck auf mich gemacht. Sein Gesicht konnte man nicht vergessen, wenn man es einmal gesehen hatte: es war braungebrannt, und von der linken Schläfe zur rechten Kinnspitze liefen drei schmale, weiße Narben. Am meisten aber fielen die kühnen, dunklen Augen auf.  
      „James Rice," stellte er sich vor. Den Namen hatte ich irgendwo schon gehört oder gelesen. Richtig, ein Leutnant Rice war vor fünfundzwanzig Jahren der bekannnteste Tigerjäger Indiens gewesen.  
      Der Mann, der vor uns stand, mußte ein Verwandter des kühnen Mannes sein, der den gleichen Familiennamen trug. Als er sich vorgestellt hatte, fuhr er denn auch fort:  
      „Ich bin der Sohn des Leutnant Rice, der sich in Indien als Tigerjäger einen Namen gemacht hat. Vom Ruhme meines Vaters fällt immer noch ein Abglanz auf mich. Ich habe zwar auch schon eine Menge Tigerjagden hinter mir, aber das bedeutet nichts gegen die Taten meines Vaters, der mit weit weniger guten Waffen die gefährliche Jagd ausübte. Ich selber habe oft die Büchse mit der Kamera vertauscht. Mich interessiert das Leben der Tiere weit mehr als ihr Tod."  
      „Die Narben in Ihrem Gesicht beweisen," bemerkte Rolf, „daß Sie mit einem Tiger schon recht innige Bekanntschaft gemacht haben."  
      Rice lächelte, als wollte er sich entschuldigen:  
      „Ich mußte einen schwer verwundeten Tiger mit dem Messer angreifen. Er hatte meinen Jagdgefährten zwischen den Pranken und wälzte sich mit ihm auf dem Boden umher. Deshalb konnte ich nicht schießen."  
      Er sagte es sehr ruhig, rein erklärend, nicht, um von seinen Taten zu erzählen.  
      Der Mann gefiel mir auf den ersten Blick. Auch Rolfs Sympathie für ihn hörte ich sofort aus dem warmen Ton seiner Stimme heraus, mit dem er antwortete:  
      „Ich bin ehrlich erfreut, Sie kennen zu lernen. Mein Freund sicher auch. Wir haben zwar auch ein  
      paar Tiger erlegt, aber das war mehr Zufall, Gebot der Stunde, wenn Sie so wollen. Sie selbst haben sicher das Erbe Ihres Vaters im wahrsten Sinne des Wortes angetreten. Darf ich fragen, ob Sie ein besonderes Anliegen haben?" Rice nickte.  
      „Es handelt sich um eine merkwürdige Sache," sagte er. „Ich kann sie nur Männern wie Ihnen anvertrauen. Sie werden mich nicht auslachen."  
      „Auch uns sind in Indien Tatsachen bekannt geworden, die man in Europa nie glauben würde, die auch ich nicht geglaubt hätte, wenn ich mich nicht durch Augenschein hätte davon überzeugen können. Indien ist und bleibt das Land der Wunder und der Geheimnisse."  
      „Dann sind wir der gleichen Meinung," sagte Rice. „Ehe ich Ihnen erzähle, worum es sich handelt, darf ich eine Frage an Sie richten: Halten Sie es für möglich, daß in Indien Gorillas existieren?"  
      Die Frage klang ernsthaft. Ein Mann wie Rice stellte sie bestimmt nicht ohne triftigen Grund. Deshalb blieben auch wir ernst. Ich überlegte, ob sich nicht eine Brücke zwischen den Affen Asiens und denen Afrikas schlagen ließe. Aber der Gorilla, der größte aus der Familie der Menschenaffen, ist auf das Gebiet von Belgisch-Kongo beschränkt. Noch nie hat ein Forscher ihn oder einen ihm nahe verwandten Affen anderswo getroffen.  
      Wenn also Rice einen Gorilla in Indien getroffen hatte, konnte es sich nur um ein Exemplar handeln, das durch Menschen von Afrika nach Indien gebracht worden war. Ich überlegte, welchen Zweck ein Mensch damit verfolgt haben könnte, da sagte Rolf, in dem ähnliche Gedanken lebendig geworden waren:  
      „Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein
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