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Geschichte machen: Roman (German Edition)

Geschichte machen: Roman (German Edition)

Titel: Geschichte machen: Roman (German Edition)
Autoren: Stephen Fry
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stehenlassen. Welch eine
süße
Idee, so William-Morris-mäßig, so utopisch, so idiotisch.
    Leser, du wirst
erstaunt
sein,
verblüfft
, ja
wie vom Donner gerührt
wirst du sein, wenn du erfährst, daß innerhalb einer Woche all die grünen Fahrräder verschwunden waren. Spurlos. Aber das Projekt hatte etwas so Süßes, Gutgläubiges,Hoffnungsvolles, Edles und Huärgh, daß die Stadt am Ende stolz war und sich nicht etwa schämte. Wir lachten uns ins Fäustchen. Und als der Stadtrat ein neues, verbessertes Projekt vorstellte, wälzten wir uns brüllend vor Lachen am Boden und flehten sie an, ein Ende zu machen.
    Das Blöde ist, daß man wegen der vielen Pflasterstraßen in Cambridge nicht Rollschuh laufen kann. Es gibt eine traurige kleine Inline Skating Society und eine Monoblades Society, die so tut, als wäre Midsummer Common der Central Park, aber das kauft euch doch keiner ab, Kids. Es müssen Fahrräder sein, und in der flachsten Landschaft Britanniens, wo schon ein Hundehaufen die Aufmerksamkeit der Mountaineering Society anzieht, sind Mountain Bikes auch nicht der Bringer.
    Die Stadtväter von Cambridge lieben das Wort »Park«. Da man nirgends in der Stadt parken kann, benutzen sie das Wort so oft wie möglich in anderen Zusammenhängen. Cambridge muß so ungefähr die erste Stadt mit Park-and-Ride-Bussen gewesen sein. Die Stadt rühmt sich eines Wissenschaftsparks, eines Wirtschaftsparks und natürlich der eben beklagten Fahrradparks. Es sollte mich nicht wundern, wenn wir zur Jahrhundertwende Sexparks, Internetparks und Einkaufparks haben, denen Parkparks mit Schaukeln und Rutschen den letzten Schliff geben.
    Es gibt viele Gründe, warum man in Cambridge nicht parken kann. Die Straßenbreite in dieser kleinen, mittelalterlichen Stadt wird von den Collegegebäuden vorgeschrieben, die sich wuchtig und unbeweglich wie Bergketten gegenüberstehen. In den Semesterferien platzt die Stadt vor Touristen, ausländischen Studenten und Tagungsteilnehmern aus allen Nähten. Darüber hinaus ist sie die Hauptstadt der Fens, das einzige ernstzunehmende Einkaufszentrum für Hunderttausende aus Cambridgeshire, Huntingdonshire, Hertfordshire, Suffolk und Norfolk, die armen Schweine. Im Mai hingegen, im Mai gehört Cambridge den Prüfungskandidaten,all den jungen Trendlümmeln mit ihren struppigen Ziegenbärten und gepflegten Koteletten. Die Colleges schließen ihre Tore, und ein einziges Wort erhebt sich über die Stadtmitte und schwillt an wie ein wassergefüllter Luftballon kurz vor dem Platzen.
    Büffeln.
    Cambridge im Mai ist ein Büffelpark. Die Flußufer und Rasen, Bibliotheken, Courts und Korridore erblühen mit bunten jungen Bregenknospen, die über Büchern aufbrechen sollen. Panik, echte Panik, von einer Sorte, die bis in die achtziger Jahre hinein völlig unbekannt war, überschwemmt die Studenten im dritten Jahr wie eine Sturmflut. Examina fallen plötzlich ins Gewicht. Abschlußnoten
zählen
.
    Außer man hat – wie ich – schon vor einer halben Ewigkeit sein Examen gemacht, ist dem Ruf des Strebers gerecht geworden, hat eine Eins bekommen, seine Doktorarbeit geschrieben und ist jetzt frei.
    Frei! schrie ich mir zu.
    Freeii! antworteten das Fahrrad im Freilauf und die vorbeiwischenden Gebäude.
    Junge, Junge, was habe ich mich an jenem Tage geliebt.
    Sogar das Brennen und Drücken der Blasen an den Füßen. Zum Kuckuck, warum hätte ich mir denn auch Sorgen machen sollen? Wie viele Menschen können sich denn schon im Brustton der Überzeugung als frei bezeichnen?
    Auch von Jane befreit. Weiß noch nicht genau, wie ich das finde. Schließlich muß ich fairerweise zugeben, daß sie meine erste echte Freundin war. Ich habe als Student nie zur Casanovafraktion gehört, weil ich – es läßt sich ja doch nicht verheimlichen – schüchtern bin. Es fällt mir schwer, den Leuten in die Augen zu sehen. Meine Mutter hat immer über mich gesagt (vor mir allerdings auch): »In Gesellschaft wird er leicht rot, wißt ihr.« Das hat natürlich unheimlich geholfen.
    Ich war erst siebzehn, als ich an die Uni kam, und als schnell errötendes Milchgesicht, das besonders auf Mädchennicht den geringsten Charme ausübte, bin ich nur alle Jubeljahre mal unter Leute gegangen. Schulkameraden traf ich sowieso nicht wieder, weil ich eine Staatsschule besucht habe, die vor mir noch niemanden nach Cambridge geschickt hat, und ich war scheiße in Sport, Journalismus, Schauspielen und allem anderen, was einen bekannt macht. War
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