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Rolf Torring 085 - Der Meeres-Spuk

Rolf Torring 085 - Der Meeres-Spuk

Titel: Rolf Torring 085 - Der Meeres-Spuk
Autoren: Hans Warren
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erreichte, an der der Affe ins Meer hinein geschritten war, hatte er schon zwanzig Meter im Wasser zurückgelegt. Die leichten Wellen schlugen ihm bis zu den Hüften. Das Meer war an der Stelle also seicht. Ich wollte hinter dem Tiere her, da drehte es sich um.  
      Als der Affe sah, daß ich im Begriff stand, ihm auch in die Fluten zu folgen, fletschte er die Zähne. Meine Herren, ich habe Gorillas in Belgisch-Kongo erlebt. Es war der gleiche Anblick.  
      Das Mädchen in den Armen des Affen, ein blutjunges Ding, das bisher kein Zeichen einer Bewegung gegeben hatte, mußte erwachen oder vor Sekunden erwacht sein. Es stieß einen Schrei aus und wand sich verzweifelt, aus den behaarten Armen freizukommen, ungeachtet der Tatsache, daß es dann ins Wasser gerutscht wäre. Ich hatte den Eindruck, als ob das Mädel mich erblickt hätte und nach mir die Arme ausstreckte.  
      Ich lief ins Wasser hinein, um das Tier mit der Pistole oder — wenn es sein mußte — mit der bloßen Faust anzugreifen. Auf jeden Fall wollte ich das Mädchen befreien. Aber — und jetzt geschah das Unfaßliche: der Gorilla verschwand vor meinen Augen, als hätte ihn das Meer verschluckt  
      Ich habe mich hinterher oft gefragt, ob ich einer Halluzination zum Opfer gefallen war. Ich hatte so lebhaft an meine kleine Nichte gedacht, daß es schon hätte möglich sein können, daß meine überreizten Nerven mir ein Trugbild vorgegaukelt hätten. Aber es wäre das erste Mal in meinem Leben gewesen. Und so verwarf ich die Möglichkeit wieder, nachdem Ich ernsthaft über sie nachgedacht hatte.  
      Es muß eine ganze Weile gedauert haben, bis Ich mich von meiner Überraschung, Ich darf wohl sagen, von meinem Schrecken erholt hatte. Ich beachtete gar nicht mehr, daß ich im Wasser stand. Vergeblich fragte ich mich — und ich frage es mich heute noch —, wie es möglich war, daß der Gorilla mit seiner Beute spurlos im Meer verschwand.  
      Ich habe bisher zweiundsechzig Tiger geschossen und ebenso viele fotografiert oder gefilmt. Sie dürfen versichert sein, meine Herren, daß ich kaltblütig bin. Aber jetzt wußte ich nicht, was und wie es geschehen war. Mein letzter Fieberanfall lag mehr als zwei Monate zurück; er konnte also keine Nachwehen mehr bringen.  
      Tatsache bleibt, daß ich mit völlig klaren Sinnen den Gorilla aus dem nahen Felsen treten, am Strand entlang und ins Meer laufen sah. Tatsache bleibt, daß er ein ganz junges weibliches Wesen in den Armen hielt, daß das Wesen, als der Gorilla mit ihm zwanzig Meter ins Meer hinein gewatet war, aufschrie. Tatsache bleibt, daß der Affe mit einem Male vom Meer verschlungen wurde."  
      Rice schwieg. Er war mit seiner Erzählung zu Ende und strich sich über die Augen. Wie oft mochte er das in letzter Zeit getan haben, wenn er an das Erlebnis dachte.  
      Ob nicht doch eine Halluzination ihm alles nur vorgegaukelt hatte? Seine Nerven mußten durch die Tatsache des Verschwindens seiner Nichte überreizt sein.  
      Rice nahm die Hand von den Augen herunter. Er blickte Rolf und mich an und fügte seinem Bericht hinzu:  
      „Ich weiß, daß Sie denken, ein Fieberanfall könnte mir das klare Bewußtsein genommen haben. Ich selber habe, wie schon angedeutet, mir oft dasselbe gesagt  
      Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß ich das folgende auch nur in der Einbildung überreizter Nerven erlebt haben könnte.  
      Als ich zum Strand zurückgegangen war, sah ich frische Spuren im Sand, Abdrücke riesiger, menschenähnlicher Füße. Ich bin ein alter Fährtenleser und täusche mich nicht. Die Spuren konnten nur von einem Gorilla herrühren.  
      Wie war es nun möglich, daß der Gorilla so plötzlich verschwunden war? Er konnte in ein tiefes Loch im Meeresboden getreten sein. Ein unterirdischer Strudel konnte ihn ergriffen und hinweg gerissen haben. Dann hätte er aber irgendwann einmal wieder an der Oberfläche des Meeres auftauchen müssen. Lange starrte ich über die glitzernde Fläche. Nichts zeigte sich.  
      Ich beschloß, schnell die eingeborenen Polizisten zu holen, mit denen ich Tag für Tag Baroda und die Umgebung der Stadt durchforscht hatte, um mit ihnen zu der Stelle zu fahren, an der der Gorilla im Meer verschwunden war. Wenn wir lange Stangen und Netze geholt hätten, würde es möglich gewesen sein, nach dem so plötzlich verschwundenen Menschenaffen zu suchen. Aber es würde eine ganze Zeit gedauert haben, bis wir alles nötige Gerät zum gründlichen
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