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Gesundheit - Eine Frage des Geschlechts

Gesundheit - Eine Frage des Geschlechts

Titel: Gesundheit - Eine Frage des Geschlechts
Autoren: Alexandra Kautzky-Willer , Elisabeth Tschachler
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Einschränkung von bestimmten Lebensmöglichkeiten und -perspektiven; das gilt selbst für die Täter-Realität an sich.“ 91 Und so entstand, sozusagen als Reflex auf die Frauengesundheitsforschung, die es bereits seit den 1970er Jahren gibt, das Pendant der Männer-(Gesundheits-)Forschung, die jedoch bis heute ein Randgebiet geblieben ist.
    Hollstein und mit ihm andere Männerforscher sind der Überzeugung, dass die Männer der modernen Welt überfordert sind. Schon achtjährige Knaben hätten verinnerlicht, dass das ganze Leben Kampf ist und würden sich auch so verhalten: alles vermeiden, was den Anschein des Mädchenhaften hat; Erfolgserlebnissen hinterherjagen; ein Siegertyp sein (Vorbild: Cowboy oder Jedi-Ritter) – hart, zäh und unerschütterlich. Entsprechend glauben laut Hollstein erwachsene Männer, anders als die meisten Frauen, persönliches Glück komme ausschließlich durch harte Arbeit, Erfolg und Leistung zustande und Männlichkeit sei kein in die Wiege gelegtes Gut, sondern müsse stets von neuem errungen werden. Ein ganzer Kerl zu sein, das wird auch von den Medien meist auf einen Chefposten, eine dicke Brieftasche, ein schnittiges Auto und eine schicke Frau an der Seite reduziert. Männer, die das nicht erreichen, fühlen sich schnell als komplette Versager. Dabei kann die überwiegende Mehrheit der Männer den Karriere- und Erfolgsvorstellungen überhaupt nicht gerecht werden, weil es gar nicht so viele Chefsessel gibt. „Die Folge ist andauernder Stress“, sagt Männerforscher Hollstein und geht so weit, „traditionelle Männlichkeit prinzipiell als ‚lebensbedrohend‘“ zu definieren. 92 Kein Wunder, dass zwei Drittel der berufstätigen Männer Stress als Hauptbedrohung für ihre Gesundheit ansehen. 93
    „Ein Mann, der seine Arbeit verliert, sagt, er ist als Mann nichts mehr wert“, fasst der Wiener Internist Siegfried Meryn die männliche Eigendefinition über die Arbeit zusammen. 94 „Eine Frau, die ihre Arbeit verliert, ist genauso traurig und erschüttert, wird aber selten über sich selbst sagen, dass sie ohne Arbeit nichts mehr wert ist.“ Statistische Analysen zeigen, dass sich das Risiko, an einer Depression zu erkranken, für dauerhaft arbeitslose Männer im Vergleich zu erwerbstätigen Männern um den Faktor 23,2 erhöht, für Frauen in der gleichen Situation um den Faktor 8,1. 95
    Die körperlichen Unterschiede
    Männer sind um rund sieben Prozent größer als Frauen. Bei der Geburt haben Mädchen einen wesentlich höheren Anteil an Fettgewebe als Knaben, ein Unterschied, der sich bis zum sechsten Lebensmonat verflüchtigt, sich aber schon vor der Pubertät wieder bemerkbar macht und das ganze weitere Leben bestehen bleibt. So beträgt der Fettgewebeanteil bei 18-jährigen Mädchen rund 23 Prozent, bei gleichaltrigen Jungen mit 12 Prozent nur halb so viel, bei 60-jährigen Frauen rund 44 Prozent, bei gleichaltrigen Männern 30 Prozent. Fett, und vor allem Unterhautfettgewebe in der unteren Körperhälfte, stellt ein bedeutendes Energiereservoir dar, das für Frauen vor allem während einer Schwangerschaft und während der Stillzeit von Vorteil ist. 96 Bei Frauen sammelt sich das Fett ziemlich gleichmäßig an Bauch, Hüften und Po, bei Männern hingegen hauptsächlich am Oberbauch.
    Der männliche Körper besteht zu 60 bis 70 Prozent aus Wasser, der weibliche nur zu 50 bis 60 Prozent. Im weiblichen Gefäßsystem zirkulieren rund 3,6 Liter Blut, im männlichen gut ein Liter mehr. Männer haben um ein Fünftel mehr rote Blutkörperchen, ihr Blutdruck ist durchschnittlich höher als der von Frauen. Dafür atmen Frauen öfter als Männer, nämlich 22 Mal in der Minute, während Männer nur 16 Mal Luft schöpfen.
Die gefährliche Mühsal, ein Mann zu sein
    „Wenn Männer sich um sich selbst kümmern würden, müssten sie den Feministinnen eigentlich dankbar sein“, sagte der kalifornische Psychotherapeut Herb Goldberg schon im Jahr 1979. 97 „Denn die sagen: Wir wollen eure Aggressivität nicht mehr.“ Goldberg versuchte als einer der Ersten, das Wesen des Mannes und die Wechselwirkung der Geschlechterstereotype zu ergründen. Und formulierte sieben Imperative, nach denen Männer leben – und auf diese Weise ihre Gesundheit ruinieren:
    1.
    Je weniger Schlaf ich brauche,
    2.
    je mehr Schmerzen ich ertragen kann,
    3.
    je mehr Alkohol ich vertrage,
    4.
    je weniger ich jemanden um Hilfe bitte und von jemandem abhängig bin,
    5.
    je mehr ich meine Gefühle kontrolliere und
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