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Gerade noch ein Patt

Gerade noch ein Patt

Titel: Gerade noch ein Patt
Autoren: Robert N. Charrette
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und er befand sich nicht wirklich im Cockpit, aber das war fast nicht zu erkennen.
    Russ hatte ihm erzählt, daß die Hersteller im letzten Jahrhundert echte Prototypen hatten bauen müssen, um ihre Konstruktionen zu testen. Andy konnte sich kaum vorstellen, daß man etwas baute, bevor man wußte, ob es auch funktionieren würde. Die tatsächliche Herstellung war wesentlich teurer als Computerzeit, so daß solch ein Wagnis ein ziemliches Investitionsrisiko darstellte. Selbst wenn die Konstruktion im wesentlichen gut war, konnte jeder unvorhergesehene Fehler einen teuren Umbau erforderlich machen, bevor die eigentliche Produktion begann. Heutzutage waren die Hersteller um einiges schlauer. Sie hatten gelernt, daß es Geldverschwendung war, etwas zu bauen, nur um zu sehen, ob es auch funktionierte.
    Dennoch hatte es einen gewissen Reiz, so zu verfahren. Es mußte schrecklich aufregend gewesen sein, sich in ein Fahrzeug zu setzen und dabei nicht zu wissen, ob es funktionieren würde, aber ganz genau zu wissen, daß man sein Leben darauf setzte. Die medizinischen Möglichkeiten waren in jenen Tagen ziemlich beschränkt gewesen. Man hatte sich nicht darauf verlassen können, daß einen die Ärzte schon wieder zusammenflicken würden, falls irgendwas schiefging und man Bruch baute.
    Andy brauchte sich keine Sorgen zu machen, daß er auf dem Track sterben würde. Wenn es ihn erwischte, würde ihm nichts weiter geschehen, jedenfalls nicht körperlich. Fehler hatten zwar ihren Preis, der sich in Computerzeit ausdrückte, da ermittelt werden mußte, ob der Unfall auf einen Fehler in der Fahrzeugkonstruktion oder auf einen Fehler des Fahrers zurückzuführen war, aber so oder so booteten die Techs einfach neu, und er konnte die nächste Runde drehen. Natürlich wurde ein Fehler in seiner Beurteilung vermerkt, und jeder derartige Vermerk verringerte seine Chancen, nach Beendigung seines Studiums diese Art von Arbeit auf Dauer leisten zu dürfen.
    Er strich mit der Hand über die glatte Oberfläche der Kontrollkonsolen des Montjoy. Die Oberfläche würde alle Tasten und Schalter ausfahren, die für die positive Berührungsinterface-Kontrolle benötigt wurden. Elegant. Seine Finger tasteten die verchromte Oberfläche des Dateneingangs ab. Schnittig. Der Montjoy war das am höchsten entwickelte Fahrzeug, das er je getestet hatte. Viel schwerer zu meistern als alle Panzer und Schwebepanzer, die er bei seinen Shadowrun-Simula-tionen fuhr. Andererseits war der Montjoy auch besser als sie.
    »Schläfst du da drinnen?« Russ' Stimme kam über die Cockpit-Lautsprecher.
    »Ich orientiere mich nur.«
    »Aha. Gut, Junge, vergiß nicht, wir spielen Fangen. Und du bist es.«
    Zeit, sich an die Arbeit zu machen. Andy winkelte das Handgelenk an und ließ den Datenzapfen hervortreten.
    In der wirklichen Welt waren die Ärzte noch nicht bereit, seine richtige Hand zu ersetzen und einen Datenzapfen zu installieren. Sie sagten, sie würden noch warten, bis sich das Tempo seines Knochenwachstums verlangsamt hätte. Aber es mußte jetzt bald soweit sein. Letzte Woche hatten sie bereits ein paar vorbereitende Arbeiten erledigt. Sein Arm hatte praktisch sofort wie verrückt zu jucken angefangen, und das tat er immer noch. Psychosomatisch bedingt, sagten sie ihm, als er sie besorgt wieder aufgesucht hatte. Nicht ungewöhnlich, die Reaktion, sagten sie, kein Grund zur Sorge. Er konnte die Nanobots, die die Schaltkreise unter seine Haut legten, tatsächlich nicht spüren. Niemand konnte das.
    In der Matrix spielte das keine Rolle. Andys Persona-Icon, das visuelle Bild, das ihn im Cyberspace repräsentierte, sah so aus, wie Andy ihm sagte, daß es aussehen sollte, und in dieser Hinsicht hatte er ihm gesagt, es solle so aussehen, wie er eines Tages tatsächlich sein würde. Hier hatte er das schärfste, coolste Interface überhaupt. Er steckte den Zapfen in die Buchse, und der Montjoy erwachte für ihn zum Leben. Seine Sensoren wurden Andys Augen, sein Motor sein Herz. Mensch als Maschine. Herrlich! Die Kraft war unglaublich. Also los, Straßensamurai!
    Er sah sich um. Der andere Montjoy war verschwunden. Keine Hitzespur, was eine Art Betrug war. Russ' Fahrzeug mußte vom Computer an irgendeine andere Stelle im Track teleportiert worden sein. Sie würden nicht nur Fangen, sondern auch Versteck spielen.
    »Je schneller man anfängt, desto schneller ist man fertig«, sagte Russ immer. Andy war seiner Meinung. Er jagte seine Turbinen auf den optimalen Wert
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