Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichten von der Bibel

Geschichten von der Bibel

Titel: Geschichten von der Bibel
Autoren: Michael Köhlmeier
Vom Netzwerk:
Verteidigung zu sagen. Und jetzt laß mich!«
    »Nein«, sagte Aaron, »ich lasse dich nicht! Du bist dem Volk Rechenschaft schuldig. Wenn du das Gesetz Gottes brichst, werden es die anderen nicht halten!«
    »Gut«, sagte Moses. »Ich werde Gott fragen. Ich werde ihn fragen, ob er in meinem Fall eine Ausnahme erlaubt. Warten wir die kommende Nacht ab. Dann wird Gott kommen, und er wird es mir sagen, wenn ihm nicht gefällt, was ich tue.«
    Aaron verließ das Zelt seines Bruders. Aber er legte sich vor dem Eingang nieder und wartete auf die Nacht.
    Moses lag neben der Frau aus Kusch, die er so liebte, in die er sich verliebt hatte wie ein junger Mann, und in der Nacht brach ein Wetter los, der Himmel krachte, Blitze fuhren nieder.
    Die Frau aus Kusch zitterte vor Angst und sagte zu Moses: »Das ist Gott, er will dir sagen, daß es nicht recht ist, wenn du bei mir liegst.«
    »Nein, nein«, sagte Moses, »nein, ich kenne Gott ganz anders, wenn der mir etwas sagt, dann kommt er in mein Zelt. Das ist nur ein Unwetter, sonst ist das nichts.«
    Am nächsten Tag kam Aaron, und er brachte Mirjam mit.
    Und sie sagten: »Hast du das gehört, Moses? Gott hat gesprochen in der Nacht. Ein Donnerwetter in der Wüste! Wann gibt es das? Alle fünfzig Jahre vielleicht. Das ist kein Zufall! Gott will, daß du die Frau aus Kusch fortschickst!«
    Moses sagte: »Nicht, daß ich wüßte, daß Gott so mit mir redet. Nein, Gott hat nichts dagegen, daß ich diese Frau liebe. Ich liebe sie von ganzem Herzen, ich liebe sie mehr, als ich jemals in meinem Leben einen Menschen geliebt habe. Das weiß Gott, und darum macht er bei mir eine Ausnahme.«
    Mirjam war empört. Aaron war empört. Aber es war nun einmal so, daß Gott nicht ihnen erschienen war, sondern ihrem Bruder, und ihren Kopf hätten sie nicht verwettet, daß Moses unrecht hat.
    Sie machten aus, eine weitere Nacht abzuwarten.
    Mirjam sagte: »Eine Nacht wollen wir noch zuwarten. Gott soll dir ein unzweifelhaftes Zeichen geben.«
    In der kommenden Nacht lag Moses wieder bei seiner geliebten Frau aus Kusch, da kam ein Sturm auf, ein ungeheurer Sturm, ein glutheißer Sturm tobte durch das Lager, so trocken, so heiß, daß die Seile, die die Zelte festhalten, brachen und viele Zelte weggeweht werden.
    Die Frau aus Kusch fürchtete sich und sagte: »Das ist die Antwort Gottes auf unsere Liebe. Gott will es nicht!«
    Moses sagte: »Nein, nein, nein! Ich kenne Gott ganz anders. Wenn er mir etwas sagen will, dann kommt er zu mir in mein Zelt. Ich kenne ihn, mach dir keine Sorgen! Das ist ein Sturm, mehr nicht.«
    Er drückte die geliebte Frau aus Kusch fest an sich. Sein Zelt hielt dem Sturm stand.
    Am nächsten Tag kamen Aaron, Mirjam, Zippora.
    Und sie triumphierten: »Hast du den Sturm gehört in der Nacht? Hast du das mitgekriegt? Diese Verwüstung! Das ist doch eine eindeutige Antwort Gottes. Schick diese Frau weg!«
    Moses sagt: »Nein, ich will nicht!«
    Festzustellen ist, daß Mirjam inzwischen die ganze Angelegenheit zu ihrer gemacht hatte. Sogar noch heftiger als Zippora pochte sie auf die Einhaltung des sechsten Gebotes.
    »Das lasse ich nicht zu!« donnerte sie los. »Bevor ich das zulasse, wird sich der Brunnen vor deinem Zelt wie ein Hund benehmen, wird dieser Brunnen winselnd hinter mir hergehen.«
    Etwas anderes ist ihr in der großen Aufregung nicht eingefallen.
    Moses ließ sich durch nichts beeindrucken, er behielt die Frau aus Kusch in seinem Zelt. Sie war seine Lieblingsfrau, sie hat sein Herz gewärmt. Die Karawane zog weiter, und vor der Karawane her, wie es die Leute gewohnt waren, zog die Rauchsäule, die den Weg wies.
    Da hörten die Menschen hinter sich ein Rumpeln, und sie drehten sich um. Was war geschehen?
    Die Legende erzählt, der Brunnen habe sich selbst aus dem Boden gerissen, ein steinerner, schwerer Brunnen, und er sei, wie ein Hund seinem Herrn nachfolgt, der Karawane nachgefolgt, nachgerollt. Am Abend rollte er durch das Lager der Israeliten und legte sich vor dem Zelt der Mirjam nieder.
    »Das ist der Mirjams-Brunnen«, sagten die Leute.
    Und die meisten sagten, ja, es ist so, wie Moses sagte, Gott hat eine Ausnahme gemacht. Gott will, daß die Frau aus Kusch im Zelt des Moses ist. In diesem Fall, sagten die Leute, hat Gott eine Ausnahme gemacht und hat sich für die Liebe und gegen die Ehe entschieden.
    Und Aaron, der Pragmatiker, der das Volk besser kannte als alle, sagte: »Aber nur in diesem Fall! Nur in diesem einen Fall!«
    Und die Legende sagt,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher