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Gewitter der Liebe

Gewitter der Liebe

Titel: Gewitter der Liebe
Autoren: Sarah Lee Hawkins
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Wilson die Gehälter monatlich anstatt wöchentlich. »Abends gehen mehrere Postkutschen nach Missouri, eine davon müssen wir erreichen. Wir sind nämlich nicht die Einzigen, die mit dem Treck ziehen wollen.« Lilly seufzte. »Eigentlich schade, dass Bill nicht das Doppelte gewonnen hat, sonst könnten wir mit dem Schiff fahren.«
    Ganz wohl war Julia bei der Sache immer noch nicht. Lilly hatte im Alleingang alle wichtigen Informationen zusammengetragen, und nur der Himmel wusste, ob sie sich nicht geirrt hatte. Wie sollten sie nach Kalifornien kommen, wenn sie den Treck verpassten? Was sollten sie tun, wenn sie ihn erreichten, aber niemand sie mit auf ihren Wagen nehmen wollte?
    Den ganzen Tag lang hockten die beiden Frauen auf ihren Betten und schmiedeten Pläne. Lilly schien schon ganz genau zu wissen, was sie wollte; Julia hingegen hatte keine Ahnung, wie sich ihr weiteres Leben in San Francisco gestalten würde. Eigentlich mochte sie keine Städte – New York war groß, laut und schmutzig – und auch wenn Lilly in den höchsten Tönen von diesem San Francisco sprach, so fürchtete sich Julia etwas davor.
    »Bevor ich in einem Saloon arbeiten würde, müsste schon sehr viel passieren«, bemerkte sie, nachdem ihre Freundin wiederholt von einem aufregenden Leben als Barmädchen schwärmte. »Wie kannst du es als schön empfinden, Männer zum Trinken zu verleiten?«
    Doch Lilly sah der Sache lässig entgegen. »Ich denke dabei nur an das Geld beziehungsweise Gold, das die Männer im Saloon lassen werden und von dem mir der Besitzer einen Teil abgibt.«
    Kopfschüttelnd versicherte Julia ihr, dass sie lieber Nachttöpfe saubermachen würde, als Animiermädchen zu werden.
    »Und du?«, wollte Lilly wissen. »Hast du auch schon Pläne für unser neues Leben?«
    Julia zögerte. Wenn es stimmte, was auf dem Handzettel gestanden hatte, könnte sie auch in San Francisco als Näherin zu einem guten Lohn arbeiten. Und das sagte sie schließlich der Freundin.
    Doch diese rümpfte die Nase, als wären Näharbeiten etwas Unanständiges. »In Kalifornien steht dir die Welt offen, Julia! Lass dir in Ruhe durch den Kopf gehen, womit du dich später beschäftigen willst. Während der Reise wirst du genügend Zeit zum Überlegen haben.«
    »Für mich kommt das alles so überraschend. Noch gestern glaubte ich, den Rest meines Lebens bei Barclay & Wilson schuften zu müssen, während du in Gedanken bereits auf der anderen Seite des Kontinents gewesen bist.«
    »Nun ja, ich träume schon lange von Kalifornien, wollte dir jedoch nichts davon sagen, damit du mich nicht auslachen konntest. Eigentlich setzte sich die Idee zum schnellen Handeln erst richtig in mir fest, als Claire gestern in der Pause von diesem Treck vorlas. Ich hab mir die Zeitung genommen und alles noch einmal in Ruhe durchgelesen. Es eilt, man kann nicht mehr lange mit dem Aufbruch warten, las ich, denn bis Oktober müssen wegen des bevorstehenden Winters die Berge überschritten sein.«
    »Wir werden ein halbes Jahr unterwegs sein«, wandte Julia mit besorgter Miene ein. »Ich bin mir nicht sicher, ob wir jemanden finden werden, der uns mitnimmt.«
    Doch Lilly versicherte ihr, dass es bestimmt Dutzende junger Männer gebe, die ihren Planwagen mit zwei reizenden New Yorkerinnen teilen würden.
    Wie besprochen, betraten die beiden Frauen am nächsten Morgen hoch erhobenen Hauptes das Lohnbüro der Fabrik und kündigten. Niemand fragte sie nach dem Grund, und Nachschub gab es genug. Es kam fast täglich vor, dass Näherinnen ihre Arbeit bei Barclay & Wilson aufgaben – nicht, weil sie es sich leisten konnten, sondern weil sie eine etwas besser bezahlte Arbeit gefunden hatten oder kurz vor der Entbindung standen. Die somit frei gewordenen Plätze waren rasch wieder besetzt, denn in der Stadt wimmelte es von arbeitssuchenden Einwanderern.
    »Wir gehen nach Kalifornien«, sagte Lilly stolz, als der Lohnbuchhalter mit verkniffener Miene ihren bescheidenen Lohn auf den Tresen legte. »New York sieht uns nie wieder.«
    Der Mann horchte kurz auf, dann wandte er sich an seinen Kollegen. »Hast du das gehört, Wilbur? Hier sind wieder zwei Mädchen, die den Zeitungen glauben und sich auf die Suche nach diesem sogenannten Traumland machen wollen.« Mit vertraulicher Miene beugte er sich vor und sagte zu den beiden Frauen: »Die Zeitungen lügen allesamt, auch was die Goldfunde betrifft. Diese Artikel werden für naive Mädchen wie euch verfasst, um euch über den Kontinent zu
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