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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren
Autoren: Oliver Hassencamp
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Fernsehen trugen die Unkosten und dürften dafür die Spiele aufnehmen; die Schirmherrschaft habe der britische Konsul übernommen. So stand es in der Zeitung.
    Auch über die Straße war erstmals etwas zu lesen. Aus Kostengründen sollte die Trasse fern vom Hof, aber nah am Dorf vorbei verlaufen. Bei dieser Führung würden der Wald und ein Moor verschont.
    „Na bitte!“ meinte Detlef, als sei das sein Werk.
    „Ein übler Trick“, erwiderte Lukas. „Den Wald brauchen sie für die Mülldeponie.“ Und er klärte ihn über die neue Bedrohung auf.
    Die Dörfler verhielten sich zu der Meldung merkwürdig still. Zerstören der Umwelt, zum angeblichen Schutz von Arbeitsplätzen, ist mit Geld verbunden. Der Unterwirt hoffte insgeheim auf Touristen, die Geschäftsinhaber auf erhöhten Umsatz, und der Bürgermeister sah seinen Wunschtraum, ein kultur-center mit Turn-, Schwimm- und Tennishalle, das seinen Namen tragen könnte, in greifbarer Nähe. Vielleicht hatte er, zusammen mit den Müllplanern, die neue Trassenführung inspiriert. Die Deponie befand sich noch im amtlichen Dementi-Stadium, jene Zeit, in der nach der Durchsicker-Probe überzeugende Gründe erarbeitet werden, um das Wählervolk nicht zu verprellen.
    Eine dritte Zeitungsmeldung fand nur bestimmte Leser. Brandursache auf dem Messnerhof sei eine geschmorte Leitung in der Wand gewesen, hatte die Feuerpolizei ermittelt. „Gott sei Dank!“ Kameradschaftlich-zutraulich sank Renate an Lukas’ Schulter. „Ich dachte die ganze Zeit, ich hätte vergessen, das Bügeleisen abzuschalten.“
    So behielt Luggi der Vielseitige im Jenseits recht. Er hatte alles erneuern wollen. Im Diesseits würde Detlef einen Weg finden, die Versicherung zahlungswillig zu machen.
    Als die schottischen Muskelmänner samt Dudelsack und Fernsehteam, von Dolmetscher Maxi betreut, beim Unterwirt einzogen, bedeutete das für viele Dörfler sozusagen den probeweisen Anschluß an die große Welt, und niemand sprach mehr von der Straße.
    Beim ersten Training der Mannschaften dolmetschte Lukas. Für alle ging es darum, sich mit den Disziplinen der anderen Seite vertraut zu machen. Da war genaue Übersetzung technischer Einzelheiten hilfreich und der Gesundheit förderlich. Maxi, übrigens ein Steinheber von Rang, fühlte sich entlastet. Anschließend begleitete Mister Mountdorn die Gäste zum Unterwirt und empfahl ihnen, betreffs des Nationalgetränks Zurückhaltung. Schotten trinken ja Bier — dafür sorgen die Whiskypreise — und sind, kontinental betrachtet, arglos. Zumal diese Muskelmänner. Bier macht sie nicht dumpf und träge — das mag mit dem Seeklima zusammenhängen — , es versetzt sie vielmehr in tatkräftige Munterkeit, der jedes Mißverständnis gelegen kommt, um sie voll auszuleben. Gegenwehr nehmen sie im Rausch weniger persönlich als sportlich, — eine weitere Wesensverwandtschaft, die Kommunikation auf dieser Ebene begünstigt. Der schottische Zorn ist anfangs heller. Fühlen sie sich aber unfair behandelt oder hintergangen, können sie wie die Barbaren wüten, — eine Stammeseigenart, die sich bis ins achte Jahrhundert nachweisen läßt. Aus diesem Grund fand es Lukas wichtig, sie zu warnen, wie Verwandte vor gewissen Verwandten bei einem Familientreffen.
    Maxi war zur Zeit die zentrale Figur im Dorf. Beim Einkauf hatte ihn Renate getroffen, anders als sonst, wie ihr schien. Eine lauernde Freundlichkeit dehnte den üblichen Schwatz, bis das Mannsbild, nach ausreichenden Belanglosigkeiten, der Neugier nicht länger Herr wurde. „Was man so hört, soll’s ja auf’m Bühlhof bald a Hochzeit geb’n. Bitte, ich will nix g’sagt hab’n. Es heißt es nur.“
    Renate hatte gelacht, ihm jedoch kein Wort darüber entlocken können, welches Paar gemeint sei.
    „Dann machen wir alle einen harmonischen Eindruck“, stellte Detlef fest. Für Daniela bewies das Gerücht, daß der ländliche Nachrichtendienst ursprünglich ein kirchlicher war, mit Zentrale im Pfarrhaus. Verheiratete dürfen unglücklich sein, Glückliche aber nicht unverheiratet. Nicht auf den Höfen.
    Die Harmonie auf dem Bühlhof ist nicht nur für Frau Schmidhuber nicht zu übersehen. Bei einem Gespräch unter acht Augen hat Detlef den Vorschlag, für immer dazubleiben, ohne jedes Zögern angenommen. Seitdem pendelt er zwischen Kanzlei in der Stadt und Hof, als „Nebenerwerbsanwalt“, wie Lukas ihn nennt, und betreibt seine Scheidung. Um Georgias Ansprüche nicht allzu wild wuchern zu lassen, hat
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