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Giftkuss

Giftkuss

Titel: Giftkuss
Autoren: Zara Kavka
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Sporthemd platzieren sollte. Für die Polizei war es dann nur noch ein Kinderspiel, ihn hinter Gitter zu bringen.
    Sie fuhr zu einem Waldstück, wo sie eine geeignete Müllhalde für die Schubkarre kannte, und fragte sich, ob der neue Plan besser war als der alte. Er war zwar aus der Not geboren, aber wenn ihr Vater nicht sterben würde, barg das die Möglichkeit einer Gegenüberstellung, einer Entschuldigung, einer Genugtuung. Und zwar einer richtigen, keiner durch Todesangst erzwungenen.
    Wenn doch nur Anja noch am Leben wäre…

2. Kapitel
    »Und vergiss nicht, die Herdplatte auszumachen.«
    »Mama, für Sushi braucht man keinen Herd.«
    »Du bist das ganze Wochenende allein, da wirst du ja auch mal den Herd benutzen.«
    »Hast recht, ich werde ihn ausmachen.« Cleo unterdrückte das Bedürfnis, mit den Augen zu rollen.
    »Und iss den Salat, ich hab dir extra deine Lieblingssalatsoße auf Vorrat gemixt.«
    Keiner hat das von dir verlangt, lag es Cleo auf der Zunge. Stattdessen rang sie sich ein »Nett von dir« ab, um keinen weiteren Monolog zum Thema Undankbarkeit ertragen zu müssen.
    »Komm jetzt, Schatz, sonst wünscht sie uns für immer fort.« Cleos Vater zwinkerte seiner Tochter zu und unter seinem Vollbart zeichnete sich ein Lächeln ab.
    »Meld dich bei Omi«, erinnerte sie ihre Mutter.
    »Mach ich.«
    »Und grüß Anja.«
    »Mach ich.«
    Sie umarmten einander und dann gingen ihre Eltern endlich zum Auto, Papa bepackt mit zwei Reisetaschen und Mama mit zwei Tüten Proviant, als würden sie nach Athen und nicht in die Eifel fahren. Für zwei Stunden Autofahrt Kuchen, Eier und mindestens vier Stullen, so war sie nun mal.
    »Vergiss nicht, die Terrassenmöbel in den Schuppen zu stellen. Es sieht nach Regen aus!«
    »Mach ich.«
    Ein letztes Winken, ein letztes Lächeln und dann: Freiheit! Uff! Sie schloss die Tür, obwohl ihre Eltern noch nicht einmal im Auto saßen. Aufatmend lehnte sie sich gegen das kalte Holz und lauschte, wie die Autotüren auf- und zuschlugen, der Motor anging… und wie sie wegfuhren. Es schien, als wäre das ganze Haus noch von Mamas Stimme erfüllt. Erst nach einer Weile gewann die Stille die Oberhand. Wie konnte ein einziger Mensch so viel Hektik verbreiten?
    Cleo gab sich einen Ruck und ging in die Küche. Dort legte sie die Elisabeth -CD ein und drehte auf volle Lautstärke. Der Rhythmus riss sie mit sich und sie tanzte durch den Raum. Mit jedem Takt besserte sich ihre Laune. Sturmfrei – das ganze Wochenende! Wenn Anja gleich kam, musste sie ihr dieses Lied unbedingt vorspielen. Elisabeth würde sie viel lieber aufführen als das dämliche Orff-Zeug, das ihr Musiklehrer ausgesucht hatte. Nächstes Jahr werden wir ihn überstimmen, dachte sie und sang lauthals mit.
    Noch immer tanzend holte sie Zutaten aus den Schränken und stellte sie schwungvoll auf den Küchentisch. Erst Sushi machen, dann essen, danach die letzten drei Folgen von How I met your mother gucken und um elf in den Club gehen. Konnte man sich einen schöneren Abend vorstellen?
    Sie schaute auf die Uhr und drehte die Musik leiser. Anja müsste jeden Moment kommen und bei dem Lärm würde sie die Klingel nicht hören. Alles war vorbereitet. Den Reis hatte Mama gekocht, sodass sie gleich mit dem Rollen loslegen konnten.
    Cleo ging in den Garten. Über ihr leuchtete der Himmel noch in einem ungetrübten Blau, aber im Westen türmte sich eine gewittrige Wolkenwand. Die Luft wirkte schon jetzt geladen.
    Hoffentlich ist Anja vor dem Gewitter hier.
    Zurück im Wohnzimmer bereitete Cleo den Fernseher und die Festplatte vor, sodass sie nachher nur noch auf Play drücken mussten. Und weil sie gerade dabei war, nutzte sie die Zeit, ein paar Folgen von der Festplatte auf DVDs zu kopieren, zumindest die, die sie noch nicht gesehen hatte. Ihr Magen knurrte. 19.15 Uhr.
    Komisch, Anja müsste längst hier sein.
    Sie schrieb ihr eine SMS: »Wo bleibst du denn? ICH HABE HUNGER! Alles ist fertig.« Senden, warten…
    Doch es kam keine Antwort. Das war komisch, denn Anja antwortete eigentlich immer sofort. Ungeduldig klimperte Cleo mit ihren lackierten Fingernägeln auf dem Display ihres Handys. Schließlich rief sie Anja an und ließ es so lange klingeln, bis die Mailbox ansprang.
    »Hier ist die Mailbox von Anja Diekamp. Sag einfach, was du auf dem Herzen hast, ich rufe zurück.«
    Immer noch dieser bescheuerte Text, dachte Cleo und schwieg.
    19.20 Uhr. Wahrscheinlich hatte sich mal wieder eine Problem-Klette an Anja festgebissen.
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