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Giftkuss

Giftkuss

Titel: Giftkuss
Autoren: Zara Kavka
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nicht da. Mit dem Wagen brauche ich fünf Minuten zum Friedhof, ich parke in der Seitengasse direkt an der Friedhofsmauer. Die hohe Hecke schirmt mich ab. Über die Mauer klettern, ein Kinderspiel, die Schippe liegt im Auto. Dann Teichmanns Grab noch tiefer buddeln, nicht viel, aber etwas. Schließlich ihn über die Mauer hieven – der schwierigste Part. Die Tankstelle verdeckt zwar die Sicht, doch es kommt schon mal vor, dass sich jemand dahinter verirrt. Nicht drüber nachdenken, es wird klappen! Rein ins Loch. Sobald der alte Teichmann morgen Vormittag über ihm beerdigt ist, wird ein für alle Mal Schluss sein.
    Sie schaute auf die Uhr. Noch etwa zwei Stunden. Gerade als sie anfangen wollte, die abschließende Spurenbeseitigung durchzugehen, hörte sie den Schlüssel in der Haustür. Sie erstarrte.
    »Hallo? Ist da wer?«, hörte sie jemanden rufen.
    Anja. Oh nein! Sie hatte die Tür nicht zweimal abgeschlossen. Panisch schaute sie sich nach einem Versteck um, denn raus konnte sie nicht mehr, das Küchenfenster war von innen mit Kräutern und Blumen vollgestellt und auf die Schnelle nicht zu öffnen.
    Die Milch. Da stand noch die Milch neben dem Kühlschrank! Doch lediglich die Gedanken flogen. Ihr Körper blieb starr am selben Fleck, als würde er in alle vier Himmelsrichtungen gleichzeitig gezerrt werden.
    Klack-klack-klack. Anjas hochhackige Schuhe erzeugten ein bedrohliches Geräusch auf dem Marmorboden.
    »Katharina? Bist du da?«
    Die Jacke und die Schuhe! Sie hatte sie erkannt.
    »Ja«, antwortete Katharina automatisch und endlich löste sich ihre Starre. Sie griff im Schrank unter dem Spülstein nach dem erstbesten Putzmittel, dem Silberputztuch. Dann öffnete sie die Besteckschublade und begann, einen Kaffeelöffel zu polieren. Anja trat in die Küche.
    »Katharina, was machst du denn hier?«
    »Silber putzen. Deine Mutter hat mich darum gebeten.« Sie hatte ihre Stimme erstaunlicherweise gut im Griff und doch glaubte sie, für den Bruchteil einer Sekunde Zweifel in Anjas Augen zu sehen. Tatsächlich erwiderte sie etwas zögerlich: »Oh, davon hat sie gar nichts gesagt.«
    Aber ihr Gesicht hellte sich rasch wieder auf und sie fügte auf ihre unbeschwerte Weise hinzu: »Na ja, egal. Ich bin gleich wieder weg, hab nur was vergessen.«
    »Okay«, antwortete Katharina etwas zu laut, wie sie selbst fand. Geh!, schrie es in ihr. Geh! Und sie versuchte, nicht auf die Milchflasche zu schauen. Warum habe ich die nicht weggeräumt?
    Anja öffnete die Kühlschranktür.
    »Du wolltest doch um 19 Uhr bei Cleo sein, oder?«, fragte Katharina, während sie wie besessen den Kaffeelöffel mit dem Silberputztuch malträtierte.
    »Ja, aber ich hab was oben liegen lassen. Und Durst hab ich auch.«
    Anja durchstöberte den Kühlschrank.
    »Wie blöd! Gar nix da.«
    Mit einem leichten Plopp schloss sie die Tür wieder und sah nun die Milchtüte, griff danach und wollte sie öffnen. Sofort ließ Katharina ihre Putzutensilien fallen und riss Anja die Milchtüte aus der Hand.
    »Deine Mutter hat dir verboten, diese Milch zu trinken!«
    »Spinnst du?«
    Anja stand wie vom Donner gerührt da und schaute Katharina fassungslos an. Katharina umklammerte die Tüte und atmete schwer. Wie sollte sie Anja ihre übertriebene Reaktion erklären?
    »Entschuldige«, schickte sie schnell hinterher. »Ich wollte dich nicht so anschnauzen. Aber… diese Milch ist für deinen Stiefvater.«
    »Na und? Er ist nicht da, Mama ist nicht da, keiner wird merken, wenn ich was davon getrunken habe.«
    Katharina versteckte die Milch hinter ihrem Rücken und versuchte, Anjas Blick standzuhalten. Die Luft knisterte. Sie bemühte sich um einen harmlosen Gesichtsausdruck.
    »Was ist denn heute mit dir los?«, fragte Anja und beäugte sie argwöhnisch. Anja kannte sie gut genug, um zu spüren, dass etwas nicht stimmte, da war sich Katharina sicher. Sie muss weg. SOFORT!
    »Nichts ist los. Cleo wartet auf dich.«
    Anja sah sie unschlüssig an. Katharina bekam Angst, stellte die Milch neben ihr Silberputztuch und nahm das Tuch wieder in die eine, ein Messer in die andere Hand.
    »Katharina, wer bist du?«, fragte Anja plötzlich.
    Katharina rubbelte die Messerklinge mit dem Silberputztuch, als könnte sie auf diese Weise die letzten zwei Minuten wegschrubben.
    »Was meinst du?«
    Sie zwang sich, Anja anzusehen.
    »Irgendwas stimmt hier nicht«, sagte Anja leise.
    Sie brauchte jetzt eine gute Antwort, doch in Katharinas Kopf rauschte es nur. Sie nahm sich den
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