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Giftkuss

Giftkuss

Titel: Giftkuss
Autoren: Zara Kavka
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Anja liebte Problemgespräche jeglicher Art und ließ nie eins aus. Mehr noch, sie zog sie magisch an, war quasi der Problemmülleimer der ganzen Schule. Wie oft war sie deshalb schon zu Verabredungen zu spät gekommen. Cleo knallte ihr Handy in die Sofaecke, setzte sich an den Küchentisch und fing mit dem Gemüseschneiden an.
    Oder sie hat den Bus verpasst und ihr Handy liegen lassen. Hatten wir vielleicht 20 Uhr ausgemacht?
    Leise zur Musik summend schnippelte sie die Gurke in dünne Streifen. Von draußen drang Gewittergrollen. Sie schnitt den Thunfisch. Die ersten Regentropfen prasselten gegen das Küchenfenster. Jetzt die Avocado.
    Wow! Der Donner war echt heftig!
    Cleo legte das Messer hin, wischte sich die Hände am Lappen ab und trat an die Terrassentür. Binnen Sekunden verwandelte sich der zögerliche Regen in einen mächtigen Schauer. Durch den Wasserschleier sah Cleo, wie Tropfen auf die Terrassenmöbel prasselten. Das dumpfe Plätschern auf Mamas selbst genähten Polstern weckte ihr schlechtes Gewissen. Kurz überlegte sie, ob sie die Möbel noch schnell in den Schuppen stellen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Bis Sonntag waren die wieder trocken, das passierte ihr schließlich nicht zum ersten Mal.
    20 Uhr. Sie überlegte, ob Anja ihre Verabredung vielleicht komplett vergessen haben könnte, verwarf den Gedanken aber sofort wieder. Sie hatten heute Morgen in der Schule noch drüber gesprochen und versucht rauszubekommen, in welchen Club Robert und Tobi gehen wollten. Sie trat wieder ins Wohnzimmer und holte ihr Handy, um es bei Anja zu Hause zu probieren. Niemand hob ab, also sprach sie auf den Anrufbeantworter: »Hey Anja, wo bist du? Meld dich, wenn du das hörst.« Ein erneuter Donner erschütterte das Haus. Das Gewitter war direkt über ihr.
    Hoffentlich ist ihr nichts passiert.
    Mit verschränkten Armen stand Cleo vor der Küchenanrichte und merkte, wie Wut und Sorge sich mischten. Was, wenn sie schon mit Robert unterwegs war? Immerhin wohnte er direkt auf dem Weg hierher und falls sie sich getroffen hatten und er sie irgendwie eingeladen hatte oder so… Sie lief dem Kerl seit über sechs Monaten hinterher. Aber nein, Anja war nicht der Typ, der einfach eine Verabredung vergessen würde. Verspäten ja, aber nicht vergessen. Zumindest eine SMS würde sie schreiben, sich irgendwie melden…
    »Scheiße!«, rief Cleo und stopfte sich eine Gurke und ein Stück rohen Fisch in den Mund. Es schmeckte widerlich!

3. Kapitel
    Katharina schob den elektrischen Nassschrubber über den Gang des gerichtsmedizinischen Instituts. Das Summen des Motors und die leichte Vibration in ihren Handflächen beruhigten sie.
    Kritisch blickte sie zurück auf die nass glänzende Spur, die sie auf dem Linoleum hinterlassen hatte. Es war die letzte von vier Spuren, der Flur war nicht besonders breit. Da sie vorher mit einer Rasierklinge und einem Speziallösungsmittel die größeren Unreinheiten beseitigt und sogar die grünen Lämpchen abgewischt hatte, glänzte der Flur nun makellos im gleißenden Neonlicht.
    Er hatte drei verschiedene Grautöne: der Aufzug und die Türen, die zu den Büros und Laborräumen führten, waren dunkelgrau, Wände und Decke hellgrau und der Boden mittelgrau. Lediglich die kleinen Notausgangslämpchen leuchteten grün und die Knöpfe des Aufzugs gelb. Die Sauberkeit löste auch heute trotz allem ein Wohlbehagen in ihr aus.
    »Bist du Sabrina? Deine Schwester ist gestorben.«
    Katharina drehte sich hastig um, als könnte sie der Erinnerung entkommen. Sie packte den Griff des Schrubbers mit beiden Händen und zog die letzte Spur bis zum Ende des Flurs, wo sich der Eingang zum Seziersaal befand. Sie durfte heute keine Pausen einlegen. Die Bilder des Abends mussten auf Abstand gehalten werden.
    Konzentriere dich. Schritt für Schritt, alles wie gewohnt, dann haben die Bilder keine Chance.
    Am Ende des Gangs schaltete sie den Schrubber aus und widerstand dem Bedürfnis, noch einmal zurückzublicken. Mittels Eingabe des Geheimcodes öffnete sie die Tür zum Seziersaal und sog die in der Luft liegende Mischung aus Desinfektionsmittel und Essigreiniger ein, bevor sie die Lichtschalter betätigte. Sie liebte diesen Moment, wenn sich die vielen Lampen nach getaner Arbeit in dem blank geputzten Stahl der Seziertische spiegelten. Ganz hinten, über dem Eingang des Leichenkühlraums, blinkte eine kaputte Neonröhre. Sie hatte dem Hausmeister bereits eine Nachricht ins Fach gelegt und hoffte, dass er
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