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Gestaendnis im Orchideengarten

Gestaendnis im Orchideengarten

Titel: Gestaendnis im Orchideengarten
Autoren: Nina Harrington
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Kaplinski-Cocktails brauchte sie dringend etwas in den Magen. Das Sandwich heute Mittag war keine ausreichende Grundlage, außerdem war sie nicht einmal sicher, ob sie es aufgegessen hatte. Mit den Satinhandschuhen konnte sie die Buffetzangen zwar nicht richtig greifen, aber der Hunger war größer.
    Beim Essen würde sie auf die eleganten Handschuhe wohl verzichten müssen. Doch die leckeren Happen waren es wert.
    Gerade als sie ein paar Minipizzen auf den Teller legte, erklang eine vertraute Melodie, die einen wahren Gefühlssturm und leichte Beklommenheit in ihr auslöste. Nur wenige Songzeilen und ein Studioorchester genügten, um sie fast zum Weinen zu bringen.
    Das war schon immer so. Mit einer bestimmten Musik assoziierte sie stets bestimmte Menschen und Ereignisse, sie konnte es nicht ändern. Sobald sie erklang, wurde sie zurückversetzt in Momente in der Vergangenheit, die ihr etwas bedeuteten.
    Zu blöd, dass das ausgerechnet jetzt passieren musste!
    Sie war müde, die Woche war anstrengend gewesen, und das Letzte, was sie nun brauchte, war eine Party, auf der die Songs des Lieblingsmusicals ihrer Großmutter gespielt wurden. Ihre Augen füllten sich mit Tränen bei der Erinnerung, wie sie als kleines Mädchen mit ihrer geliebten Grandma zu genau dieser Musik durch genau diesen Saal getanzt war und dabei so viel Spaß gehabt hatte.
    Sie wollte diese Erinnerung nicht mit fremden Menschen teilen. Nicht auf dieser Party.
    Nein, ermahnte sie sich, du wirst jetzt nicht weinen, nicht an Helens Geburtstag.
    Außerdem waren ja die Orchideenhäuser als Erinnerung an die Großmutter noch da, die ihr mehr wert waren als das ganze Gutshaus mit all dem kostbaren Mobiliar zusammen. Von ihrer Mutter wurde sie deshalb immer belächelt, aber ihr bedeutete der Auftrag ihrer Grandma, sich um die Orchideen zu kümmern, sehr viel. Genau deshalb hatte sie ihr kleines Unternehmen Cottage Orchids gegründet.
    Sie hatte doch allen Grund, zufrieden zu sein und sich toll zu fühlen. Nein, sie würde Helen heute nicht enttäuschen, nicht, nach all dem, was sie für sie getan hatte. Ihr Blind Date war offensichtlich auch noch nicht aufgekreuzt, sie hatte also noch einen Augenblick für sich allein.
    Sie brauchte nur einen Drink, um den Kloß im Hals runterzuspülen, dann war alles wieder gut.
    Sara setzte ein Lächeln auf, wandte sich dem Nachtisch am Buffet zu und war gerade dabei, ein leckeres Schokoladencremetörtchen mit einem silbernen Servierlöffel aufzutun, als es in der Lautsprecheranlage plötzlich rauschte und pfiff. Sie hörte Helens Stimme, und kurz darauf sah sie sie in der Mitte des Raums auf einem Stuhl stehen. In der einen Hand schwenkte sie das Hundekörbchen, in der anderen ein Mikrofon.
    „Hört mal her, Leute, ich bin’s. Danke, dass ihr alle gekommen seid. In fünf Minuten fängt das Karaokewettsingen an, esst also schnell auf und leert die Gläser, damit ihr kräftig losschmettern könnt zum Sound der Hollywoodmusicals, den ich ausgesucht habe. Das wird garantiert ein Riesenspaß!“
    Caspar trabte heran, umarmte sie auf Hüfthöhe und hob sie vom Stuhl herunter. Fröhlich lachend gingen sie Arm in Arm zurück an ihren Tisch. Sie wirkten so glücklich. Sara spürte einen Stich im Herzen. Ob sie jemals einen Mann treffen würde, der in ihr nicht bloß die adlige Vorzeigefrau sah, sondern der sie wirklich liebte?
    So in Gedanken versunken, bemerkte sie zu spät, dass gerade ein wahrer Ansturm aufs Buffet – oder dem, was davon noch übrig war – losbrach. Gut, dass sie schon bei der Nachtischabteilung angelangt war. Der wollte sie sich nun erneut zuwenden.
    Nur leider stand der Mann im schwarz-roten Cape direkt davor. Als sie sich umwandte, drehte auch er sich gerade um, stieß sie am Arm, und das Schokoladencremetörtchen auf dem Silberlöffel in ihrer Hand landete knapp am Herrenanzug vorbei auf dem Boden.
    „Oh, tut mir leid. Wie ungeschickt von mir.“ Sie hatte ihn einfach zu spät bemerkt.
    Sie blickte in zwei blaugraue Augen, die im Licht des Kronleuchters umso mehr funkelten. Und sie spürte ein Prickeln. Eigentlich mehrere auf einmal.
    Dieser Vampir war der attraktivste Mann, den sie je gesehen hatte. Sein ovales Gesicht, sein energisches Kinn, die hohen Wangenknochen wirkten wie von einem Bildhauer der Renaissance gemeißelt, so perfekt und wohlproportioniert.
    Der einzige Grund, warum sie nicht sofort dahinschmolz, waren seine grimmigen Falten auf der Stirn. Vielleicht war auch er kein großer
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