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Geständnis

Titel: Geständnis
Autoren: bernd
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es
ihm, ihr Leben anhand von Geschichten zu erzählen, die er von ihren
Freunden gehört hatte. Er versicherte allen, Nicole sei in all
diesen Jahren bei ihrem Vater im Himmel gewesen. Da es im Himmel
keinen Kummer gebe, wisse sie nichts vom Leid der
Hinterbliebenen.
    Ein Kirchenlied, ein Solo, noch eine Lesung aus der Bibel, und
nach weniger als einer Stunde war der Gottesdienst zu Ende. Endlich
hatte Nicole Yarber ein würdiges Begräbnis erhalten.
     
    Paul Koffee wartete bis nach Einbruch der Dunkelheit, um sich
in sein Büro zu schleichen. Er tippte ein kurzes Rücktrittsgesuch
und schickte es per E-Mail an Richter Henry, mit Kopie an den
Leiter der Geschäftsstelle. Für seine Mitarbeiter verfasste er eine
etwas ausführlichere Erklärung, die er per E-Mail versandte, ohne
sie auf Tippfehler zu überprüfen. Hektisch leerte er den Inhalt der
mittleren Schreibtischschublade in einen Karton, dann schnappte er
sich alles, was er an Wertgegenständen tragen konnte. Eine Stunde
später verließ er zum letzten Mal sein Büro.
    Sein Auto war vollgepackt, er wollte nach Westen, auf eine
lange Fahrt, die ihn wahrscheinlich bis nach Alaska führen würde.
Er hatte keine feste Route, keine richtigen Pläne, keine Lust, in
der nächsten Zeit nach Slone zurückzukehren. Am liebsten wäre er
für immer weggeblieben, aber nachdem ihm Flak im Genick saß, würde
daraus nichts werden. Gezwungenermaßen würde er zurückkommen
müssen, um sich allen möglichen Schikanen auszusetzen - einer
mühseligen Zeugenbefragung, die sich tagelang hinziehen würde,
höchstwahrscheinlich einem Termin beim Disziplinarausschuss der
Juristenvereinigung, vielleicht einer erbarmungslosen Konfrontation
mit Ermittlern des FBI. Seine Zukunft sah nicht gerade rosig aus.
Eine Gefängnisstrafe würde ihm vermutlich erspart bleiben, aber er
konnte weder finanziell noch beruflich überleben.
    Paul Koffee war am Ende, und er wusste es.
     

Chapter
42
     
    Die Geschäfte im Einkaufszentrum schlossen alle um
einundzwanzig Uhr, und um 21.15 Uhr hatte Lilly Reed die Kassen
ausgeschaltet, gestempelt, die Alarmanlage eingeschaltet und beide
Türen der Damenboutique abgeschlossen, in der sie als
stellvertretende Geschäftsführerin arbeitete. Sie verließ das
Einkaufszentrum durch einen Personaleingang und ging schnell zu
ihrem Auto, einem VW Käfer, der auf einem Mitarbeiterparkplatz
stand. Sie hatte es eilig, weil ihr Freund in einer ein paar
Hundert Meter entfernten Sportbar auf sie wartete. Als sie die
Autotür öffnete, spürte sie hinter sich eine Bewegung und hörte
Schritte. Dann sagte eine fremde Männerstimme „Hey, Lilly“.
Innerhalb von Sekundenbruchteilen wurde ihr klar, dass sie in
ernsthaften Schwierigkeiten steckte. Sie drehte sich um, nahm aus
dem Augenwinkel eine schwarze Handfeuerwaffe wahr, sah ein Gesicht,
das sie nie vergessen würde, und versuchte zu schreien. Mit
erstaunlicher Geschwindigkeit hielt der Mann ihr den Mund zu,
befahl ihr einzusteigen und stieß sie in den Wagen. Er knallte die
Fahrertür zu, schlug ihr hart ins Gesicht und steckte ihr den Lauf
der Waffe ins linke Ohr. „Keinen Laut“, zischte er. „Kopf runter!“
Vor Entsetzen fast erstarrt, befolgte sie die Anweisungen. Er ließ
den Motor an.
    Enrico Munez döste seit einer halben Stunde vor sich hin,
während er darauf wartete, dass seine Frau von ihrer Arbeit in
einem Familienrestaurant im Foodcourt des Einkaufszentrums kam,
wachte aber immer wieder kurz auf. Sein Wagen parkte in einer Reihe
leerer Autos zwischen zwei anderen Fahrzeugen. Er schlief noch halb
und war auf seinem Sitz weit nach unten gerutscht, als er den
Überfall beobachtete. Der Mann schien aus dem Nichts zu kommen und
ging sehr zielstrebig vor. Er zeigte die Waffe, fuchtelte aber
nicht damit herum. Dann überwältigte er das Mädchen, das vor
Entsetzen wie gelähmt war. Als sich der Käfer mit dem Angreifer am
Steuer in Bewegung setzte, reagierte Enrico instinktiv. Er ließ den
Motor an, setzte mit seinem Pick-up zurück und raste dann vorwärts.
Am Ende der Reihe holte er den Käfer ein, der gerade abbog, und
führ ihm, da ihm der Ernst der Lage bewusst war, ohne zu überlegen
in die Seite. Es gelang ihm, die Beifahrertür zu vermeiden, wo das
Mädchen saß, und stattdessen den rechten Vorderreifen zu erwischen.
Beim Aufprall dachte Enrico sofort an die Pistole, wobei ihm
einfiel, dass er seine eigene zu Hause gelassen hatte. Er griff
unter seinen Sitz, schnappte sich den abgesägten
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