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Geständnis

Titel: Geständnis
Autoren: bernd
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Repräsentantenhauses ins State Capitol. Da er selbst
bestimmte, worüber zu befinden war, umfasste die Tagesordnung
erstens eine Resolution zum Fall Drumm, zweitens ein Moratorium für
Hinrichtungen und drittens die Einsetzung eines Ausschusses für die
Aufklärung von Justizirrtümern, der die Probleme untersuchen
sollte. Es dauerte drei Tage, bis eine Resolution verabschiedet
war, mit der Donte endgültig in allen Punkten entlastet und seiner
Familie eine Million Dollar zugesprochen wurde. Die erste Fassung,
die von allen Mitgliedern des Black Caucus unterstützt wurde, hatte
eine Entschädigung von zwanzig Millionen Dollar vorgesehen, aber
die Mühlen der Legislative hatten nur eine davon übrig gelassen.
Der Gouverneur, der sich zumindest im Wahlkampf immer als Vorreiter
eines strikten Sparkurses gebärdete, äußerte sich wie immer besorgt
wegen dieser „überzogenen Staatsausgaben“. Daraufhin
veröffentlichte der Houston Chronicle auf der Titelseite einen
Bericht, in dem darauf hingewiesen wurde, dass der Gouverneur und
seine Mitarbeiter bei ihrem kürzlichen Besuch in Falludscha im
Rahmen der Terrorbekämpfung über vierhunderttausend Dollar
ausgegeben hatten.
    Die Moratoriumsvorlage löste einen politischen Krieg aus.
Zunächst wurde ein zweijähriger Aufschub aller Hinrichtungen
angestrebt, während dessen alle Gesichtspunkte der Todesstrafe von
den verschiedensten Gremien und Experten untersucht werden sollten.
Die Ausschusssitzungen wurden im Fernsehen übertragen. Befragt
wurden Richter im Ruhestand, radikale Aktivisten, bekannte
Forscher, sogar drei Männer, die vor ihrer Entlastung jahrelang in
der Todeszelle gesessen hatten. Vor dem State Capitol fanden
praktisch jeden Tag tumultartige Demonstrationen statt. Mehrfach
kam es zu Gewaltausbrüchen, wenn Gegner der Todesstrafe ihren
Kontrahenten zu nah kamen. Es herrschte genau der Zirkus, den der
Gouverneur befürchtet hatte.
    Da der Streit über das Moratorium vom Senat ausging, war im
Repräsentantenhaus die Einsetzung eines sogenannten
Donte-Drumm-Ausschusses für die Aufklärung von Justizirrtümern
angedacht. Geplant war eine neunköpfige Vollzeitkommission, die die
Ursachen für unrechtmäßige Verurteilungen untersuchen und die
Probleme korrigieren sollte. Bis dahin hatte es in Texas
dreiunddreißig Entlastungen, vor allem durch DNA-Beweise, gegeben,
wobei die Zahlen in Dallas County alarmierend hoch waren. Eine
weitere Serie von Ausschusssitzungen folgte, bei denen es nicht an
engagierten Auftritten mangelte.
    Nachdem sie sich Ende Januar in ihrem neuen Heim eingerichtet
hatten, gingen Reith und Dana oft ins State Capitol, um die
Entwicklung zu verfolgen. Sie standen bei mehreren Demonstrationen
in der Menge und beobachteten, wie das Parlament in einem
mühseligen Prozess mit diesem großen Problem rang. Wie die meisten
Beobachter hatten sie bald den Eindruck, dass sich nichts ändern
würde.
    Während sich die Sondersitzung in die Länge zog, tauchte der
Name Adam Flores in den Medien auf. Nach siebenundzwanzig Jahren in
der Todeszelle sollte Flores am 1. Juli hingerichtet werden. In
seinem früheren Leben war er ein kleiner Drogendealer gewesen, der
in einer unglückseligen Nacht einen anderen kleinen Drogendealer
getötet hatte. Alle Rechtsmittel waren längst ausgeschöpft. Einen
Anwalt hatte er nicht.
    Das Parlament ging Ende März in die Ferien und trat in der
ersten Maiwoche wieder zusammen. Nach Monaten erbitterter
Machtkämpfe führte kein Weg mehr am Offensichtlichen vorbei. Es war
Zeit, den Kleinkrieg zu vergessen und nach Hause zu gehen. Beim
letzten Durchgang fiel das Moratorium im Senat mit zwölf Stimmen
dafür und neunzehn Stimmen dagegen durch, wobei strikte
Parteidisziplin herrschte. Zwei Stunden später stimmte das
Repräsentantenhaus mit siebenundsiebzig zu dreiundsiebzig gegen die
Einsetzung eines Ausschusses für die Aufklärung von
Justizirrtümern.
     
    Am 1. Juli wurde Adam Flores nach Huntsville eskortiert, wo er
von Gefängnisdirektor Ben Jeter begrüßt wurde. Er wurde in die
Zelle gebracht, vom Gefängniskaplan seelsorgerisch betreut, aß
seine letzte Mahlzeit - gebratenes Welsfilet - und sprach sein
letztes Gebet. Um exakt achtzehn Uhr ging er die paar Schritte zur
Todeskammer und wurde zwanzig Minuten später für tot erklärt. Von
seiner Seite gab es keine Zeugen, von der seines Opfers auch nicht.
Da keiner Anspruch auf den Toten erhob, wurde Adam Flores neben
Dutzenden anderer vergessener Insassen des
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