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Gezähmt von sanfter Hand

Gezähmt von sanfter Hand

Titel: Gezähmt von sanfter Hand
Autoren: Stephanie Laurens
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ihren Füßen, als sie in einem Wirbel von Röcken und Umhang davonmarschierte. Mit hochgezogenen Brauen beobachtete Richard, wie sie durch das überdachte Friedhofstor stürmte, und sah den raschen, finsteren Blick, den sie ihm von dort noch einmal zuwarf. Dann warf sie den Kopf zurück, reckte energisch das Kinn in die Luft und marschierte die Straße hinauf.
    In Richtung Gasthof.
    Um Richards Mundwinkel zuckte es belustigt. Seine Brauen zogen sich noch ein wenig höher, und in seinen Augen erschien ein leicht nachdenklicher Ausdruck. Fehler?
    Er beobachtete sie, bis sie endgültig aus seinem Blickfeld verschwand, erst dann rührte er sich, straffte die Schultern und schlenderte, ein wölfisches Lächeln auf den Lippen, gemächlich hinter ihr her.

2
    Am nächsten Morgen stand Richard früh auf. Er rasierte sich und kleidete sich an und war erfüllt von einer vertrauten Erregung – dem Jagdfieber. Als er gerade die letzte Falte seines Halstuchs zurechtzog und nach seiner diamantgeschmückten Krawattennadel griff, drang plötzlich ein lauter, barscher Ruf an sein Ohr. Er hielt mitten in der Bewegung inne und hörte, gedämpft durch die zum Schutz vor der winterlichen Kälte fest geschlossenen Fenster, das unverkennbare Klappern von Pferdehufen auf Kopfsteinpflaster.
    Mit drei raschen Schritten war er am Fenster und spähte durch die mit Eisblumen überzogene Scheibe in den Hof hinunter. Vor dem Haupteingang des Gasthofs stand eine schwere Reisekutsche, die von einem kräftigen Zweiergespann gezogen wurde. Stallknechte hielten die Pferde fest, die ungeduldig schnaubten und mit den Hufen scharrten, während Bedienstete aus dem Gasthof unter den Anweisungen des Wirts einen schweren Schrankkoffer auf das Dach der Kutsche hievten.
    Dann trat eine junge Dame unter dem Vordach des Gasthofs hervor, direkt unterhalb von Richard. Der Wirt beeilte sich, ihr den Kutschenverschlag zu öffnen. Seine Verbeugung war respektvoll, was Richard nicht weiter überraschte – die Dame war seine Bekanntschaft vom Friedhof.
    »Verdammt!«, fluchte er leise vor sich hin, sein Blick auf ihr langes, gelocktes Haar geheftet, das jetzt, im hellen Licht des Morgens, flammend rot leuchtete und im Nacken von einer Spange zusammengehalten wurde, sodass es wie ein Strom in zahllosen kleinen Wellen über ihren Rücken floss.
    Mit einem hoheitsvollen Nicken und ohne sich noch ein letztes Mal umzuschauen, stieg die Dame in die Kutsche. Dicht auf ihren Fersen folgte die ältere Frau, die Richard am Abend zuvor im Gasthof gesehen hatte. Kurz bevor sie das Trittbrett der Kutsche erklomm, blickte die Frau plötzlich zum Fenster über dem Eingang hinauf – und starrte Richard direkt in die Augen. Er widerstand jedoch dem Drang, vom Fenster zurückzuweichen; einen Augenblick später wandte sie sich wieder ab und folgte ihrer Gefährtin in die Kutsche.
    Der Wirt klappte die Tür zu, der Kutscher schlug mit den Zügeln, und die Kutsche rumpelte schwerfällig aus dem Hof hinaus. Richard fluchte abermals lästerlich – seine Beute war im Begriff, ihm zu entwischen. Wenig später erreichte die Reisekutsche das Ende der Dorfstraße und bog dann nach rechts auf die Landstraße nach Keltyhead ab.
    Richard runzelte verwirrt die Stirn. Laut Auskunft von Jessup, seinem Pferdepfleger und Kutscher, führte die schmale, kurvenreiche Straße, die sich den Keltyhead hinaufschlängelte, nur zum McEnery House und sonst nirgendwohin.
    Es klopfte diskret an der Tür, und Worboys kam herein. Er schloss die Tür hinter sich und verkündete: »Die Dame, nach der Ihr Euch erkundigt habt, ist gerade eben abgereist, Sir.«
    »Das weiß ich.« Richard wandte sich vom Fenster ab; die Kutsche war mittlerweile aus seinem Blickfeld entschwunden. »Wer ist sie?«
    »Eine gewisse Miss Catriona Hennessy, Sir. Eine Verwandte des verstorbenen Mr. McEnery.« Worboys' Gesicht nahm einen herablassenden Ausdruck an. »Der Wirt, ein geistig beschränkter, unkultivierter Mensch, behauptet steif und fest, die junge Dame sei eine Hexe, Sir.«
    Richard schnaubte verächtlich und drehte sich zu seinem Spiegel um. Bezaubernd, das ja. Aber eine Hexe? Es war keine obskure Hexerei, kein bizarrer Zauberbann gewesen, der ihn in der vergangenen Nacht in der eisigen Kälte des Friedhofs gefesselt hatte. Erinnerungen an geschmeidige, warme weibliche Rundungen, an weiche, üppige Lippen, an berauschende Küsse stürmten auf ihn ein …
    Er befestigte die Krawattennadel an seinem Halstuch und griff nach seinem
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