Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichten von der Bibel

Geschichten von der Bibel

Titel: Geschichten von der Bibel
Autoren: Michael Köhlmeier
Vom Netzwerk:
Ehe brechen.
    Du sollst nicht stehlen.
    Du sollst nicht falsch gegen deinen Nachbarn aussagen.
    Du sollst nicht nach dem Haus deines Nächsten verlangen.
    Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen oder nach irgend etwas, was deinem Nächsten gehört.«
    Ein Blitz fuhr vom Himmel und schrieb das Gesetz in zwei Steintafeln.
     
    Vierzig Tage war das Volk Israel ohne seinen Führer. Die Menschen harrten aus am Berg Sinai. Allmählich aber wurden die Leute unruhig. Wer möchte es ihnen verdenken?
    Sie sprachen mit Aaron und sagten: »Dein Bruder Moses, er ist ein großer Mann, er spricht mit Gott. Jetzt ist er schon vierzig Tage weg. Vielleicht ist er gestorben, vielleicht kommt er gar nicht mehr. Dann haben wir keinen Führer mehr, dann haben wir keinen Gott mehr. Denn alles, was wir von unserem Gott wissen, kam aus dem Mund deines Bruders. Vielleicht lebt dieser Gott nur im Mund und im Herzen deines Bruders. Wir wissen es nicht. Aber wenn es so ist, was machen wir dann? Was machen wir, wenn Moses tot ist? Dann ist unser Gott auch tot.«
    So sprachen sie.
    Aaron beschwichtigte: »Wartet ab! Habt doch Vertrauen! Warum habt ihr kein Vertrauen in Jahwe? Warum habt ihr kein Vertrauen in Moses? Hat er euch je etwas versprochen, was er nicht gehalten hat?«
    »Dein Bruder spricht von Dingen, die man nicht sehen kann. Die man nicht angreifen kann. Man kann sich nicht freuen, weil man nichts sieht, nichts hört, weil die Sonne nicht darauf scheint. Man fürchtet sich nicht, weil der Mond den Dingen keinen Schatten gibt. Nur Worte gibt uns dein Bruder, nur Worte. Und Worte sind wie Luft, wenn der Mund zu ist.«
    Aaron, dieser Mann des Volkes, der Pragmatiker, er hat gesehen, wie kritisch die Situation war, daß die Geduld des Volkes erschöpft war, daß Worte tatsächlich keinen Trost mehr geben konnten. Die alten Eifersüchteleien unter den verschiedenen Stämmen brachen wieder hervor. Erledigt geglaubte Abrechnungen wurden wieder aufgetischt. Aus jedem Stamm meldete sich ein neuer Führer. Manche dieser Führer scheuten sich nicht, offen gegen Moses aufzutreten. Gerüchte gingen um, Moses sei vom Berg gestürzt. Verzweiflung breitete sich aus. Frauen weinten laut, Kinder verkrochen sich. Die Männer erhoben den Blick nicht mehr vom Boden.
    Da rief Aaron das Volk zu sich und verkündete: »Sammelt alles ein, was aus Gold ist, und bringt es mir!«
    Das geschah, und Aaron ließ das Gold einschmelzen. Er ließ aus Lehm eine Form anfertigen, die ein Kalb darstellte. In diese Form wurde das flüssige Gold gegossen.
    »Dann soll das euer Gott sein«, sagte Aaron.
    Und die Menschen tanzten um das goldene Kalb.
    Und es war ein wenig Ruhe in ihren Herzen. Es war ein großes Fest. Die Menschen hatten Hunger, sie hatten Durst, es war ihnen zu essen und zu trinken versprochen worden, und es war ihnen ein Fest versprochen worden. Das Fest war ihnen gegeben worden.
    »Moses hat uns allen ein Fest versprochen«, sagten die Menschen. »Und Aaron hat das Versprechen gehalten.«
    Gerade als das Fest in vollem Gange war, als alle um das goldene Kalb tanzten, kam Moses vom Berg herab, trug schwer an den Steintafeln, auf denen Gottes Gesetz stand. Er hörte von weitem die Musik, hörte die Menschen singen und lachen und kreischen. Und dann sah er: Er sah, wie sich sein Volk vor einem goldenen Kalb niederkniete, als wäre dieses lächerliche Ding sein Gott.
    Da erfaßte ihn ein mächtiger Zorn, und der Zorn raffte alle Kraft zusammen, die in dem alten Körper war. Moses hob die Steintafeln hoch über seinen Kopf und schmetterte sie auf das goldene Idol nieder.
    Und dann hielt Moses Gericht. Er rief die Männer zu sich, die sich nicht an dem Fest beteiligt hatten.
    »Zieht euer Schwert«, befahl Moses. »Geht durch das Lager von einem Tor zum anderen und tötet alle, die auf unseren Gott geflucht haben!«
    Es heißt, in dieser Nacht seien dreitausend Menschen getötet worden.
    In derselben Nacht ist Gott dem Moses erschienen, und er sagte zu ihm: »Du hast meine Rache ausgeführt. Die Schuldigen hast du getötet. Die übriggeblieben sind, will ich vernichten. Ich will keinen Unterschied machen zwischen Schuldigen und Unschuldigen.«
    »Nein!« sagte Moses, und sein Körper zitterte, so sehr mußte er weinen. »Ich wollte dein Diener nicht sein. Ich wollte nicht und bin doch dein Diener geworden. Mein Herz tut mir weh. Ich möchte, daß das Blutvergießen ein Ende hat.«
    »Aaron trägt die Schuld«, sagte Gott.
    »Verzeih ihm«, sagte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher