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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren
Autoren: Oliver Hassencamp
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Korrekt mit geschlossenem О gesprochen, schickte Martina zwei Armdrücker in den Kampf. Da erschien hinter Lukas ein Mann, durch umgehängte Stoppuhr sowie ein Klammerbrett voller Zettel als Mitgestalter erkenntlich und sprach zudem englisch: Colin. Ihre herzliche Begrüßung ging im spannenden Kampf zweier Fingerhakler unter. Schließlich beseitigte die Fernsehbäuerin alle Unklarheiten. „Ian Mac Donald zieht auch den Eglseer Sepp über den Tisch!“
    Am entfesselten Beifall beteiligten sich Renate und der Chefredakteur nicht. Zu sehr waren sie in ihr Gespräch vertieft. Vermutlich verkaufte sie ihm gerade den Messnerhofgrund. Über den Ablauf der Keltischen Olympiade waren sich Lukas und Colin von vornherein einig. Ihren klaren Vorstellungen hatte der Coproduzent nicht einmal finanzielle Bedenken entgegenzusetzen und gab alle Anregungen sofort an die Kamerateams weiter. Einer Einladung auf den Bühlhof konnte Colin indes nicht folgen. Noch am Abend mußte er nach Edinburgh zurück. Beide sprachen kurz mit der schottischen Tanzgruppe, dann verließ Lukas die Arena. Um nicht auf der Tribüne Konversation machen zu müssen, kehrte er hintenherum zu Alois und den Seinen zurück, ein eitler Weg, wie sich herausstellte, vorbei an Dutzenden, die ihm gratulieren wollten zu seiner Idee, aber auch ein aufschlußreicher Weg.
    Das wurde bei Frau Schmidhuber deutlich. Ihre grell aufgezäumte Angela zu Seite, radebrechte sie deutlich hörbar mit einem der Baumstammwerfer, einen Mordstrumm Saubär, über die Einzäunung hinweg. „Gut daß’s kommen, Herr Dornberg. lern doch scho lang Englisch im Fernsehen. Nur ein Wort weiß net: Was heißt denn Witwe?“
    Aha. Bei den Angaben zur Person ist sie schon!
    In sturmböenhaftem Beifall für Maxi, der den schottischen Hammer weit geschleudert hatte, sah Lukas, mit innerem Gelächter, wie sich der Pfarrer zu Daniela setzte.
    Die Moralmafia! Gleich werden ihm die Tränen kommen über das rührende Beispiel christlicher Nächstenliebe: Bei dem vielen Platz den wir haben, war es uns ein Bedürfnis, den ausgebrannten Freund aufzunehmen!
    Ein Kameramann kniete, um das Einstechen der Eisenspitzen an den Schuhen der schottischen Hammerwerfer in Großaufnahme festzuhalten. Zeitgleich verkündete Martina: „Jetzt sticht er ein!“
    Alois nahm seinen Nachbarn zu einem vertraulichen Wort beiseite. Von einer allerneuesten Trassenführung der Straße hatte er gehört. Ungefähr auf halbem Weg zwischen Dorf und den Höfen, mitten durch seine Felder. Das käme den Staat teuer, meinte er, sonst wär’s ja eine Existenzvernichtung. In diesem Fall würde er aussiedeln, der Schwiegersohn übernähme den Hof und würde eine Raststätte draus machen. Dann wär man die Sorge los.
    Ohne Antwort gelassen, gab er sich sofort mitfühlend. „Ihr macht’s am besten a Fremdenpension. Denn Ruh’ kriegt’s da keine mehr. Aber der Grund wird teuer! Bauland. Des hab’ mich schon erkundigt.“ Gottergeben, dabei nicht unzufrieden, hob er die Schultern und stöhnte pro forma. „Mei, ‘s is halt wie’s is!“
    „So ist es“, bestätigte Lukas, schon auf die nächste Trassenführung gespannt.
    Da kam das Juchzen der Zuschauer grade recht. In der Haltung, wie der Schotte den Baumstamm faßt, hatte das Mordstrumm Saubär Frau Schmidhuber an den Fesseln hochgenommen und lief mit ihr in die Arena, als wolle er sie zum Überschlag bringen.
    Lukas pfiff den Witwenstemmer zurück und hatte sogar Erfolg. Gerötet vom schottischen Zugriff, verließ sie die Arena. „Mei’, Herr Dornberg, was haben’s da für Mannsbilder herbracht!“ klagte sie verklärt.
    Ähnlich äußerten sich einheimische Olympiateilnehmer. Die Schotten seien unheimlich stark. Auch in den Disziplinen Brathuhn und Maßkrug hatten sie am Vorabend brilliert. Maxi, der das Steinheben gewann, lupfte sich mit letzter Anstrengung an zwei Schotten vorbei und keuchte anerkennend: „Ihr seid’s vielleicht Hund’!“
    „You are perhaps dogs!“ übersetzte die fernsehgebildete Witwe eilfertig, und es wäre ohne Mister Mountdorn glatt zu einer Rauferei gekommen. Er konnte sie bis in die Nacht verschieben, wo sie unter Heimatbräuche fiel, die hier wie dort als rauh aber herzlich gelten.
    Das Mordstrumm Saubär gewann das Baumstammwerfen, ohne daß Frau Schmidhubers Englisch weiteren Schaden anrichtete, und Fernsehbäuerin Martina variierte ihren Kommentarstil gar. Wenn die Wettkämpfer bei Abwurf den dazugehörigen Urschrei ausstießen, sagte sie
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