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Geständnis

Titel: Geständnis
Autoren: bernd
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Die Fahrt nach Austin dauerte
sieben Stunden.
     
    Am Sonntag sprach Reith in der überfüllten Kirche der
Unity-Lutheran-Kirche. Er berichtete von seiner unglaublichen Fahrt
nach Slone und nach Huntsville, zur Todeskammer. Er sprach über die
Todesstrafe, griff sie in jeder Hinsicht an und bekam den
eindeutigen Eindruck, dass er offene Türen einrannte.
    Da es sich um eine offizielle Probepredigt handelte, übernahm
die Kirche die gesamten Reisekosten. Nach dem Gottesdienst aßen
Reith und Dana mit dem Einstellungsausschuss und Reverend Dr.
Marcus Collins, dem scheidenden Hauptpfarrer und einer zutiefst
verehrten Führungspersönlichkeit, zu Mittag. Während des Essens
wurde klar, dass die Gemeinde von den Schroeders begeistert war.
Beim ausgedehnten Abschied flüsterte Dr. Collins Reith zu: „Sie
werden hier eine wunderbare Heimat finden.“
     

Chapter
Epilog
     
    Am 22. Dezember trat die Anklagejury von Chester County
ausnahmsweise an einem Samstag zusammen und erhob Anklage gegen
Travis Boyette wegen der Entführung, Vergewaltigung und Ermordung
von Nicole Yarber. Richter Henry hatte dem kommissarischen
Bezirksstaatsanwalt Mike Grimshaw bei dessen Amtsantritt
unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er eine Anklage
erwartete.
    Der Tag war von Richter Henry bewusst so gewählt worden, dass
er auf den neunten Jahrestag von Donte Drumms Verhaftung fiel. Um
ein Uhr nachmittags fand im überfüllten Sitzungssaal eine
ungewöhnliche Anhörung statt. Robbie hatte beantragt, Donte für
unschuldig und entlastet zu erklären, und die Staatsanwaltschaft,
vertreten durch Grimshaw, hatte sich dem Antrag angeschlossen.
Richter Henry legte Wert darauf, dass die Medien über die Sitzung
berichteten und die Öffentlichkeit informierten, aber Kameras in
seinem Sitzungssaal waren ihm zutiefst zuwider. Daher waren mehrere
Journalisten anwesend, jedoch ohne Kamera.
    Wieder hatte Robbie Flak einen großen Auftritt. Eine Stunde
lang ging er die mittlerweile bekannten Tatsachen durch und hakte
nacheinander sämtliche Fehler, Lügen und Vertuschungsmanöver ab. Da
der Ausgang der Anhörung gewiss war, hielt er sich nicht lange mit
den einzelnen Punkten auf. Als Robbie fertig war, stand Mike
Grimshaw auf und sagte: „Euer Ehren, der Staat Texas bestreitet
keinen der von Mr. Flak angeführten Punkte.“
    Dann verlas Richter Henry einen kurzen Beschluss, den er
offenbar lange vor der Anhörung vorbereitet hatte. Der Schlusssatz
lautete wie folgt:
    „ Das Gericht befindet den Angeklagten Donte L. Drumm hiermit
aufgrund eindeutiger, überzeugender Beweise für unschuldig und für
umfassend entlastet. Seine Verurteilung wird hiermit aufgehoben und
seine Vorstrafe aus dem Register gelöscht. Im Namen des Gerichts
und des Staates Texas bitte ich die Familie Drumm aufrichtig um
Entschuldigung, auch wenn dies völlig unzureichend ist.“
    Mit dramatischer Geste unterzeichnete Richter Henry seinen
Beschluss und reichte ihn Robbie. Wie vorgesehen, ging Robbie zum
Zuschauerraum und reichte ihn Roberta Drumm, die in der ersten
Reihe saß.
     
    Der Texas Court of Criminal Appeals war nach wie vor
abgetaucht. Ein Maulwurf hatte zu reden begonnen, und als
bekanntwurde, dass es einen richterlichen Bereitschaftsdienst gab,
berichteten die Zeitungen auf der Titelseite darüber. Das Gericht
schloss tatsächlich um siebzehn Uhr, selbst an Hinrichtungstagen,
aber einer der neun Richter wurde dann vom Vorsitzenden Richter
Prudlowe zum Bereitschaftsdienst eingeteilt und hielt sich im
Gebäude auf, um in letzter Minute eingereichte Anträge zu prüfen.
Theoretisch konnte ein verzweifelter Anwalt diesen Richter anrufen
und erreichen, dass sich das Gericht mit seinem Anliegen befasste.
Das war ein sinnvolles System und für Gerichte, die über Leben und
Tod entschieden, nicht ungewöhnlich. Allerdings war die allgemeine
Empörung groß, als bekanntwurde, dass die texanischen Anwälte,
deren Mandanten die Todesstrafe drohte, nichts von diesem
Bereitschaftsdienst wussten. Das Gericht selbst hatte dessen
Existenz verschwiegen. Das bedeutete, dass tatsächlich ein Richter,
der angeblich Bereitschaft hatte, oben in seinem Büro gesessen
hatte, als Cicely Avis am Tag von Dontes Hinrichtung um 17.07 Uhr
mit einem Karton voller Papiere an die Tür des Texas Court of
Criminal Appeals gehämmert hatte.
    Das Gericht kündigte an, Anträge und Schriftsätze
grundsätzlich nur noch elektronisch entgegenzunehmen, stritt aber
jeden Zusammenhang mit der Drumm-Sache
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