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Gezähmt von sanfter Hand

Gezähmt von sanfter Hand

Titel: Gezähmt von sanfter Hand
Autoren: Stephanie Laurens
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ziemlich schwächlich aussehenden Nachkommenschaft, und schließlich Jamies jüngerer Bruder, Malcolm, der nicht nur saft- und kraftlos wirkte, sondern auch einen ziemlich übellaunigen Eindruck machte.
    Als Richard auf dem ihm angebotenen Stuhl Platz nahm, kam er sich vor wie ein großes, plünderndes Raubtier, das unerwartet in einen Raum voller dürrer, verschüchterter Hühner hineingeplatzt war. Aber er zeigte ihnen nicht die Zähne, sondern trank, wie es sich gehörte, eine Tasse Tee, um sich nach seiner Reise ein wenig aufzuwärmen. Das Wetter lieferte den passenden Gesprächsstoff.
    »Sieht ganz so aus, als ob noch mehr Schnee im Anmarsch ist«, bemerkte Jamie. »Nur gut, dass Ihr noch vor dem Unwetter hier angekommen seid.«
    Richard murmelte zustimmend und nippte an seinem Tee.
    »Dieses Jahr ist es hier oben ganz besonders kalt«, informierte Mary ihn nervös. »Aber in den Städten – Edinburgh und Glasgow – ist es ein bisschen wärmer.«
    Ihre Schwägerinnen pflichteten ihr mit einem kaum hörbaren Murmeln bei.
    Malcolm mischte sich in die Unterhaltung ein, einen unzufriedenen Ausdruck auf dem Gesicht. »Ich weiß wirklich nicht, warum wir nicht für den Winter in die Stadt umziehen können, wie unsere Nachbarn. Hier gibt es doch überhaupt nichts zu tun.«
    Auf seine nörglerische Bemerkung folgte angespanntes Schweigen, dann setzte Jamie hastig zum Sprechen an. »Geht Ihr gerne auf die Jagd? Hier oben gibt es jede Menge Wild. Dad bestand immer darauf, dass die Unterstände in Schuss gehalten wurden.«
    Mit einem ungezwungenen Lächeln nahm Richard die verbale Herausforderung an und half Jamie, die Unterhaltung von den offenbar beschränkten Verhältnissen der Familie wegzulenken und in unverfänglicheres Fahrwasser zu steuern. Ein schneller Blick in die Runde bestätigte ihm, dass die Überröcke und Stiefel der Männer ziemlich abgetragen und teilweise sogar geflickt und die Kleider der Frauen nicht gerade nach der neuesten Mode geschnitten waren. Die jüngeren Kinder trugen eindeutig abgelegte Kleidungsstücke, aus denen ihre älteren Geschwister herausgewachsen waren, wohingegen das Jackett, in dem Malcolm mit krummem Rücken saß, eine Nummer zu groß für ihn war – es war eines von Jamies, das einen doppelten Zweck erfüllte.
    Die Antwort auf Malcolms Frage war nicht schwer zu erraten – Seamus' Kinder lebten unter seinem kalten, zugigen Dach, weil sie sonst keinen anderen Ort hatten, wo sie bleiben konnten. Zumindest, so vermutete Richard, hatten sie diesen Ort hier als Zufluchtsstätte, und Seamus musste sichergestellt haben, dass sie nach seinem Tode gut versorgt waren; das Haus selbst oder die Bediensteten ließen jedenfalls nichts von Armut erahnen. Und auch die Qualität des Tees nicht.
    Richard trank ihn aus, stellte seine Tasse ab und fragte sich nicht zum ersten Mal, wo sich seine hübsche Hexe wohl versteckt hatte. Er hatte bisher keine Spur von ihr oder einer älteren Ausgabe von ihr entdeckt, nicht einmal in den Gesichtern der anderen. In dem hellen Mondschein der vergangenen Nacht hatte er ihr bezauberndes Gesicht ziemlich deutlich gesehen, und die einzige Ähnlichkeit, die sie mit Jamie und seinen Geschwistern gemeinsam hatte, war ihr rotes Haar. Und vielleicht noch die Sommersprossen.
    Jamies und Malcolms Gesichter waren von Sommersprossen übersät, die ihrer Schwestern nur unwesentlich weniger dicht gesprenkelt. Der Teint seiner hübschen kleinen Hexe war, soweit Richard sich erinnerte – und er erinnerte sich recht genau an ihr Gesicht – elfenbeinfarben und absolut makellos, abgesehen von einer kleinen Ansammlung winziger Sommersprossen auf ihrer kecken Nase. Er würde das noch einmal überprüfen müssen, wenn er sie das nächste Mal sah; doch trotz seines Verlangens, dieses Ereignis zu beschleunigen, erwähnte er sie mit keinem Wort. Da er keine Ahnung hatte, wer sie war – in welchem Verwandtschaftsverhältnis sie zu der Familie stand –, hielt er es nicht für klug, ihre Begegnung zu erwähnen oder irgendein Interesse an weiteren Zusammentreffen zu bekunden.
    Lässig erhob er sich von seinem Stuhl und löste damit prompt nervöse Unruhe unter den Damen aus.
    Jamie stand ebenfalls sofort auf. »Gibt es irgendetwas, was wir Euch bringen können? Ich meine … braucht Ihr vielleicht irgendetwas?«
    Während Jamie sich angestrengt darum bemühte, als Oberhaupt der Familie den richtigen Ton zu treffen, hatte er eine Offenheit an sich, die Richard ausnehmend sympathisch
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