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Gewitter der Liebe

Gewitter der Liebe

Titel: Gewitter der Liebe
Autoren: Sarah Lee Hawkins
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ganzen Welt – nach Kalifornien mit seinen unglaublichen Schätzen.
    Obwohl Julia etwas nüchterner als Lilly dachte und sich überlegte, ob die Leute nicht doch übertrieben, hatte die Freundin sie mit ihrer Begeisterung angesteckt. Zu verlieren hatten sie nun wirklich nichts, und New York hatte Julia nie als ihre Heimat angesehen. Hätten sich die Träume ihrer Eltern verwirklicht, würde Julia nun auf einer kleinen Farm in den neu erschlossenen Gebieten im Westen wohnen und vermutlich ein erfreulicheres Leben führen.
    Sie versuchte, sich Kalifornien vorzustellen, es musste ein wundervolles Land sein. Nicht nur wegen der Goldfunde, auch der angeblich üppigen Vegetation wegen. Und dieses San Francisco musste eine schöne aufstrebende Stadt sein. Vielleicht hatte Lilly recht, und sie beide könnten dort ihr Glück finden, auch wenn ihre Vorstellungen weit auseinandergingen. Über diese Gedanken schlief Julia schließlich ein.
    Mit einem erstickten Aufschrei fuhr sie in die Höhe, als sie sich sanft am Arm berührt fühlte. Es wurde bereits hell, und sie konnte Lillys vor Aufregung erhitztes Gesicht sehen.
    »Sieh mal, was ich mitgebracht habe«, sagte Lilly und deutete auf die Bettdecke. »Das sollte für die Reise nach Kalifornien reichen.«
    Ungläubig rieb sich Julia die Augen. Hatte sie im Dämmerlicht tatsächlich einen Haufen Dollarscheine auf der schäbigen grauen Wolldecke gesehen? Julia blinzelte und richtete den Blick erneut auf den Schatz.
    »Woher hast du das viele Geld?«, krächzte sie und streckte vorsichtig die Hand aus, um die Scheine zu berühren, als hätte sie Angst, sie könnten sich in Luft auflösen. »Ich glaube, ich träume.«
    Ausgelassen lachte Lilly, nahm ihren Hut ab und warf ihn übermütig in die Höhe. »Wenn du es genau wissen willst: Ich hab’s gestohlen!«
    Insgeheim war Julia froh, dass die Freundin dafür nicht ihren Körper verkauft hatte – aber Diebstahl war auch nicht gerade ein Kavaliersdelikt.
    Lilly war hundemüde, dennoch konnte sie noch nicht schlafen und berichtete. »Ich wusste noch nicht ganz genau, wie ich an Geld kommen sollte, als ich gestern Abend das Haus verließ. Doch ich hatte eine Idee, und es gelang mir, sie in die Tat umzusetzen.«
    In ihrem dünnen Nachthemd frierend, zog sich Julia vorsichtig die Decke bis zu den Schultern hoch, ängstlich darauf bedacht, die Geldscheine nicht zu berühren.
    »Ich ging ins Blue Wonder «, fuhr Lilly fort, während sie die Schnürung ihrer Schuhe löste. »Du weißt, das ist dieser üble Schuppen in der Greenwood Street.«
    Julia war schier entsetzt. Das Blue Wonder war einer jener schmuddeligen Spelunken in einem nahen Viertel, in der es nichts als sogenannte Bars und fragwürdige Varietétheater gab. Anständige Frauen hatten dort nichts verloren, und Julia kannte die Straße nur, weil sie und Lilly sich vor einiger Zeit verlaufen und dort gelandet waren.
    »Ich kann nicht glauben, dass du dich dort herumgetrieben hast«, sagte Julia tonlos. »Hast du die Blicke der Männer vergessen, die auf der Suche nach käuflicher Liebe waren? Gütiger Himmel, was hätte dir alles zustoßen können!«
    Kleinlaut gab Lilly zu, dass sie mehrmals hatte wieder umkehren wollen – aber die Zeit drängte, und sie brauchte Geld.
    »Im Blue Wonder wird viel gespielt«, fuhr sie schließlich fort. »Poker und Würfelspiele, das hörte ich mal von einem der anderen Nähmädchen. Und wo gespielt wird, gibt es auch viel Geld. Also«, sie warf die Schuhe von sich und schlenderte zu ihrem eigenen Bett hinüber, »also ging ich in diese Kaschemme hinein und tat, als würde ich nach jemandem suchen. Und während ich mir noch den Hals verrenkte nach meinem vermeintlichen Bekannten, wurde ich von einem Mann angesprochen und auf einen Drink eingeladen. Ich gab mich wankelmütig, doch als ich merkte, dass dieser Mann in den mittleren Jahren ein Spieler war, ging ich darauf ein. Er führte mich zu einem Tisch, an dem gepokert wurde, und der Mann, der sich Bill nannte, meinte, dass ich seine Glücksfee sein sollte. Verrückt, nicht wahr?«
    »Allerdings!«, pflichtete ihr Julia bei. »Spieler sind gefährlich und gehen für Geld über Leichen.«
    »Alles halb so schlimm. Bill war sehr nett zu mir, und im Laufe des Abends gewann er immer wieder. Ich glaube, er hat geschummelt … aber vielleicht habe ich ihm wirklich Glück gebracht.« Lilly grinste. »Glaub nicht, dass ich mich in dieser schummrigen Kaschemme mit ihrem Publikum wohlgefühlt habe. Die
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