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Gewitter der Liebe

Gewitter der Liebe

Titel: Gewitter der Liebe
Autoren: Sarah Lee Hawkins
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nicht hier.«
    »Dann wollen Sie also auch Goldsucher werden und haben einen eigenen Wagen?«
    Der Mann nahm seinen Hut ab, dann fiel sein Blick auf Julia, die entschuldigend lächelte, weil ihre Freundin so forsch war. »Ich fahre in der Tat mit meinem eigenen Wagen, Ladys, aber ich will in San Francisco einen Gemischtwarenladen eröffnen. Ich habe alles dabei, was ein Goldsucher an Ausrüstung braucht. Und Sie? Lassen Sie mich raten: Sie und Ihre Freundin suchen eine Mitfahrgelegenheit; sonst wären Sie nicht hier.«
    Beide Frauen nickten gleichzeitig. Julia schob sich vor und sagte: »Wie es scheint, sind wir die einzigen weiblichen Wesen.«
    Er nickte. »Sehr ungewöhnlich. Wollen Sie zu Ihren Männern an die Westküste gehen?«
    »Wir haben gehört, dass es in San Francisco genug Arbeit geben soll, deshalb haben wir New York verlassen.«
    »Sie sind sehr mutig. Ich bin übrigens Nathan Banks, Kaufmann aus einem kleinen Kaff in Missouri.«
    Höflich stellten sich auch Julia und Lilly vor. Nathan schien ein ehrlicher Mensch zu sein, der keine finsteren Absichten verfolgte. Er sah mit seinen dunklen Haaren und den grauen Augen durchschnittlich aus, und sein warmes Lächeln war nicht gekünstelt. Julia mochte diesen Mann, der freimütig erzählte, dass er im Monat zuvor dreißig geworden war, auf Anhieb.
    »Was ist nun?«, schaltete sich Lilly ein. »Nehmen Sie uns mit oder nicht?«
    Er kratzte sich am bartstoppeligen Kinn, lange und ausgiebig. Dann blickte er sich um, zuckte mit den Schultern und sagte: »Warum eigentlich nicht? Ursprünglich hielt ich Ausschau nach zwei männlichen Mitfahrern … aber schaden kann es wohl kaum, zwei Mitfahrerinnen zu bekommen. Allerdings sage ich Ihnen gleich, dass mein Wagen nur sehr wenig Platz zum Schlafen bietet, wegen der vielen Waren, die ich mit mir führe. Und noch etwas: Sie werden viele Meilen zu Fuß gehen müssen, um die Zugtiere zu entlasten. Ist das in Ordnung?«
    Mit strahlenden Gesichtern nickten die Frauen.
    »Dann meldet euch bei Mr Cramer dort drüben. Er wird den Treck führen und verlangt zwanzig Dollar pro Person.«
    »Vielen, vielen Dank, Nathan«, sagte Julia, während Lilly sich bereits in die Reihe der Wartenden eingegliedert hatte. »Wir werden für Sie kochen und waschen und Ihnen bestimmt nicht mit Frauengeschwätz auf die Nerven gehen.«
    Er lachte lauthals. »Vielleicht bin ich sogar ganz froh über etwas Unterhaltung, wenn man tagelang nichts als die Prärie sieht.«
    Julia blickte sich um. »Wo steht Ihr Planwagen?«
    »Etwas abseits, auf einem Platz mit den anderen abfahrbereiten Wagen. Und die Ochsen sind in einem Stall untergebracht, ebenso wie mein Pferd.« Nathan wies auf den Pappkoffer, den Julia dicht an sich gepresst hielt, damit er bei der feuchten Witterung nicht aufweichte. »Gib ihn mir, ich passe darauf auf, während du dich anmeldest.«
    Sie zögerte kurz; Nathan sprach sie plötzlich so vertraulich an. Womöglich war er nichts als ein Betrüger, der Auswanderungswillige ausraubte. Doch ein Blick in Nathans ehrliches Gesicht sagte ihr schließlich, dass er es nur gut meinte, und sie übergab den Koffer bereitwillig.
    Die Menschen drängelten vor der Anmeldehütte. Alle schienen Angst zu haben, nicht mitgenommen zu werden, wenn sie nicht schnell genug waren. Der Regen hatte etwas nachgelassen, aber der Sturm peitschte unvermindert und ließ Julia erstarren.
    Vor und hinter ihr standen Männer, die ihr Glück auf den Goldfeldern Kaliforniens versuchen wollten. Sie waren allesamt einfach gekleidet und trugen grobe Stiefel. Viele schlossen gerade erst miteinander Bekanntschaft, und so erfuhr Julia, dass sich diese Männer aus dem gesamten Osten des Kontinents zusammengeschart hatten. Einige hatten sich bei der Bank Geld geliehen, um die Reise finanzieren zu können. Die meisten waren zu Pferd oder mit einem Flussdampfer nach Independence gelangt; wieder andere waren mit ihren eigenen Planwagen gekommen.
    Nach mehr als einer Stunde konnten Julia und Lilly die Hütte endlich betreten. Innen war es dämmrig, jedoch warm. An einem Tisch saß ein älterer Mann mit längerem grauen Haar, einem ebenso grauen Bart und ernster Miene. Wie Julia später erfuhr, handelte es sich um den Treckführer James Cramer; der Mann daneben sah aus wie ein Buchhalter und fragte die beiden Frauen: »Wagen oder Einzelperson?«
    Lilly antwortete und legte das Geld abgezählt auf den Tisch; mit einer Lässigkeit, als wären vierzig Dollar eine Kleinigkeit für
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