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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer
Autoren: Lord Sherry
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Onkel hin, Onkel her!»
    «Oh!»
stöhnte seine schwergeprüfte Mutter, sank auf den Diwan zurück und führte ihre
Hand an die Stirn. «Was, was, frage ich dich, mein Bruder, habe ich verbrochen,
um das zu verdienen?»
    «Still,
meine liebe Valeria. Bitte beruhige dich», sagte Mr. Paulett und ergriff ihre
andere Hand.
    «Kein
Wunder, daß die arme Isabella seine Hand ausschlug. Ich kann es ihr nicht
verdenken.»
    «Leider
kann man nur sagen, daß es auch für die Ländereien so am besten ist», sagte Mr.
Paulett, der ihre zarte schützende Hand als alter Stratege auch weiterhin
festhielt. «Ich sage es nur ungern, aber ich halte Sherry nicht für reif genug,
um die Kontrolle über sein Vermögen zu übernehmen. Es ist nur zu seinem eigenen
Vorteil, wenn es für ihn verwaltet wird.»
    «So, es ist
also zu meinem eigenen Vorteil?» warf der arme Sherry zornig ein. «Weil Sie
soviel davon verstehen! Wieso es meinem Vater aber je einfiel, Sie zum
Treuhänder zu bestellen, wird mir ein ewiges Rätsel bleiben. Ich habe nichts
gegen Onkel Prosper einzuwenden – wenigstens glaube ich, daß ich mit ihm schon
fertig würde, wenn Sie nicht wären, der mir ständig in die Suppe spuckt. Und
stellen Sie sich nicht als ob Sie mich bedauern würden und es Ihnen leid täte,
daß Bella mich nicht mag, ich weiß ja doch, daß das nicht wahr ist! Ist erst
einmal die verwünschte Verwaltung aufgehoben, dann fliegen Sie hinaus, das
wissen Sie ganz genau. Wenn es meiner Mutter Spaß macht, daß Sie bei ihr
schmarotzen, dann soll sie tun, was sie will, aber bei mir werden Sie nicht
länger herumschmarotzen, bei Jupiter, nein, das werden Sie nicht!»
    «Ach, mein
lieber Junge», sagte Mr. Paulett und lächelte noch immer, daß es einen verrückt
machen konnte, «es dauert aber noch zwei Jahre bis zur Aufhebung der
Verwaltung, und wir wollen hoffen, daß du bis dahin eingesehen hast, wie falsch
dein Lebenswandel ist.»
    «Außer,
wenn ich heirate!» erinnerte ihn der Viscount, und seine Augen schienen Funken
zu sprühen.
    «Sicher.
Aber schließlich, mein lieber Junge, heiratest du ja nicht», erklärte sein
Onkel.
    «So,
glauben Sie?» erwiderte Seine Lordschaft und schritt auf die Tür zu.
    «Anthony!»
rief Lady Sheringham. «Um Himmels willen, was willst du tun?» Sie befreite sich
von der Hand ihres Bruders und richtete sich auf. «Wohin gehst du? Antworte
mir, ich befehle es dir!»
    «Ich fahre
nach London zurück», antwortete der Viscount. «Und ich heirate das erste
Mädchen, dem ich begegne!»

2
    Wie nicht anders zu erwarten war, warf
der Partherpfeil des Viscount seine Mutter augenblicklich danieder. Alle
Anzeichen sprachen dafür, daß sie einem hysterischen Anfall erliegen würde, und
lediglich der Umstand belebte sie wieder, daß der Viscount nicht mehr anwesend
war, um durch den Anblick des schweren Anfalls seiner Mutter bestraft zu
werden. Ein wenig Hirschhorngeist mit Wasser vermischt, von Mr. Paulett
sorglich eingeflößt, einige Tropfen Lavendel auf ihr Taschentuch geträufelt,
und einige sanfte Schläge mit der flachen Hand ermöglichten es der
schwergeprüften Dame, ihre Augen wieder zu öffnen und ihren Turban
zurechtzurücken. Sie vertraute Mr. Paulett sofort ihre Überzeugung an, daß
Anthony, nur ihr zu Trotz, mit einem fürchterlich vulgären Geschöpf aus dem
Opernballett am Arm erscheinen werde, und gab gleichzeitig ihrer brennenden
Sehnsucht nach dem Frieden der Familiengruft beredten Ausdruck.
    Mr. Paulett
hatte nicht das Gefühl, daß große Gefahr bestünde, sein Neffe könnte in
nächster Zeit jemanden heiraten. Er erklärte sich bereit, Anthony aufzusuchen
und ihm vorzuhalten, daß sein unkindliches Betragen die taumelnden Schritte
seiner armen Mutter an den Rand des Grabes führten. Als er Mylady aber soweit
hergestellt sah, wie es ihr Gesundheitszustand erlaubte, und darauf hingewiesen
hatte, daß sich ein junger Mann, der in ein blendend schönes Mädchen verliebt
war, kaum in die Ehe mit einem andern Mädchen stürzen würde, befand sich der
Viscount bereits auf der Straße nach London.
    Er fuhr in
seinem Kabriolett, vor das ein feuriges Fuchspaar gespannt war; der Reitknecht
mit dem scharfgeschnittenen Gesicht war hinter ihm aufgesessen und sein
Portemanteau an seinem Platz festgeschnallt. Der Viscount zeigte das Gehaben
eines Menschen, der den Staub eines tief verabscheuten Ortes von den Schuhen
schüttelt, er fuhr in schärfstem Trab und äußerst rücksichtslos gegen die
anderen Wagen, denen er
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